Die Stichwahl um das französische Präsidentenamt bestimmt heute die Titelseiten der Tagespresse. Die Zeitungen befassen sich damit, was diese Wahl für Europa zu bedeuten hat. Außerdem schwelgt der RSC Anderlecht im Siegesfieber, nachdem der Fußballverein gestern wieder Landesmeister geworden ist.
“François Hollande ist Präsident“, schreibt Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite und zeigt den französischen Sozialisten in Siegerpose. 52 Prozent der Franzosen haben für ihn gestimmt und damit für einen Machtwechsel, stellt L’Avenir auf Seite eins fest.
Der Glamour-Präsident ist abgewählt, meint Gazet van Antwerpen: Sarkozy geht, Hollande zieht in den Elysée-Palast ein. “Ein Neubeginn für Europa“, hält De Morgen auf seiner Titelseite fest. Le Soir ist zurückhaltender: “Hollande ist Präsident, aber das Spiel ist noch lange nicht gewonnen.“
Frankreich ist in zwei Lager geteilt, es ist unklar, was der neue Präsident in Europa bewegen kann, ob die Sozialisten auch die Parlamentswahl in einem Monat für sich entscheiden können und wie die Finanzmärkte auf Hollande reagieren werden. “Der neue Präsident hat jetzt fünf Jahre Zeit, um zu überzeugen“, titelt La Libre Belgique.
Dass die Franzosen den sozialistischen Kandidaten mehrheitlich gewählt haben, ist logisch, so De Morgen. Hollande ist alles, was Sarkozy nicht ist. In Krisenzeiten und Zeiten astronomischer Bonuszahlungen ist es verständlich, dass die französischen Wähler für Hollande gestimmt haben. Er verspricht mehr Solidarität, Ehrlichkeit und Einfachheit.
Au Revoir, Monsieur Bling-Bling
Het Belang van Limburg ist überzeugt: Es war vor allem eine Anti-Sarkozy-Wahl. Die Wut der Franzosen auf den omnipräsenten “Monsieur Bling-Bling“ war groß. Zum Teil hat sich der abgewählte Präsident die Niederlage selbst zuzuschreiben. Die Finanzkrise kann er nicht für alles verantwortlich machen und so erklärte er gestern Abend vor seinen Anhängern: „Diese Niederlage habe ich zu verantworten.“
Nach 17 Jahren hat Frankreich für den Wechsel gestimmt und legt seine Zukunft in die Hände eines Sozialisten. La Libre Belgique ist sich sicher: Das wird keine leichte Aufgabe für François Hollande. Er wird Frankreich reformieren müssen, und die Spielräume dafür sind extrem eng.
Le Soir fügt hinzu: Eine Schonfrist wird es ebenfalls nicht geben. Die Rechtsradikalen und Populisten in Frankreich werden Hollande das Leben schwer machen. Außerdem könnten auch die Finanzmärkte für zusätzliche Schwierigkeiten sorgen. Jede Handlung, jede Entscheidung des neuen sozialistischen Staatschefs, die sich gegen die strenge Sparpolitik richtet, könnte an den Börsen sofort abgestraft werden.
Keine Schonfrist für Hollande
Der neue französische Präsident hat einen Kurswechsel in Europa gefordert, und eine Neuausrichtung hin zu mehr Wachstum. Ganz allein wird er die EU allerdings nicht reformieren können, gibt Het Laatste Nieuws zu bedenken. Sein Wahlprogramm wird er auf keinen Fall Eins zu Eins umsetzen können. Für eine Vertragsänderung braucht er viele Partner. Trotzdem: Die Wahl Hollandes könnte für ein Umdenken in Europa sorgen.
"Welche Veränderungen können wir erwarten?", fragt De Standaard unterdessen. Jedenfalls keine Revolution, ist das Blatt überzeugt. Am Fiskalpakt mit der strengen Haushaltsdisziplin führt kein Weg vorbei.
Nach dem Sieg Hollandes gehörte Premierminister Elio Di Rupo gestern Abend zu den ersten Gratulanten und ist sofort zur PS-Feier nach Paris gereist. Di Rupo ist jetzt kein Einzelgänger mehr. Die Riege der sozialistischen Regierungschefs hat sich erweitert. De Morgen meint: Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin wird der französische Präsident einen historischen Pakt mit der deutschen Bundeskanzlerin schließen müssen.
Neues, altes Problem Griechenland
Denn Europa hat bereits ein neues, altes Problem: Griechenland ist nach der gestrigen Wahl so gut wie unregierbar geworden. Die griechischen Wähler haben die Regierungsparteien massiv abgestraft - Athen droht jetzt erneut im Chaos zu versinken. De Standaard hält fest: Griechenland hängt erneut wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen. Die Verantwortlichen der EU sind zu lange davon ausgegangen, dass der strenge Sparkurs das Allheilmittel ist.
Het Nieuwsblad fügt hinzu: Griechenland zeigt Europa den Mittelfinger, die Franzosen wählen einen Präsidenten, der statt sparen investieren will, die nächsten Wochen und Monate drohen erneut turbulent zu werden. Unter anderem für EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.
Anderlecht macht den Titel perfekt
Neben der Wahl in Frankreich geht die sportliche Meldung des Tages heute fast unter. Der RSC Anderlecht ist gestern zum 31. Mal Fußball-Landesmeister geworden. Nur Gazet van Antwerpen beleuchtet das Thema großflächig auf seiner Titelseite. "Meister in letzter Sekunde" lautet die Schlagzeile. Die Fans haben einen Elfmeter in der 93. Minute abwarten müssen, bevor Anderlecht den Ausgleich gegen den FC Brügge schaffte und sich damit den nötigen Punkt sicherte, um den Titel perfekt zu machen.
Bild: Thomas Coex (afp)