Diese Wahl prägt vor allen Dingen auch die Titelseiten, insbesondere von La Libre Belgique, Le Soir und L'Avenir. Allgemein sprechen die Zeitungen von einem spannenden Wahlkampf, aus dem aller Voraussicht nach François Hollande als Sieger hervorgehen wird, denn in sämtlichen Prognosen hat er die Nase vorn.
Le Soir kommentiert: Diese Wahl geht nicht nur die Franzosen etwas an, betroffen ist ganz Europa. Frankreich ist nämlich ein Eckstein der Europäischen Union und zusammen mit Deutschland ihr stärkster Motor. Das Duo Merkel-Sarkozy hat in jüngster Zeit die wichtigsten europäischen Entscheidungen getroffen oder zumindest beeinflusst. Die dabei vorgezeichnete Marschroute will Hollande - wenn er Präsident wird - im Sinne eines stärkeren Wachstums ändern. Dabei dürfte er jedoch sehr schnell feststellen, dass der Bewegungsspielraum für die von ihm immer wieder zitierte Wende äußerst begrenzt ist.
Den Sieger wird der Alltag schnell einholen
Ähnlich urteilt auch Het Nieuwsblad mit der Feststellung: Man sollte vom Wahlergebnis nicht zu viel erwarten, denn für große Umwälzungen und soziale Reformen ist das Geld äußerst knapp bemessen. Die von Hollande in der Wahlkampagne gemachten Versprechungen werden schon sehr bald vor der harten Alltagsrealität weichen müssen. Die große Frage ist, sollte er das Rennen für sich entscheiden, wie er auf dem europäischen Parkett mit der deutschen Bundeskanzlerin Merkel zurechtkommt.
La Libre Belgique hält fest, dass der französische Präsident durchaus die Möglichkeit hat, der Politik seines Landes seinen Stempel aufzudrücken und somit eine echte Zukunftsvision zu entwerfen. Dieser Aspekt ist nach Ansicht der Zeitung beim Wahlkampf zu kurz gekommen, denn zu sehr orientierten sich beide Kandidaten an Vorgängern wie de Gaulle oder François Mitterrand.
Het Belang van Limburg wägt in seinem Kommentar die Chancen der beiden Kandidaten gegeneinander ab und meint diesbezüglich: Sollte Sarkozy es schaffen, dann wäre es eine Riesenüberraschung, ein spektakuläres Comeback. Wenn Hollande gewinnt, wird Europa auf einen neuen Partner hören müssen, der eine Antikrisenpolitik betreiben möchte, die neben Sparmaßnahmen deutlich stärker als bisher Anstrengungen zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Wahrung der sozialen Errungenschaften fordert.
Belgische Justiz arbeitet zu langsam
De Morgen begrüßt, dass Kim de Gelder, der vor drei Jahren in Dendermonde in einer Kinderkrippe zwei Babys und eine Betreuerin ermordete, für zurechnungsfähig erklärt wurde. Ihm wird also der Prozess gemacht. Leider wird dieser erst frühestens gegen Ende dieses Jahres stattfinden. Wenn man diesen Fall mit ähnlichen Vergehen in Holland und Norwegen vergleicht, dann stellt man fest, dass die Angeklagten dort viel schneller zur Rechenschaft gezogen werden. Die belgische Justiz arbeitet einfach viel zu langsam. Höchste Zeit, dass Justizministerin Turtelboom hier für Abhilfe sorgt.
Politiker wie jeden anderen Bürger behandeln
De Morgen macht auf seiner Titelseite die Feststellung, dass die Politiker viel zu schnell und zu einfach in die Rente gehen können. Nach 20 Jahren haben sie bereits Anrecht auf die volle Pension. Was ihre Bezahlung betrifft, so fordert die Zeitung diesbezüglich mehr Offenheit und vor allen Dingen Regeln, die auch für den Rest der Bevölkerung gelten. Warum zum Beispiel bekommen Politiker eine steuerfreie Unkostenvergütung, die für jeden anderen Belgier in dieser Form nicht denkbar ist? Weshalb werden ihnen Fahrtkosten ersetzt, obwohl sie gratis mit dem Zug zur Arbeit fahren?
De Wever Superstar in Antwerpen
Zum Schluss noch ein Blick auf Het Laatste Nieuws, das mit einer Umfrage zu den Gemeinderatswahlen in Antwerpen aufmacht. Das Ergebnis: Wenn heute in der Hafenstadt gewählt würde, dann würde der N-VA-Bürgermeisterkandidat Bart De Wever das amtierende Stadtoberhaupt Patrick Janssens haushoch überflügeln. De Wever bekäme nämlich fast 43 Prozent der Stimmen, Janssens nur gut 25 Prozent.
Dazu heißt es kommentierend: Eigenartig ist dieses Resultat schon, denn jeder zweite Antwerpener ist zufrieden darüber, wie der bisherige Bürgermeister die Stadt geführt hat. Trotzdem wollen nur 25 Prozent ihn wieder haben. Daraus kann man nur schlussfolgern, dass N-VA-Chef De Wever auch in Antwerpen eine außergewöhnlich positive Ausstrahlung auf die Wähler hat. Für ihn mag das gut sein, doch für seine Partei ist das bedenklich, denn was wird aus ihr, wenn sie eines Tages ohne De Wever auskommen muss? Wie dem auch sei: In Antwerpen führt an Bart De Wever kein Weg vorbei.
Bild: Fred Dufour (afp)