Die Inlandspresse weist in ihren heutigen Berichten und Kommentaren zwei deutliche Schwerpunkte auf. Zum einen der Streit in der flämischen Regierung über den Bau des Mega-Geschäftskomplexes Uplace in der Nähe von Brüssel, sowie zum anderen die jüngsten Unruhen zwischen Islamisten und Polizei in der Brüsseler Stadtgemeinde Molenbeek.
Kommen wir zunächst zu diesen Ausschreitungen, an deren Beginn am Donnerstagabend der folgende Vorfall stand: Eine Frau mit einem Gesichtsschleier verweigerte eine Identitätskontrolle der Polizei, wurde aufs Polizeikommissariat geführt und dort angeblich misshandelt.
Zugleich kam es vor dem Polizeikommissariat zu Protesten, zu denen nach Darstellung von Het Laatste Nieuws die islamistische Organisation Sharia4Belgium aufgerufen hatte.
Gestern Abend wiederholten sich die Ausschreitungen trotz eines vom Molenbeeker Bürgermeister Moureaux erlassenen Versammlungsverbotes. Mehrere Frauen demonstrierten in einem Ganzkörperschleier, einer sogenannten Nikab. Zwei von ihnen wurden festgenommen.
Le Soir rückt das Thema in den Blickpunkt seiner Titelseite unter der Balkenüberschrift: “Die politische Debatte über die Nikab ist erneut entflammt.“ Damit rückt vor den Gemeinderatswahlen die Diskussion über die Integration der bei uns lebenden Ausländer wieder in den Mittelpunkt. Diese Debatte, so fordert die Zeitung, sollte in Brüssel zwischen den progressiven und auf Konsens bedachten Vertretern der ausländischen Bevölkerung und den politisch Verantwortlichen geführt werden. Extremistische Organisationen vom Stil Sharia4Belgium haben dabei keinen Platz. Dass es mit der Integration endlich vorwärts geht, das ist die Politik nicht nur der belgischen Bevölkerung Brüssels schuldig, sondern auch den Ausländern und insbesondere den rund 50 Prozent unter ihnen, die arbeitslos sind und folglich nicht die geringste Zukunftsperspektive haben.
Extremisten suchen Konfrontation
La Dernière Heure geht ebenfalls ausführlich auf dieses Thema ein und unterstreicht die Bemühungen von Molenbeeks Bürgermeister Moureaux, der Sicherheit in seiner Gemeinde alle nur denkbare Aufmerksamkeit zu schenken. Die Islamisten von Sharia4Belgium hingegen versuchen seit Tagen die Stimmung anzuheizen, und sie sind es auch, die in erster Linie für die jüngsten Unruhen verantwortlich zeichnen. Jetzt gilt es, so der Bürgermeister der Gemeinde, dafür zu sorgen, dass diese auf Konfrontation ausgerichtete Gruppierung in Brüssel nicht die Oberhand gewinnt.
In diesem Sinne äußerst sich ebenfalls La Libre Belgique, die in ihrem Kommentar daran erinnert, dass der Ganzkörperschleier in Belgien seit Juli letzten Jahres gesetzlich verboten ist. Trotzdem gibt es gegen dieses Gesetz immer noch Verstöße, die die Polizei nicht dulden darf, auch wenn es sich nur um Ausnahmen handelt. Die Frauen, die damit auf die Straße gehen, tun dies nämlich nicht aus persönlicher Überzeugung, sondern nicht selten auf Drängen extremistischer Gruppen, denen an einem friedlichen Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung kaum etwas gelegen ist.
Sozialisten knicken bei Uplace ein
Einige flämische Zeitungen befassen sich mit dem Streit in der flämischen Regierung über den Bau eines Mega-Geschäftszentrums in der Nähe von Brüssel. Der Bau wurde trotz des Widerstands der Sozialisten genehmigt. Was erst nach einer Krise roch, konnte gestern wieder geglättet werden, doch haben die Sozialisten in dieser Affäre, so titelt De Standaard, politisch ihr Gesicht verloren.
Ministerpräsident Peeters hat die Sozialisten an die Leine gelegt, so die Darstellung auf der Titelseite von Het Nieuwsblad.
In ihrem Leitartikel schreibt dazu Gazet van Antwerpen: Durch diesen Zwischenfall hinterlässt die flämische Regierung das Bild einer Bande von Streithähnen, die zu vernünftigen Entscheidungen kaum in der Lage sind. Verbunden damit ist zwangsläufig ein Verlust an politischer Glaubwürdigkeit.
Het Belang van Limburg bezeichnet die Sozialisten als die großen Verlierer der Uplace-Affäre. Einmal mehr erwiesen sie sich als unzuverlässig und inkonsequent: Obwohl die Parteispitze nach wie vor gegen das Projekt wettert, haben sich ihre Minister in der flämischen Regierung dem Ministerpräsidenten und ihren Koalitionspartnern untergeordnet. Sie sollten wissen, dass eine Partei, die ihre Überzeugung aufgibt, nur um an der Macht zu bleiben, sich selbst degradiert.
Vanackere: “Gute Stimmung“ in der Föderalregierung
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf das Grenz-Echo, das Finanzminister Vanackere in einem ausführlichen Interview zu Wort kommen lässt. Die Stimmung in der Föderalregierung bezeichnet er als gut. Schlecht hingegen ist seines Erachtens die Art und Weise, wie manchmal über Entscheidungen kommuniziert wird. Zu den anstehenden Gemeinderatswahlen meint er, dass diese sich, entgegen einer weit verbreiteten Meinung, nicht auf die nationale Politik auswirken werden.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)