Im Blickpunkt steht heute ganz klar das gestrige TV-Duell in Frankreich zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten, Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und Herausforderer François Hollande. Naturgemäß stellt sich insbesondere die Frage, wer denn aus der Fernsehdebatte als Sieger hervorgegangen ist. Weitere Themen sind eine mögliche millionenschwere Abfindung für den Dexia-Chef, eine neuerliche Pleitenwelle und ein dreister Erpressungsversuch.
"TV-Duell als Höhepunkt vor Frankreichs Stichwahl", titelt heute das Grenz-Echo. "Schlag auf Schlag", so beschreibt La Libre Belgique die Debatte zwischen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und Herausforderer François Hollande.
Fast alle Zeitungen, nicht nur die frankophonen Blätter, beleuchten heute ausgiebig das gestrige TV-Duell im Kampf um die französische Präsidentschaft. 20 Millionen Zuschauer haben gestern allein in Frankreich das TV-Duell zwischen den beiden französischen Präsidentschaftskandidaten verfolgt.
Bissiges TV-Duell
Beide Kontrahenten schenkten sich nichts. Wohl selten war eine Fernsehdebatte dermaßen angespannt, notiert La Libre Belgique. Hollande und Sarkozy haben sich zu Beginn nicht einmal vor den Kameras die Hand gegeben. Beide griffen sich mit scharfen Worten gegenseitig an. L'Echo spricht von einer "beherzten Auseinandersetzung", De Standaard von einem "bissigen Duell".
Le Soir hat quasi eine verkehrte Welt beobachtet: "Hollande verhielt sich wie der Präsident, Sarkozy wie der Herausforderer", notiert das Blatt auf seiner Titelseite. Damit spiegelte sich wohl das Bild wider, das die Umfragen zeigen: Hollande lag demnach vor dem TV-Duell laut Meinungsforschern deutlich in Führung.
La Dernière Heure hat eine andere Rollenverteilung gesehen: "Ein Märtyrer, ein Lügner und 20 Millionen Zuschauer", titelt das Blatt: Der Märtyrer, das ist Sarkozy, dem Hollande vorwarf, sich selbst als Opfer der Krise zu sehen. Der Lügner, das ist Hollande, Sarkozy hielt dem Herausforderer vor, Luftschlösser zu bauen.
Hollande oder Sarkozy - Wer hat gewonnen?
L'Avenir scheint Hollande Recht zu geben: "Sarkozy macht den Calimero", schreibt das Blatt auf Seite eins. Will heißen: Sarkozy macht die Welt für alle Fehlentwicklungen verantwortlich. Für L'Avenir jedenfalls hat Hollande das TV-Duell gewonnen. De Morgen drückt es so aus: Hollande ist Sieger nach Punkten, Sarkozy ist aber noch nicht KO.
Die Suche nach einem Sieger im Anschluss an eine derartige Veranstaltung ist aber eigentlich müßig, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Man darf nämlich davon ausgehen, dass die meisten Fernsehzuschauer sich längst eine Meinung gebildet hatten. Ein Anhänger bleibt ein Anhänger, ein Enttäuschter bleibt ein Enttäuschter. Was nicht heißt, dass solche TV-Debatten unnötig wären. Sie ermuntern in jedem Fall politische Debatten, etwa an Theken oder Stammtischen. Und das ist Sauerstoff für die Demokratie.
De Standaard blickt mit einem mulmigen Gefühl auf den kommenden Sonntag. Welches Europa bekommen wir nach dem Wochenende, fragt sich das Blatt. Sollte in Frankreich François Hollande tatsächlich das Rennen machen, dann beginnt eine äußerst delikate Phase. Dann muss sich insbesondere die deutsch-französische Achse neu einpendeln. Und dann geht es vor allem um die Frage, mit welchen Rezepten Europa seine Schuldenkrise meistern will. Bislang gilt ein strikter Sparkurs, der aber zufolge hat, dass sich einige Länder buchstäblich kaputt sparen. Nur eins ist sicher: Die Lösung liegt nicht im anderen Extrem. In der Zwischenzeit wird Europa immer mehr als das Problem und nicht als die Lösung betrachtet. Europa steht mehr denn je am Scheideweg.
Goldener Handschlag für Dexia-Boss?
Zweites großes Thema ist die neuerliche Diskussion über eine mögliche Abschiedsprämie für den Dexia-Hauptgeschäftsführer Pierre Mariani. Nach dem Willen der Belgier soll Mariani in Kürze durch den ehemaligen Fortis-Spitzenbanker Karel De Boeck ersetzt werden. Weil Marianis Vertrag aber noch ein Jahr läuft, hätte er Anspruch auf einen goldenen Handschlag. Allgemein kursiert hier die Zahl 1,2 Millionen Euro. Laut De Standaard hätte Mariani sogar Anrecht auf das Doppelte. Premierminister Elio Di Rupo jedenfalls machte deutlich, dass eine solche Abfindung nicht in Frage kommt. Und er lehnt sich damit weit aus dem Fenster, bemerkt De Standaard.
"Das hört nicht auf!", ereifert sich Het Nieuwsblad. Niemand kann verstehen, warum Spitzenbanker so viel Geld bekommen müssen. Und vor allem begreift niemand, dass besagte Spitzenbanker das nicht einsehen wollen. Wenn man Mariani mit der Situation bei Dexia konfrontieren würde, dann wird er wohl antworten, dass er einen Scherbenhaufen geerbt hat und schließlich nicht Superman sei. Warum allerdings müssen wir ihn dann bezahlen, als wäre er Supermann?
"Schamlos!", donnert auch Le Soir. Kleine Angestellte oder Arbeiter werden auf die Straße gesetzt, während ihre Bosse fette Boni einstreichen. Der Chef verdient mitunter 150 Mal mehr als sein kleinster Angestellter. Das so geschürte Ungerechtigkeitsgefühl sorgt auf Dauer für soziale Spannungen.
Hier weiß man ohnehin nicht mehr, wem man glauben soll, ärgert sich L'Avenir. Jetzt heißt es plötzlich: Mariani habe nie auf eine Abfindung gepocht. Gerade in der Akte-Dexia hört man immer wieder alles und sein exaktes Gegenteil. Beispiel: Der frühere MR-Finanzminister Didier Reynders hat immer beteuert, die Dexia-Geschichte habe den Staat nicht einen Euro gekostet. Einige Wochen später beziffert MR-Chef Charles Michel die Kosten für den belgischen Steuerzahler in Sachen Dexia auf drei Milliarden Euro. Dexia, das ist längst nur noch ein einziges Lügenmärchen.
Pleitewelle und Idiotenabgabe
Het Belang Van Limburg und Gazet Van Antwerpen machen mit einer beängstigenden Entwicklung auf: "Pleitewelle im April", titelt Het Belang Van Limburg. Nie gingen im April so viele Unternehmen in Konkurs: 924 um genau zu sein. Das ist eine Steigerung von über 20 Prozent im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum. Besonders betroffen ist das Hotel- und Gaststättengewerbe, der so genannte Horeca-Sektor: Ein Fünftel aller Pleiten betrafen Cafés und Restaurants, schreibt Gazet Van Antwerpen.
Het Laatste Nieuws befasst sich heute auf seiner Titelseite mit dem Hacker-Angriff auf das Kreditinstitut Elantis, eine Tochter der Belfius-Bank. Computer-Piraten haben sich Zugang zu vertraulichen Daten von 3700 Kunden verschafft. Die unbekannten Täter verlangen ein Lösegeld in Höhe von 150.000 Euro. Ist das Geld morgen früh um neun Uhr nicht eingegangen, dann drohen die Hacker damit die persönlichen Daten im Internet zu veröffentlichen. Derlei Erpressungsversuche sind nicht neu, sagt ein Experte in Het Laatste Nieuws. Allerdings müsse man feststellen, dass die Täter immer dreister werden. Die Erpresser selbst verlangen nach eigenen Worten nicht ein Lösegeld, sondern sprechen vielmehr von einer "Idiotenabgabe", da die Daten angeblich so gut wie nicht gesichert waren.
Bild: Denis Charlet (belga)