Di Rupo kann die Holocaust-Warnung in Gesetze kleiden
L’Avenir und De Morgen widmen ihre Titelseite dem gestrigen Besuch von rund 1.000 belgischen Jugendlichen im Konzentrationslager Ausschwitz. Zu ihnen gesellte sich auch Premierminister Di Rupo, der diese Gelegenheit nutze, um vor der Gefahr extremistischer Tendenzen in Europa zu warnen.
Kommentierend heißt es dazu in De Morgen: So langsam verschwinden die letzten Überlebenden des Holocausts, doch die Gaskammern, die Verbrennungsöfen, Kinderschuhe und unzählige Koffer bleiben als stumme Zeugen einer Vergangenheit, über die die Besucher erschüttert sind. Sie werden ihr Zeugnis in der Familie und im Bekanntenkreis weitergeben. Das ist notwendiger denn je, denn die nazistische Ideologie ist nicht tot. Erst letzten Sonntag wurden bekennende Neo-Nazis ins griechische Parlament gewählt. Das ist kein Zufall, denn Griechenland ist mit dem Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg zu vergleichen. Heute wie damals: Armut, Aussichtslosigkeit, moralischer Verfall und eine nicht einzudämmende Wut. Was daraus früher entstand, ist heute erneut möglich. Es gibt nur ein Mittel, dies zu verhindern, nämlich die Waffe der bleibenden Erinnerung.
Het Nieuwsblad notiert zum gleichen Thema: Premierminister Di Rupo gesellte sich zu den Jugendlichen und sollte die ihm gegebene Möglichkeit nutzen, dem Holocaust durch eine angepasste Gesetzgebung den Kampf anzusagen. Er sollte schleunigst etwas unternehmen, damit die Strafen für Verbrechen, die aufgrund des Andersseins der Opfer begangen werden, deutlich verschärft werden. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um die gestern ausgesprochene Warnung vor dem Hass des Mitmenschen wegen seiner Hautfarbe, seines Glaubens oder seiner sexuellen Neigung in eine konkrete Aktion umzusetzen.
Bilanz von zehn Jahren Euthanasie
Le Soir geht auf die Euthanasie in Belgien ein, die inzwischen seit 10 Jahren gesetzlich zugelassen ist und die immer häufiger praktiziert wird. So entschieden sich letztes Jahr gut 1.100 Landsleute für die aktive Sterbehilfe. Das waren deren 180 mehr als ein Jahr zuvor. Jetzt wird in Erwägung gezogen, die Euthanasie, die übrigens in Flandern viel weiter verbreitet ist als im Rest des Landes, auch auf die Minderjährigen auszudehnen. Wie es im Kommentar der Zeitung heißt, wäre es auf jeden Fall zu begrüßen, wenn von Demenz befallene Menschen, die selbst nicht mehr in der Lage sind, für sich zu sprechen, ebenso wie Minderjährige in den Genuss dieses Gesetzes kommen könnten. Die Zeitung räumt ein, dass die praktische Umsetzung dieses Prinzips eine sehr heikle Angelegenheit sein kann, doch gibt es keinen Grund, diese Menschen von der aktiven Sterbehilfe länger auszuschließen.
Kriminalität greift weiter um sich
Mehrere Zeitungen beschäftigen sich in der einen oder anderen Form mit der Kriminalität.
So weiß La Dernière Heure zu berichten, dass die Ladendiebstähle weltweit täglich mit rund 2 Millionen Euro zu Buche schlagen. Was wird gestohlen? Am häufigsten Luxusartikel, gefolgt von elektronischen Geräten, Kleidung und Schmuck. Nahrungsmittel kommen erst an sechster Stelle.
Gazet van Antwerpen macht auf mit einer traurigen Feststellung der Föderalen Polizei. Demnach sind sage und schreibe 80 Prozent der Urheber von bewaffneten Überfällen in Belgien Wiederholungstäter.
De Standaard nimmt den Brüsseler Justizpalast unter die Lupe, und zwar vor dem Hintergrund des Versprechens von Justizministerin Turtelboom, umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Wie die Zeitung berichtet, ist drei Monate nach dieser Zusage noch immer nichts geschehen. Der Brüsseler Justizpalast ist nach wie vor ein Taubenschlag. Kein Problem bis ins Büro eines Richters oder anderen Magistraten vorzudringen. Mehr und mehr hat man den Eindruck, dass es bei Vorschlägen, Projekten und Arbeitsgruppen bleiben wird, sozusagen nach dem Motto: "Außer Spesen nichts gewesen".
Rififi bei Dexia
Dann noch ein Blick auf die heutige Generalversammlung der Dexia-Aktionäre in Brüssel. Diesbezüglich heben L’Echo und La Libre Belgique ein handfestes Problem hervor: Die belgische Regierung hat beschlossen, Pierre Mariani, den Mann an der Spitze, zu ersetzen, doch der ist offenbar nicht bereit, zu gehen. Außerdem dürfte die Entlastung des bisherigen Aufsichtsrates, der die Probleme der Bank weitgehend verschuldet hat, nicht ohne weiteres über die Bühne gehen.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)