"Belgien ist wieder gut angesehen in der Welt". Das schreibt Het Belang van Limburg auf seiner Titelseite und zitiert Premierminister Elio Di Rupo. Der zieht in vielen Zeitungen heute Bilanz. Vor genau sechs Monaten legte die Föderalregierung den Eid ab und beendete damit die längste politische Krise, die Belgien jemals gekannt hat.
"Noch nie hat eine Regierung in so kurzer Zeit so viel Arbeit geleistet", erklärt der sozialistische Premierminister in Het Laatste Nieuws. Le Soir fügt hinzu: "Die Arbeit von Di Rupo und seinem Team kann sich sehen lassen".
Die Koalition hat den Staatshaushalt saniert, Belgien damit aus dem Visier der Spekulanten an den Finanzmärkten genommen und wichtige institutionelle sowie soziale Reformen angestoßen. Innerhalb eines halben Jahres haben die Minister die dringenden Arbeiten nachgeholt, die ihren Vorgängern nicht gelungen waren.
"Titan-Arbeit geleistet"
In Gazet van Antwerpen gibt sich Premierminister Di Rupo besonders optimistisch. Für das laufende Jahr erwartet er ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent und das, obwohl die Experten der Notenbank nur mit der Hälfte rechnen. "Belgien geht es wieder besser und ich möchte, dass meine Landsleute wieder glücklicher werden", sagt der Premier.
Das Börsenblatt L'Echo hat ausgerechnet: Die Entspannung an den Märkten kommt den Staatsfinanzen zugute. Wegen der niedrigen Zinsen, die Belgien zurzeit zahlen muss, spart unser Land rund 400 Millionen Euro im Jahr. Noch im Herbst musste Belgien wegen der politischen Dauerkrise an den internationalen Märkten knapp sechs Prozent Zinsen zahlen. Jetzt kann sich die Föderalregierung für unter drei Prozent Geld beschaffen.
"Schluss mit der Miesmacherei!"
In Le Soir und La Dernière Heure geht der PS-Premierminister seinen Kritikern an den Kragen: "Schluss mit der Miesmacherei!", so ein wütender Di Rupo. Ohne Namen zu nennen, hat der Regierungschef dabei die Opposition im Visier, aber auch die Gewerkschaften. Die hätten oftmals die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge nicht vor Augen und würden nur Kritik üben. Etwa bei der Kürzung des Arbeitslosengeldes oder der Rentenreform. Um auf die gesellschaftlichen Veränderungen zu reagieren und dem Land eine Zukunft zu bieten, führt kein Weg an diesen Reformen vorbei, erklärt Di Rupo unter anderem in La Dernière Heure.
Het Belang van Limburg findet: Die Föderalregierung muss noch weiter gehen und darf erforderliche Strukturreformen nicht weiter vor sich herschieben. Denn das könnte uns eines Tages teuer zu stehen kommen. Di Rupo und Co. wären dafür mitverantwortlich. Gazet van Antwerpen meint: Die erste Bilanz nach sechs Monaten fällt eher positiv aus. Die Zeit für ein erstes Zeugnis ist aber noch nicht gekommen. Erst bei den nächsten Wahlen wird abgerechnet.
Nächste Herausforderung: N-VA
Le Soir fügt hinzu: Nach der Staatsreform steht jetzt die erste Herausforderung für die Koalition bevor. Sie wird sich unter Beweis stellen müssen - im Kampf gegen die oppositionelle N-VA von Bart De Wever, die zurzeit beflügelt ist von Rekordumfragewerten. Da reichen ein paar nette Zeitungsinterviews nicht aus, ist De Morgen überzeugt.
Vor allem die flämischen Koalitionsparteien CD&V, Open-Vld und SP.A haben Nachholbedarf. Sie sind ein großes Risiko eingegangen, indem sie einer Regierung beigetreten sind, die auf flämischer Seite keine parlamentarische Mehrheit hat. Obwohl Beke, De Croo und Tobback die Spaltung von Brüssel-Halle-Vilvoorde möglich gemacht haben und damit das erreicht, woran ihre Vorgänger gescheitert waren, die Chancen, dass sie dafür belohnt werden, sind eher klein. Das Gedächtnis der Wähler ist kurz. Die Parteien müssen ihre verlorengegangene Glaubwürdigkeit erst zurückgewinnen.
BHV: Erste Hürde genommen
Helfen könnte dabei, so glaubt L'Avenir, der erste Teil der Staatsreform, den das Parlament gerade unter die Lupe nimmt. Gestern ist der erste Text zur Spaltung des umstrittenen Wahlbezirks BHV verabschiedet worden, berichten unter anderem La Libre Belgique und De Standaard. Die erste Hürde ist genommen, jetzt bleiben noch sieben Wochen, um insgesamt 13 andere Gesetzesvorschläge zur Staatsreform in den Ausschüssen zu besprechen und in Kammer und Senat zu verabschieden.
USA drohen Belgien
De Morgen schreibt auf Seite eins: Zwischen Belgien und den USA droht ein diplomatischer Konflikt. Wenn Brüssel nicht alle geheimen Terrorismus-Informationen freigibt, über die die Staatssicherheitsdienste verfügen, droht Washington mit der Wiedereinführung der Visa-Pflicht. Belgische USA-Reisende bräuchten dann nicht mehr nur den Reisepass, sondern auch ein Visum, um in Amerika einzureisen. Die PS blockiert zurzeit die US-Vorgaben; den Sozialisten gehen die Forderungen der amerikanischen Behörden zu weit. Auch Frankreich, Deutschland und Österreich stecken in einem ähnlichen Konflikt mit den USA.
"Größere Portionen machen Belgier dick", schreibt das Blatt heute auch. Chips und zuckerhaltige Frischgetränke: Sie gibt es fast nur noch in der XXL-Packung. Ernährungsexperten von der Uniklinik Gent warnen: "Wir wissen kaum noch, wie eine normale Portion Essen aussieht. Unser Essverhalten müssen wir dringend ändern". In den USA wird bereits über ein Verbot der Riesenpackungen nachgedacht.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)