Viele Leitartikler beschäftigen sich heute auch mit dem Steuerdruck in Belgien, der nach neusten Erhebungen einen neuen Rekordstand erreicht. Fast allgegenwärtig auf den Titelseiten ist derweil der Dalai Lama, der gestern in Huy zu Besuch war.
“Magnette säbelt in Manager-Gehälter“, titelt heute Le Soir. “Mit der Sense in Top-Manager-Löhne“, schreibt De Standaard auf Seite eins. “Keine Millionen mehr für Bellens und Co.“, so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Der föderale Minister für Staatsbetriebe, Paul Magnette, will die Bezüge der Geschäftsführer von öffentlichen Betrieben deckeln. Hier geht es also um die Chefs von Unternehmen wie Belgacom, bpost, Belfius oder der SNCB. “Die Bezüge der künftigen Chefs von öffentlichen Betrieben werden auf 290.000 Euro pro Jahr begrenzt“, titelt denn auch L'Echo.
De Morgen dröselt das aus seiner Titelseite anders auf: Das Jahresgehalt von Top-Managern in Staatsbetrieben wird auf 200.000 Euro brutto begrenzt. Ein Bonus darf nicht höher als 30 Prozent sein. Jahresgehalt und sonstige Vergünstigungen dürfen eine Gesamtsumme von 290.000 Euro brutto nicht überschreiten. Eine Abschiedsprämie darf sich höchstens auf ein Jahresgehalt belaufen.
Keine Millionen für Bellens und Co.
Bislang handelt es sich hier aber um nicht mehr als einen Vorschlag. Die Regierungsspitze wird heute über das Thema beraten. Und man darf gespannt sein, wie die Koalitionspartner reagieren, sind sich viele Blätter einig. Laut La Libre Belgique haben die Liberalen den Magnette-Vorschlag bereits als “unrealistisch“ gebrandmarkt.
Die meisten Leitartikler können der Idee dennoch etwas abgewinnen. So mancher dürfte den Vorschlag, die Manager-Gehälter zu deckeln, als “populistisch“ abtun. Doch sind immer mehr Politiker und Ökonomen inzwischen der Überzeugung, dass die Schere zwischen den Bezügen des kleinen Mannes und der Chefetage nicht zu groß sein darf, bemerkt etwa Le Soir. Über die Einzelheiten des Magnette-Vorschlags mag man diskutieren können. Grundsätzlich ist die Idee aber richtig. Allerdings hängt auch viel davon ab, ob andere EU-Staaten auf diesen Zug aufspringen. Belgien ist schließlich keine Insel.
Zwischen nötig und lächerlich - ein schmaler Grad
Wo liegt der Unterschied zwischen astronomisch und mickrig, fragt sich derweil De Standaard. In den letzten Jahren sind die Gehälter von Spitzenkräften auch bei öffentlichen Betrieben erwiesenermaßen ausgeufert. Man muss Magnette zugutehalten, dass er sich in dieser Sache aus dem Fenster lehnt. Über den Inhalt seines Vorschlags kann man aber diskutieren. Werden etwa die mit einer Spitzenposition verbundenen Bezüge als zu gering betrachtet, dann besteht die Gefahr, dass die Anwärter auf den Posten nur zweite Wahl sind. Es bleibt also die Frage: Was ist angemessen?
De Morgen schlägt in dieselbe Kerbe. Die Regierung Di Rupo muss ein Gleichgewicht finden zwischen wettbewerbsfähig und lächerlich. Dabei fällt auf: Mit Paul Magnette, der eine wirklich radikale Beschneidung der Manager-Gehälter vorschlägt, geht die PS in die Offensive. Das mag Ausdruck der innerparteilichen Krise bei der Parti Socialiste sein. Die PS will sich offenbar profilieren, nachdem man feststellen musste, dass die PS als die Partei, die den Premier stellt, in letzter Zeit zunehmend an Sichtbarkeit eingebüßt hat.
In der Tat scheint es innerhalb der frankophonen Sozialisten eine Malaise zu geben, wie auch L’Avenir und La Libre Belgique berichten. Gestern gab es offenbar eine Krisensitzung in der Brüsseler Parteizentrale. Innerhalb der Partei wächst die Kritik an der Führungsspitze. Eben weil Di Rupo als Premier eher konsensorientiert agieren muss und dabei die PS weniger sichtbare Akzente setzen kann. “Gebt uns etwas Zeit“, beschwor die Führungsriege demnach die Parteisoldaten. “Wir arbeiten noch an der Rollenverteilung.“
Steuerdruck auf Rekordniveau ...
Zweites großes Thema ist der Steuerdruck in Belgien, der nach einer Studie des sogenannten Planbüros wieder steigt. Demnach wird jetzt mit 45 Prozent ein neuer Rekordstand erreicht. Konkret: Von 100 Euro, die in diesem Land kursieren, etwa in Form von Gehältern oder Umsätzen, gehen 45 Euro direkt an den Staat. Und jetzt will die Regierung offenbar sogar ein Tabu brechen, wie Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite berichtet. “Regierung erhebt Sondersteuer auf Sparbücher“, so die Schlagzeile. Diese Steuer müssten demnach die Banken zahlen.
Es reicht jetzt, poltert dazu Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. So kann es nicht mehr weitergehen. Belgien gehört zu den Ländern weltweit mit den höchsten Steuern. Der fiskale Druck droht das Land zu ersticken. Da hilft nur eins: sparen, statt neue Steuern zu erheben.
Man muss allerdings zugeben: Die Regierung hatte nicht wirklich die Wahl, räumt Het Laatste Nieuws ein. Belgien musste seinen Haushalt sanieren, und das mit dem Messer an der Kehle. Aber dennoch: Das bedeutet nicht, dass die Regierung keinen Handlungsspielraum hat. In kaum einem Land ist die Steuererklärung so kompliziert wie in Belgien. Man könnte also schon mal damit anfangen, die Steuergesetzgebung zu vereinfachen.
... aber geht es dem Belgier dafür schlecht?
In jedem Fall sieht’s erst mal düster aus, bemerkt Het Nieuwsblad. Der föderale Finanzminister Steven Vanackere gibt sogar offen zu, dass die Regierung die Steuerschraube bis auf weiteres nicht lockern kann. Im schlimmsten Fall dauert das noch zehn Jahre, bis die belgische Staatsschuld auf ein akzeptables Niveau gesunken ist. Aber seien wir mal ehrlich: Schlecht lebt man dafür in Belgien nicht. Wir bekommen schließlich auch Einiges von unseren Steuern zurück, man denke nur an die Soziale Sicherheit.
L'Echo kommt zu einem ähnlichen Fazit. Das Blatt gibt sich die Mühe, sämtliche Studien und Ranglisten, die in den letzten Tagen veröffentlicht worden sind, zu einem Bild zusammenzufügen. Und das sieht, grob zusammengefasst, so aus: Dreiviertel der Bürger sind mehr oder weniger zufrieden. Belgien ist Arbeitslosen gegenüber am großzügigsten. Demgegenüber ist Belgien auf Platz drei der EU-Länder mit der höchsten Steuerlast. Ergo: In Belgien lässt es sich gut leben, aber der Preis dafür ist hoch.
Auf vielen Titelseiten prangt heute auch das Foto des Dalai Lama, der gestern einen buddhistischen Tempel in Huy besucht hat. La Libre Belgique hatte die Gelegenheit zu einem Exklusiv-Interview. Darin zeigt sich der Dalai Lama überzeugt, dass er eines Tages nach Tibet zurückkehren kann.
Archivbild: belga