"Entsetzen nach Massaker in Syrien", titelt heute das Grenz-Echo. "Blutrausch in Syrien", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. "49 Kinder sterben in Syrien und niemand greift ein", empört sich Het Laatste Nieuws in Blockbuchstaben auf Seite 1. "Wie viel Blut noch?", fragt sich De Standaard auf seiner Titelseite.
In der syrischen Stadt Al-Hula sind am Freitag mindestens 110 Menschen ums Leben gekommen. Es waren Zivilisten. Mehr als die Hälfte davon waren Frauen und Kinder. "Horror in Syrien", schreibt denn auch La Libre Belgique.
Wie viele Srebrenicas noch?
Wie viele Srebrenicas braucht die Welt noch, meint Het Laatste Nieuws in einem wütenden Leitartikel. Wie oft muss die internationale Gemeinschaft sich noch aufs Beobachten, aufs Zuschauen beschränken? Die Untätigkeit der UNO angesichts der grenzenlosen Gewalt in Syrien ist nicht nachvollziehbar. Kleine Klammer: Was in Syrien passiert, ist tausend Mal schlimmer als das, was Israel selbst in den schlimmsten Momenten gegen die Palästinenser angerichtet hat. In diesem Fall hätte die internationale Gemeinschaft keine zwei Tage gezögert. Wir können nicht länger tatenlos zuschauen, meint Het Laatste Nieuws.
Die Syrier haben ganz offensichtlich nicht dasselbe Glück gehabt wie die Tunesier, Ägypter oder Libyer, stellt La Libre Belgique fest. Seit 14 Monaten demonstrieren sie für mehr Demokratie. Die tragische Bilanz: rund 13.000 Tote. Und jetzt das Massaker von Al-Hula… Als Reaktion bedarf es einer unabhängigen Untersuchung. Ansonsten ist es denkbar, dass die UNO einen Schritt weiter geht und ein Mandat erteilt, mit Gewalt einzugreifen.
Eingreifen in Syrien … Aber wie?
Es reicht, donnert auch Le Soir: Seit dem 12. April herrscht doch eigentlich eine Waffenruhe in Syrien. Seither wurden aber mindestens 1.900 Menschen getötet. Es wird langsam Zeit, dass sich die Welt die Frage stellt, wie man dem Töten Einhalt gebietet. Wenn man schon nicht selbst intervenieren will, dann sollte man die Rebellen in Syrien zumindest mit Waffen, Munitionen, Medikamenten und Geld versorgen. Die andere Alternative ist, einem ganzen Volk beim Sterben zuzusehen.
Eine militärische Intervention in Syrien ist nahezu unrealistisch, meint De Standaard. Einmal abgesehen davon, dass Syrien im UN-Sicherheitsrat mit China und Russland nach wie vor über wertvolle Verbündete verfügt, Syrien ist nicht Libyen. Libyen war international isoliert. Sogar die Arabische Liga drängte seinerzeit auf ein internationales Eingreifen. Syrien hingegen ist ein Schlüsselland und es gibt keine breite Grundlage für ein Eingreifen. Außerdem wären in Syrien wohl Bodentruppen nötig. Und da muss man ehrlich sein: Wer will schon sterben für ein demokratisches Syrien?
Al-Hula: ein Wendepunkt?
Und doch könnte das Massaker von Al-Hula zumindest ein Wendepunkt sein, glauben einige Leitartikler. Knapp anderthalb Jahre lang haben Russland und China ihre schützende Hand über Syrien gehalten, bemerkt Het Belang van Limburg. Anscheinend beginnt Russland jetzt aber, seine Geduld zu verlieren. Der UN-Sicherheitsrat hat ja das Massaker von Al-Hula einstimmig verurteilt.
Und das ist nicht nichts, notiert De Morgen. Zum ersten Mal und deutlicher als je zuvor haben die Russen die blutbeschmierten Hände des Assad-Regimes losgelassen. Vielleicht kann Moskau damit zu einem Regimewechsel in Damaskus beitragen.
Diplomatie ist derzeit wohl die einzige Alternative, meint Het Nieuwsblad. Alles liegt wohl in den Händen des UN-Sondergesandten Kofi Annan. Dem fehlt allerdings noch ein wirkliches Druckmittel. Annan wird heute erneut mit Vertretern des Assad-Regimes zusammentreffen, bemerkt Gazet van Antwerpen. Dabei schlägt wohl die Stunde der Wahrheit. Wobei: Nichts spricht dafür, dass Assad einlenken könnte.
"Zuckerbrot und Peitsche für Arbeitslose"
Le Soir hebt heute auf Seite Eins die föderale Arbeitsministerin Monica De Coninck hervor. De Coninck ist wegen ihrer Pläne zur Reform des Arbeitslosengelds in der Kritik. "Zuckerbrot und Peitsche für Arbeitslose", fasst Le Soir ihre Philosophie zusammen. Grundgedanke: Es muss sich lohnen, zu arbeiten. Der Unterschied zwischen dem Arbeitslosengeld und dem Mindestlohn muss größer werden. Und deshalb soll eine Regelung eingeführt werden, wonach das Arbeitslosengeld mit der Zeit abnimmt. In Le Soir üben einige Betroffene harsche Kritik an diesen Plänen. De Coninck hält aber an ihrem Vorhaben fest.
La Dernière Heure befasst sich heute ausgiebig mit der Jugendarbeitslosigkeit. Ernüchternde Feststellung: Tausende junge Brüsseler werden nie einen Job finden. In Belgien belief sich die Jugendarbeitslosigkeit 2011 auf knapp 19 Prozent. Viel schlimmer ist es in Spanien mit einer Jugendarbeitslosigkeit von knapp 50 Prozent.
Eurozone - Katastrophe herbeigeredet?
Apropos Spanien: "Spanien könnte Hilfe brauchen, um seine Banken zu retten", so die beängstigende Schlagzeile in L'Echo. Gestern sind an den Börsen die Anteile von einer der größten spanischen Banken abgestürzt. Und auch Griechenland sorgt weiter für Unruhe, bemerkt das Blatt in seinem Leitartikel. Niemand will es zugeben, aber jeder bereitet sich auf einen möglichen "Grexit" vor, das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Inzwischen besteht aber die Gefahr, dass man bei allem Reden über eine mögliche Katastrophe sie am Ende heraufbeschwört.
Noch zwei Themen finden sich fast überall wieder. Erstens: das tolle Wetter am Pfingstwochenende. "Sommerliches Wasservergnügen", übertitelt Gazet Van Antwerpen ein Foto von spielenden Kindern an der Küste. Und zweitens: der Wechsel des belgischen Fußball-Nationalspielers Eden Hazard von Lille nach Chelsea für 40 Millionen Euro. "Hazard wird 550.000 Euro verdienen", titelt etwa La Dernière Heure. 550.000 Euro pro Monat, wohlgemerkt...
Bild: Shaam News Network (afp)