In den Zeitungen geht es heute um eine bunte Themenvielfalt, aus denen die folgenden herausragen: das Projekt einer virtuellen Überwachung von Häftlingen in Belgien, die Presseschelte von N-VA-Präsident De Wever, ein Homo-Mord in der Nähe von Lüttich, sowie nicht zuletzt die französischen Präsidentschaftswahlen.
Der Plan, in Belgien Gefangene virtuell - das heißt per Navigationssystem - zu überwachen, ist in Le Soir nachzulesen. In Frage dafür kommen in erster Linie Untersuchungshäftlinge, also jene, die noch nicht verurteilt wurden. Gegen Ende des Jahres sollen 400 von ihnen per Navi außerhalb der Gefängnismauern kontrolliert werden.
Experten und Magistrate sind eher skeptisch, und auch Le Soir schließt sich dieser Meinung an. Dieses Experiment riecht nach Improvisation, so urteilt die Zeitung, nach deren Meinung dafür sowohl die finanziellen als auch die menschlichen Mittel fehlen. Besser wäre es folglich, darauf zu verzichten.
Auch Homos verdienen Respekt
De Standaard macht auf mit einem Homo-Mord in der Nähe von Lüttich. Das Besondere daran ist, dass das Opfer offenbar wegen seiner sexuellen Veranlagung getötet wurde. Dazu heißt es kommentierend: In Brüssel und anderen Städten des Landes sind in jüngster Zeit viele Formen sinnloser Gewalt aufgetreten, gegen die der Staat mit der gebotenen Härte vorgehen sollte. Das gilt sicherlich auch für Gewalt gegen Homosexuelle, denn der Respekt vor allen Menschen, ungeachtet ihrer Rasse, Religion und sexuellen Neigung, gehört nun mal zu den Grundwerten unserer Gesellschaft.
Im ähnlichen Sinne äußert sich auch Het Laatste Nieuws unter dem Titel: "Der Homo-Hass ist unter uns". Wir waren das erste Land, das Homos und Lesben die gesetzliche Möglichkeit bot, zu heiraten. Für sie waren wir über Jahre hinweg ein sicherer Ort in einer gefährlichen Welt. Mehr und mehr zeigt sich jedoch, dass auch in Belgien der Traum von einem nicht-diskriminierenden Zusammenleben bedroht ist. Dagegen entschieden einzugreifen, ist eine prioritäre Pflicht der staatlichen Obrigkeit, so urteilt Het Laatste Nieuws.
Ist die Presse nicht länger glaubwürdig?
Verschiedene flämische Zeitungen kommentieren die jüngste Presseschelte von N-VA-Präsident De Wever. Dieser hatte gestern behauptet, die Medien würden von zahlreichen Politikern förmlich ausgespuckt, doch wage niemand, öffentlich zu sagen, dass die Presse nicht länger glaubwürdig ist.
Dazu heißt es kommentierend in De Morgen: Es ist schon überraschend, dass gerade der Mann, der die Tür weit öffnete für die trivialsten Berichte über seine Familie, sein Körpergewicht und seine Teilnahme an Fernsehspielen, sich heute über die Glaubwürdigkeit der Journalisten beklagt. Vielleicht sollte er sich eher über jene Pressevertreter beklagen, die ihren Beruf an den Nagel gehängt haben, um in De Wevers Partei politisch Karriere zu machen.
Zum gleichen Thema schreibt Het Nieuwsblad: Entgegen der Behauptung De Wevers ist es nicht die Presse, die in unserer Gesellschaft die Fäden zieht. Und das ist auch gut so. Den Bürgern, die sich informieren wollen, stehen ausreichend Informationskanäle zur Verfügung. Ein Zeitungskommentar ist und bleibt nur eine Stimme unter vielen. Insofern sollte De Wever sich für seine nächste Presseattacke auf jeden Fall bessere Argumente ausdenken.
Hollande hat die Nase vorn
Verschiedene Blätter kommen zurück auf das Fernsehduell zwischen den beiden französischen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy und François Hollande, die am Sonntag in die entscheidende Stichwahl gehen. Dazu heißt es in La Dernière Heure: In der TV-Debatte, die auch in Belgien von fast 300.000 Zuschauern verfolgt wurde, gab sich Herausforderer Hollande auffallend staatsmännisch, während der amtierende Präsident Sarkozy eher nervös wirkte. Sein Vorhaben, seinen sozialistischen Herausforderer Hollande mit Argumenten fertig zu machen, ging nicht auf. Im Gegenteil, sehr häufig war es Sarkozy, der von Hollande in die Verteidigung gedrängt wurde.
Zum gleichen Thema heißt es im Grenz-Echo unter dem Titel "Sarkozys Strategie geht nicht auf": Wirklich überzeugend konnte sich Hollande zwar auch nicht positionieren, gleichwohl vermittelte er den rund 18 Millionen Fernsehzuschauern zumindest ansatzweise Führungsstärke. Jeweils mit den Worten "Moi, Président de la République", startete der Sozialist einen kurzen Streifzug durch sein Wahlprogramm, das vor allem deutlich machte: Er will die Geschicke Frankreichs anders leiten als Sarkozy. Ein Argument, mit dem er bei vielen Wählern offene Türen einrennt.
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