"Bezahlen Sie Ihre Rechnung nicht!"
"Der Kampf um den Gaspreis hat begonnen", schreibt L'Avenir heute. "Die Energieproduzenten halten die Regierung zum Narren", titelt De Standaard und zeigt einen gestreckten Mittelfinger auf Seite 1. "Electrabel, Luminus und Essent haben die Preisdeckelung einfach umgangen". "Die Preiserhöhung ist illegal", wird Wirtschaftsminister Johann Vande Lanotte auf der Titelseite von Het Nieuwsblad zitiert. Le Soir schreibt: "Die Regierung schlägt zurück und will zur Not vor Gericht ziehen". Het Laatste Nieuws lässt einen wütenden Wirtschaftsminister zu Wort kommen: "Bezahlen Sie Ihre Rechnung bloß nicht", mahnt Vande Lanotte auf Seite 1 und ruft zum Protest gegen die Energieriesen auf.
Erhöhung trotz Verbots
Die Produzenten Electrabel, Luminus und Essent hatten ihre Gastarife zum ersten April um rund drei Prozent erhöht. Genau an dem Tag, an dem die Preisdeckelung der Föderalregierung in Kraft getreten war. Laut Gesetz dürfen Strom und Gas bis zum Ende des Jahres nicht mehr teurer werden. Die Koalition hatte die Maßnahme ergriffen, um gegen die hohen Energiepreise in Belgien zu kämpfen. Wirtschaftsminister Johann Vande Lanotte und der für Energie zuständige Staatssekretär Melchior Wathelet wollen die Tariferhöhung nicht einfach so hinnehmen. Wie Le Soir berichtet, haben sie die Wirtschaftsinspektion gebeten, den Vorgang zu prüfen, zur Not wollen sie sogar vors Handelsgericht ziehen. Jetzt ist eine juristische Schlammschlacht ausgebrochen, notiert L'Avenir. "Weil das Gesetz unklar formuliert ist, war die Preiserhöhung am ersten April völlig legal", erklärt der Sprecher von Electrabel. "Lesen die Anwälte des Energieriesen denn keine Zeitung?", fragt sich Het Laatste Nieuws. Spätestens seit dem Inkrafttreten der Maßnahme Ende März war für jeden klar: Tariferhöhungen ab dem ersten April darf es nicht geben. Mit einer absurden Argumentation versucht der Konzern jetzt zu erklären, dass "ab dem ersten April" nicht am ersten April bedeutet. Das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht für die Regierung, sondern auch für Millionen von Verbrauchern, findet die Zeitung. Seit Jahren zahlen wir Belgier viel mehr für Strom und Gas als unsere europäischen Nachbarn.
"Preiserhöhung ist wirtschaftsschädigend"
De Standaard findet: Das Vorgehen der Energieproduzenten ist extrem wirtschaftsschädigend. Mit ihrem asozialen Verhalten sorgen sie bei den belgischen Haushalten und Unternehmen für eine zusätzliche finanzielle Belastung. De Morgen spricht von einem "Déjà-vu". Es ist nicht das erste Mal, dass Electrabel sich gegen eine Maßnahme der Regierung widersetzt. Der Konzern glaubt wohl, er stehe über den belgischen Gesetzen und könne die Regierungsmitglieder ständig bloßstellen, fügt Het Laatste Nieuws hinzu. Wer am Ende am längeren Hebel sitzt, wird sich erst in einigen Wochen zeigen. Nach Ansicht von La Libre Belgique und De Standaard könnte die Koalition nicht ganz unbeteiligt an der Provokation der Energieproduzenten gewesen sein. Es ist nicht das erste Mal, dass ein in Eile verfasstes Gesetz falsch interpretiert wird. Es geht um viel mehr als um die Deckelung der Preise bis zum Ende des Jahres. Die Regierung sollte dafür sorgen, dass die Gaspreise nicht mehr so stark an den Ölpreis gekoppelt werden.
Kein Bonus für Dexia-Boss
De Morgen schreibt auf Seite 1: "Kein Bonus für Dexia-Boss Pierre Mariani". Die Dexia-Holding wird seinem Manager neben dem festen Gehalt von einer Million Euro in diesem Jahr keine Prämie auszahlen. Im vergangenen Jahr hatte er 600.000 Euro erhalten. Die marode Restbank, die nach der Verstaatlichung von Belfius übrig geblieben ist, wird außerdem keinen Bonus an den Aufsichtsratsvorsitzenden Jean-Luc Dehaene ausschütten.
La Libre Belgique hat einen ersten Blick auf den Konjunkturbelebungsplan der Regierung Di Rupo werfen können. Noch vor den Sommerferien will die Koalition einen Maßnahmenkatalog vorstellen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Dazu sollen nachhaltige Arbeitsplätze unterstützt werden, Forschung, Entwicklung und Innovation gefördert und die Produktions- und Lohnkosten gründlich analysiert werden. Le Soir befürchtet: Das könnte die Index-Debatte um die automatische Bindung der Gehälter an die Lebenshaltungskosten neu entfachen.
Spanien: Sonne satt und Krise
Het Laatste Nieuws sorgt sich auf seiner Titelseite um das Lieblingsurlaubsland der Belgier: "Spanien verkommt", titelt das Blatt. Die Wirtschaftskrise wird immer sichtbarer. Selbst in den Ferienorten müssen jetzt Restaurants und Läden schließen. Je weiter man ins Inland fährt, verschlimmert sich die Lage. Mehr als drei Millionen Wohnungen stehen leer. Jeder zweite Jugendliche ist arbeitslos. Das Urlaubsparadies gerät immer tiefer in die Krise, die so langsam griechische Züge annimmt. Riesige Hotelanlagen, Appartements und Ferienhäuser: Alles auf Pump gebaut und jetzt können die Kredite nicht zurückgezahlt werden. Auch die einst gut bezahlten Arbeitskräfte im Bauwesen stehen jetzt auf der Straße. Die Urlauber können sich nur noch auf eins freuen: Meer, schöne Strände und heiße Temperaturen. Wie Spanien ansonsten im Sommer aussehen wird, ist völlig unklar.
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