Außenminister Didier Reynders sorgt in den französischsprachigen Zeitungen für Schlagzeilen. "Reynders vergreift sich im Ton", titelt La Dernière Heure. Bei La Libre Belgique heißt es auf Seite 1: "Einwanderung: Reynders sorgt für Unmut". Le Soir und L'Avenir titeln gleichlautend: "Reynders entgleist".
Was ist passiert? Zunächst hat der MR-Politiker gestern Morgen im RTBF-Radio die wallonischen Straßen mit denen in Afghanistan verglichen.
Am Nachmittag ist er im Senat ans Rednerpult getreten und der PS-Vizepräsident Philippe Moureaux hat ihm zugerufen: "Ah, da kommt der Afghane!", in Anlehnung an den Kommentar von Reynders im Radio und den Blitzbesuch des Außenministers am Hindukusch.
"Molenbeek ist im Ausland"
Didier Reynders hat daraufhin zynisch geantwortet: "Ich hätte auch nach Molenbeek fahren können, das ist näher und auch im Ausland". Molenbeek ist eine Brüsseler Stadtgemeinde mit hohem Ausländeranteil und dazu noch die Gemeinde von Philippe Moureaux. Der PS-Spitzenpolitiker ist dort Bürgermeister. Reynders hat sich sofort für seinen verbalen Ausrutscher entschuldigt. Le Soir findet sein Verhalten trotzdem völlig daneben. Solche Aussagen tragen dazu bei, den Rassismus alltagstauglich zu machen.
Auch La Libre Belgique kritisiert den MR-Politiker scharf: Natürlich läuft in Molenbeek nicht alles rund, aber deswegen sind solche verbalen Entgleisungen noch lange nicht erlaubt. Der Außenminister, unser höchster Diplomat, sollte sich besser im Griff haben. Ansonsten, findet das Blatt, sollte Reynders das Ressort oder sogar den Job wechseln.
Atomausstieg oder nicht?
Alle flämischen Zeitungen berichten ausführlich über die drohenden Engpässe bei der Stromversorgung. Laut einem Expertenbericht sind Strompannen in Belgien ab 2014 nicht ausgeschlossen. Grund ist die Schließung von unrentablen und umweltschädlichen Gas- und Steinkohlekraftwerken.
Wie De Standaard bemerkt, steht jetzt die Frage nach dem Atomausstieg wieder im Mittelpunkt. 2003 hatte die Regierung beschlossen, die ältesten Reaktoren ab 2015 vom Netz zu nehmen. Das scheint jetzt angesichts der drohenden Strompannen wieder fraglich. Fast zehn Jahre hatte die Regierung Zeit, um nach Alternativen zu suchen und die Energiesicherheit auch ohne die ältesten Atommeiler zu gewährleisten. Heute müssen wir jedoch feststellen, dass so gut wie nichts passiert ist.
De Morgen meint: Deutschland und die Niederlande gehen einen anderen Weg. In unseren Nachbarländern wurde massiv in neue Energiequellen investiert. Hierzulande ist wohl niemand so verrückt, Geld in erneuerbare Energiegewinnungsformen zu stecken, wenn noch nicht einmal klar ist, ob und wann die Atommeiler vom Netz genommen werden. Weil die Kernkraftwerke von Electrabel längst abgeschrieben sind, kann der Konzern weiter billig Strom produzieren, die Konkurrenten bleiben chancenlos.
Gazet van Antwerpen fügt ernüchternd hinzu: In einer idealen Welt versorgen wir uns ausschließlich mit sicherem, sauberem und günstigem Strom. Doch wir leben in Belgien - einem Land, in dem die Regierung nicht weiß, was sie will und ständig ihre Meinung ändert. Im Sommer will die Koalition eine endgültige Entscheidung treffen. Wetten, sie fällt so aus, schreibt das Blatt: Die drei ältesten Atommeiler werden heruntergefahren und danach importieren wir teuren Strom aus dem Ausland ... natürlich aus einem Atomkraftwerk.
Vorerst kein Belgier an der Spitze von Dexia
De Standaard befasst sich mit den Nachwehen der Dexia-Generalversammlung. Nach der belgischen Enthaltung und dem flämischen Nein bei der Entlastung der Manager und Aufsichtsräte der maroden Holding reagiert Frankreich pikiert. Die Ernennung eines Belgiers an der Spitze der Dexia-Restbank wurde erstmal auf die lange Bank geschoben.
Het Laatste Nieuws erklärt: Dieses Debakel haben wir der flämischen Regierung zu verdanken. Das ist das Problem, wenn die Nationalisten der N-VA in Flandern mitregieren und auf föderaler Ebene die Oppositionsbank drücken.
Die Zeitung berichtet außerdem über eine regelrechte Einbruchswelle im Land: plus 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wegen des hohen Goldpreises haben die Diebe es vor allem auf Juwelen und Schmuck abgesehen. Aber auch Geld, Computer und Unterhaltungselektronik stehen hoch im Kurs. Besonders betroffen von der Einbruchsplage sind derzeit ländliche Gebiete.
Königin: "Uups ... Das ist mein Handy"
Het Nieuwsblad berichtet auf Seite 1 über einen unangenehmen Auftritt von Königin Paola. Bei einem offiziellen Besuch einer Palliativeinrichtung in Brügge ertönte gestern plötzlich das Zirpen einer Grille. Die Königin lief hochrot an und griff blitzschnell in ihre Handtasche. Bei dem Zirpen handelte es sich um den Klingelton ihres Mobiltelefons. Übrigens: Laut der Zeitung kann es nicht König Albert gewesen sein, der Paola angerufen hat. Der befand sich zu diesem Zeitpunkt nämlich in Brüssel bei einem offiziellen Besuch von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy.
Archivbild: Bruno Fahy (belga)