"Der Euro ist vorläufig gerettet", titelt heute Het Nieuwsblad. "Die Griechen stimmen für den Euro", heißt es gleichlautend auf Seite eins von De Standaard und Het Belang Van Limburg. "Der Euro gewinnt in Griechenland", schreibt De Morgen.
In Griechenland haben am Sonntag zum zweiten Mal binnen weniger Wochen Parlamentswahlen stattgefunden. Und es war eine Schicksalswahl. Letztlich war es ein Referendum für oder gegen den Verbleib Griechenlands in der Eurozone.
"Grexit" abgewendet - "vorläufig"
Stärkste Kraft wurde Nea Dimokratia, die den Rettungsplan für Griechenland zumindest nicht grundsätzlich infrage stellt. Erst auf Platz zwei folgt die radikale Linke, die Partei Syriza, die das Sparprogramm aufkündigen wollte. Durch den Sieg der Neo Dimokratia scheint ein drohender "Grexit" abgewendet.
"Die Griechen beruhigen Europa", titelt denn auch La Libre Belgique. "Griechenland und Europa verhindern das Chaos", schreibt Le Soir; "doch es war knapp", fügt das Blatt hinzu.
"Vorläufig", das ist wohl heute das am meisten benutzte Wort in den Zeitungen. Denn: Griechenland ist gespalten, bemerkt etwa De Morgen. Schaut man sich das Wahlergebnis einmal genauer an, dann stellt man nämlich fest: Sechs von zehn Griechen haben für Parteien gestimmt, die sich gegen das Sparprogramm ausgesprochen haben. Vor diesem Hintergrund ist die Aussicht auf stabile Verhältnisse in Athen eher gering.
"Zeit erkauft"
Nun muss also Nea Dimokratia eine neue Regierung bilden, notiert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Scheitert auch dieser Anlauf, dann könnte eine dritte Auflage der Parlamentswahl nötig werden.
Man hat sich allenfalls Zeit erkauft, bemerkt Het Laatste Nieuws. Griechenland ist bei weitem noch nicht über den Berg. Nun liegt es an Europa, um sich Griechenland gegenüber genauso nachsichtig zu zeigen, wie bei den Spaniern. Es bedarf stabiler Verhältnisse in Athen; ansonsten beginnt schon bald wieder alles von vorne.
Die Griechen haben jetzt im Sinne der EU gewählt. Das allerdings nur mit der Pistole auf der Brust, notiert Het Nieuwsblad. Sie hatten nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera, und viel zu viele Griechen haben sich letztlich sogar für das anscheinend schlimmere Übel entschieden. Die pro-europäischen Kräfte, die zwar unterm Strich in der Minderheit sind, aber nun dennoch die Regierung bilden sollen, müssen jetzt unterstützt werden. Man muss den Griechen beweisen, dass sie die richtige Wahl getroffen haben.
Im Endeffekt hatten die Griechen nicht wirklich eine Wahl, meint De Standaard. Das ist es, was die Schuldenkrise mit Ländern und Völkern macht: Es gibt nur noch die Wahl zwischen Unterwerfung oder dem finanziellen Untergang. Griechenland hat keine Verhandlungsposition mehr. Das Land kann allein noch auf Gnade hoffen. Europa sollte jetzt die Zeit nutzen, um die Webfehler in der Währungsunion auszubessern. Die Krankheit ist nämlich längst außer Kontrolle geraten.
Einige Zeitungen sehen da Perspektiven. "Die griechische Wahl befeuert die deutsche Solidarität", so die Schlagzeile von Le Soir. So hat etwa der deutsche Außenminister Westerwelle Gesprächsbereitschaft signalisiert mit Blick auf eine mögliche Lockerung gewisser Sparauflagen.
Ohne ein gewisses Entgegenkommen geht es nicht, mahnt De Morgen. In Griechenland herrschte eine aufgeladene Stimmung. Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Ein Klima der Gewalt. Und es gibt sogar internationale Beobachter, die davor warnen, dass der Funke auf andere Länder überspringen könnte. Man fühlt sich an die Vorkriegsstimmung der 30er Jahre erinnert.
Die Wahrheit liegt auf dem Platz…
Einige Zeitungen können nicht umhin, eine Parallele mit der Entwicklung bei der Fußball-Europameisterschaft zu ziehen. Es ist schon paradox, meint L’Avenir, am Vorabend der Wahl in Griechenland hat die griechische Nationalmannschaft die Richtung vorgegeben. Griechenland qualifizierte sich für das Viertelfinale. Es ist, als hätten die Fußballer ihrer Heimat eine Botschaft ausgesandt, nach dem Motto: Schaut mal, was möglich ist, wenn man zusammensteht.
Die Griechen werden jetzt die Möglichkeit haben, ihre Rechnung mit den Deutschen zu begleichen, bemerkt Le Soir. Denn in der Tat: Griechenland trifft im Viertelfinale der Europameisterschaft ausgerechnet auf Deutschland.
…oder doch nicht?
La Libre Belgique spricht in diesem Zusammenhang von einer Ironie des Schicksals. Was sich neben dem Platz auf der politischen Bühne abspielt, ist allerdings weniger sympathisch. Hier geht es nicht um ein Fußballspiel, auch nicht um Konfrontation oder Kampf, sondern um die Rettung einer Währung, die von 17 Nationen geteilt wird. Die EU muss nicht nur den Griechen, sondern allen Europäern neue Perspektiven geben. Die nächsten zwei Wochen bis zum EU-Gipfel am 28. und 29. Juni sind entscheidend. Danach wissen wir, ob das europäische Projekt noch einen Sinn hat. Nicht mehr und nicht weniger.
"Oranje" ohne Punkt und ohne Ruhm
Zweites beherrschendes Thema auf den Titelseiten ist das Ausscheiden der Niederlande bei der Fußball-Europameisterschaft. Nahezu allgegenwärtig: die betretenden Gesichter der holländischen Stars, die sich mehr erhofft hatten, die sogar vom EM-Titel geträumt hatten.
"Over an Out", fasst es Het Nieuwsblad zusammen. "Ronaldo schießt Oranje ab", schreibt Gazet Van Antwerpen. Cristiano Ronaldo, der Starstürmer von Portugal, hat am Sonntag gleich die beiden Siegtreffer für Portugal erzielt. Portugal besiegte ja die Niederlande mit 2 zu 1.
"Holland hat damit 0 Punkte aus drei Spielen und muss nach der Vorrunde nachhause fahren", so die Schlagzeile von De Morgen.
Le Soir fasst zusammen: "Die Niederlande sind raus, ohne Punkt und ohne Ruhm."
Archivbild: Louisa Gouliamaki (afp)