"Der Schlachtplan von Elio Di Rupo", titelt heute Le Soir. "Die Vorschläge von Joëlle Milquet um die belgische Wirtschaft anzukurbeln", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Die Zeichen stehen auf Wachstumspakt. Die Föderalregierung will jetzt möglichst schnell Maßnahmen ergreifen um die Konjunktur zu beleben.
Wachstum, Wachstum, Wachstum
Premierminister Elio Di Rupo gab am Freitag sozusagen offiziell den Startschuss. Er legte eine Grundsatznote vor, die eine ganze Reihe von Vorschlägen enthält. Laut Le Soir will Di Rupo etwa die Wettbewerbsfähigkeit des Landes stärken, die Kaufkraft erhalten, kleine und mittlere Betriebe unterstützen oder den Arbeitsmarkt neu aufstellen. Über die Einzelheiten soll jetzt in Arbeitsgruppen beraten werden. Aber: erste Maßnahmen sollen schon im Juli in Kraft treten.
Für das sogenannte Planbüro gibt es allem voran eine Priorität, wie L’Avenir hervorhebt: Die Lohnkosten in Belgien müssen unbedingt gesenkt werden. In Di Rupos Grundsatznote wird demnach aber ausdrücklich betont, dass die Lohn-Indexbindung nicht in Frage stehe.
In La Libre Belgique präsentiert Vize-Premierministerin Joëlle Milquet ihre Leitlinien für ein Wachstumsprogramm. Im Mittelpunkt hier: der Arbeitsmarkt. Es müsse alles getan werden, um möglichst viele Leute in die Arbeitswelt zu bringen und dafür zu sorgen, dass sie auch im Arbeitsleben bleiben. Ein wichtiger Schlüssel sei in diesem Zusammenhang der Bereich Ausbildung. Wir brauchen eine Dreier-Partnerschaft, sagt Milquet: Die Unternehmen, die Schulen und die Arbeitsämter müssen ihre Anstrengungen bündeln.
Man sollte bei all dem aber nicht zu viel erwarten, warnt La Dernière Heure. Das Land steckt in einer schwierigen Lage, historisch schwierig: Und die Regierung verfügt nicht über einen Zauberstab. Konkret: Wenn man konjunkturbelebende Maßnahmen ergreifen will, die Geld kosten, dann muss dieses Geld anderswo gespart werden.
Belgien aus der Gefahrenzone heraus
So schlecht geht es Belgien aber nun auch wieder nicht, bemerken einige Blätter. Zumindest im internationalen Vergleich steht Belgien eigentlich ganz gut da, notiert etwa L‘Echo. "Belgien ist kein Risikoland mehr", so die Schlagzeile. Die Zinsen für belgische Staatsanleihen sind nämlich wieder unter die Marke von 3 Prozent gesunken. Nur zum Vergleich: der spanische Zinssatz liegt mehr als doppelt so hoch.
Für Le Soir kann es kaum eine bessere Neuigkeit geben. Belgien ist in den Kreis der Länder zurückgekehrt, die der Schuldenkrise die Stirn bieten können, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Für diese positive Entwicklung gibt es wohl mehrere Erklärungen. Naheliegend: Belgien hat seit einem halben Jahr wieder eine Regierung. Doch darf man sich wohl auch bei Yves Leterme bedanken. Der hatte ja Ende vergangenen Jahres an die Bürger appelliert, in belgische Staatsanleihen zu investieren. Das wurde bekanntlich zu einem phänomenalen Erfolg: Es kamen mehr als 5 Milliarden Euro zusammen.
Damit hat Belgien eine unmissverständliche Botschaft an die Finanzmärkte ausgesendet, nach dem Motto: Unsere Staatsschuld ist vielleicht hoch, aber wir können sie notfalls selbst bezahlen.
Belgien hat sich innerhalb von sechse Monaten aus dem Kreis der Wackelkandidaten verabschiedet, freut sich auch Het Laatste Nieuws. Und in der Tat: Ein Teil der Ehre gebührt Yves Leterme und seinem Staatsbon. Inzwischen geht Belgien sogar als Vorbild durch. Doch muss man aufpassen: Nicht den Tag vor dem Abend loben, es hängen immer noch düstere Wolken über Belgien, meint das Blatt. Man denke nur an Dexia.
Dexia wieder in Not
Stichwort Dexia. Wie De Morgen und Het Laatste Nieuws heute berichten, schrillen bei der Dexia wieder die Alarmglocken. "Dexia bittet um zusätzliche Staatsgarantien in Höhe von 10 Milliarden Euro", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Diese Anfrage richtet sich also an Frankreich, Luxemburg und Belgien, die gemeinsam für die Holding gerade stehen.
Die Hintergründe dieser neuerlichen Finanznöte beleuchtet De Morgen. Demnach haben die Zweifel über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone die Dexia an den Rand des Abgrunds gebracht. Seit einigen Tagen herrscht nämlich wieder Unruhe an den Finanzmärkten, was insbesondere für derart wacklige Gebilde wie Dexia gleich spürbare Folgen hat.
In Het Laatste Nieuws stellt Finanzminister Steven Vanackere aber Bedingungen für eine neue Geldspritze: Bei der Gelegenheit müsse zunächst die Lastenverteilung zwischen Belgien und Frankreich neu verhandelt werden.
Deckelung der Managerbezüge: "absurd"
Einige Zeitungen befassen sich auch heute mit dem Vorschlag von Föderalminister Paul Magnette; der will ja die Bezüge der Geschäftsführer von Öffentlichen Unternehmen deckeln. Die sollten demnach künftig nicht mehr als 290.000 Euro brutto pro Jahr verdienen dürfen. Gazet Van Antwerpen spricht von einer "Rückkehr der Vernunft". Het Belang Van Limburg ist da nicht ganz so enthusiastisch: Wenn Verantwortliche von Betrieben wie Belgacom oder bpost zu wenig verdienen, dann meldet sich nur noch die zweite Garnitur, befürchtet das Blatt.
Genau solche Einwände gab es offensichtlich heute auch von einigen Koalitionspartnern. "Die Reaktionen reichen von ‘unlogisch‘ bis ‘absurd‘ ", notiert etwa Het Laatste Nieuws. So würde etwa nach dem derzeitigen Stand der Dinge das Kaderpersonal mehr verdienen als der Chef. Jedenfalls wird sich jetzt zunächst eine Arbeitsgruppe mit dem Thema beschäftigen.
Wie unter anderem De Standaard berichtet soll dabei auch berücksichtigt werden, in welchen Kontext sich das jeweilige Unternehmen einbettet. Sprich: Wie die Situation bei der privaten Konkurrenz aussieht. Im Fall Belgacom wäre es etwa so, dass der Geschäftsführer des Konkurrenten Voo fast doppelt so viel verdienen würde wie der Belgacom-Chef nach dem Magnette-Vorschlag. Es riecht also nach Ausnahmeregelungen, zumindest für Belgacom oder bpost, orakelt Het Nieuwsblad.
Volkes Stimme und Holzhammerargumente
Das Börsenblatt L’Echo lässt angesichts all dieser Bedenken denn auch kein gutes Haar an dem Magnette-Vorschlag. Die Politik lässt sich offensichtlich immer häufiger von Volkes Stimme beeinflussen. Eben dieses Volk hat aber offensichtlich kein Problem damit, dass Tennisspieler oder Fußballstars Unsummen verdienen. Und dabei werden außerdem die perversen Nebeneffekte ausgeblendet. Setzt sich Magnette mit seinen Gehalts-Obergrenzen durch, dann wäre die Folge, dass kompetente Führungspersönlichkeiten den öffentlichen Betrieben den Rücken kehren. Statt die Gehälter von Managern zu senken, müsste man eigentlich die Bezüge von Politikern anheben, eben, um auch diese verantwortungsvollen Positionen attraktiv zu machen.
La Libre Belgique ist da ganz anderer Meinung. Die Kassandra-Rufe, wonach hoffnungsvolle Talente allein wegen des Geldes die öffentlichen Betriebe verlassen würden, das ist ein Holzhammerargument. Müssen wir uns denn immer der Macht des Geldes beugen? Oder anders gefragt: Sind astronomische Gehälter eine Garantie dafür, dass ein Unternehmen professionell und erfolgreich geführt wird? Gerade in Belgien wurde da in letzter Zeit oft der Beweis für das Gegenteil erbracht. Die Absicht, die Managerbezüge zu deckeln, ist gerade in diesen Krisenzeiten absolut richtig. Ja, es gibt sie noch, jene Chefs, die Qualitäten haben, für die Geld aber nicht alles ist.
Typisch belgisch?
De Morgen schließlich mit einer - man möchte sagen - "typisch belgischen" Geschichte auf. Demnach ist für Autofahrer, die über ein neues Kennzeichen verfügen, die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie bei Übertretungen straffrei bleiben. Der Grund: Die Nummernschilder von 78.000 Autos sind aufgrund eines Datenbank-Fehlers derzeit "unbekannt", stehen quasi nicht in der Liste. Resultat: die Polizei weiß in diesen Fällen nicht, wer denn da zu schnell gefahren ist...
Archivbild: Bruno Fahy (belga)