Einmal mehr beleuchten heute einige Zeitungen die offenbar katastrophalen Lebensbedingungen in der Haftanstalt von Forest. Im Mittelpunkt der Kommentare steht aber der jüngste Bericht des Hohen Finanzrates, der unter anderem das Sparvolumen für die nächsten Jahre umreißt. Weitere Themen sind der Sozialkonflikt bei Bekaert und die niedrige Rendite bei Sparbüchern.
"Magistrate stellen Gefängnisstrafen in Frage", titelt heute Le Soir. "Selbst Tiere werden besser behandelt", zitiert De Morgen einen Richter. Gestern hat sich eine Reihe von Magistraten in der Haftanstalt von Forest ein Bild von den dortigen Lebensbedingungen gemacht. Und einige von ihnen waren geschockt.
Apokalyptische Zustände in Forest
Der Brüsseler Gerichtspräsident Luc Hennart spricht in L'Avenir von "apokalyptischen Zuständen". Mit dabei waren auch 22 Untersuchungsrichter, die im Rahmen ihrer Tätigkeit regelmäßig Verdächtige nach Forest verweisen. Nach Angaben von Le Soir hat ihr Besuch in der Haftanstalt zumindest bei einigen zu einem Umdenken geführt: Offensichtlich will so mancher nun mehr zweimal überlegen, ehe er einen Verdächtigen in U-Haft stecken lässt.
Het Laatste Nieuws widmet der Angelegenheit einen wütenden Leitartikel. In Forest herrschen Zustände wie im 19. Jahrhundert. Klar: Ein Gefängnis ist bestimmt kein Hotel. Auf der anderen Seite darf es aber auch nicht zu einem Ort werden, wo Menschen ihrer Menschlichkeit beraubt werden. Allerdings ist es scheinheilig, wenn jetzt plötzlich alle Welt mit dem Finger auf Forest zeigt. Die Zustände waren längst bekannt, insofern kann man durchaus von "unterlassener Hilfeleistung" sprechen. Dass in einigen Jahren ein neues Gefängnis im Brüsseler Stadtteil Haren eröffnet werden soll, ändert nichts, denn es bedarf jetzt sofort Abhilfe.
Sparen und weiter sparen
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute mit dem jüngsten Bericht des Hohen Finanzrates, der gestern bekannt wurde. Darin bekommt zunächst der Föderalstaat noch einmal die Rechnung präsentiert. Demnach müssen bis 2015 noch einmal auf Jahresbasis 11 Milliarden Euro eingespart werden, um den Haushalt 2015 ins Gleichgewicht zu bringen. "Yes, we can", sagt in diesem Zusammenhang Finanzminister Steven Vanackere sinngemäß in La Libre Belgique. Zwar seien die Anstrengungen, die da noch auf die Regierung warten, kolossal - er sei aber guten Mutes, dass Belgien sein Ziel erreichen werde.
Der Hohe Finanzrat formuliert auch eine Reihe von Empfehlungen, mit Blick auf den Beitrag der Regionen und Gemeinschaften zu den Sparanstrengungen. Wichtigste Erkenntnis: Alle Teilstaaten sollen bis 2015 einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen. Allerdings müssen die Regionen und Gemeinschaften damit rechnen, dass sie für ihre neuen Zuständigkeiten weniger Geld zur Verfügung gestellt bekommen, als eigentlich notwendig wäre.
Jeder kehrt vor seiner Tür
"Jetzt werden alle Bestandteile des Staates vor ihre Verantwortung gestellt", lobt Het Belang van Limburg. Jetzt muss jeder, also der Föderalstaat, die Regionen und die Gemeinschaften, seinen Haushalt in der Spur halten. Jetzt bleibt nicht mehr alles an Flandern hängen.
"Jeder muss jetzt vor der eigenen Tür kehren", fasst De Standaard die Empfehlungen des Hohen Finanzrates zusammen. Die gute Neuigkeit: Flandern muss keine Überschüsse mehr erwirtschaften, um die andere mit durch zu ziehen. Zugleich wartet insbesondere auf die Regionen die Nagelprobe: Empfohlen wird, dass beim Transfer neuer Zuständigkeiten nicht alle bislang aufgewendeten Geldmittel mit an die Teilstaaten übertragen werden. Das ist aber im Sinne des Erfinders: Eine Rechtfertigung für die Staatsreform ist doch, dass die Staatsführung effizienter werden soll. Nun: Jetzt müssen die Teilstaaten das beweisen.
Schon bald werden der Föderalstaat und die Teilstaaten gemeinsam über die Lastenverteilung diskutieren. Klar ist, dass der Föderalstaat nicht alles alleine tragen kann. Allerdings, so mahnt Gazet van Antwerpen, darf es nicht darauf hinauslaufen, dass Flandern am Ende noch dafür bestraft wird, dass man seit 20 Jahren brav seine Hausaufgaben gemacht hat. Flandern steht jetzt vielleicht besser da, dafür hat man aber auch gearbeitet.
Apropos Sparen: Der CD&V-Staatssekretär Hendrik Bogaert macht heute in L'Echo einen Vorschlag, der wohl noch für Diskussionen sorgen könnte. Laut Bogaert sollte die Lohn-Indexbindung beschnitten werden, zumindest solange, bis Belgien wieder auf dem Niveau der Nachbarländer ist. Prinzipiell stelle er den Index nicht in Frage, doch dürfe man dabei die Wettbewerbsfähigkeit des Landes nicht vergessen.
Widerlich arrogant
Het Nieuwsblad beleuchtet heute den Sozialkonflikt beim Stahldrahthersteller Bekaert, wo ja über 600 Jobs abgebaut werden sollen. Gewerkschaften und Direktion beraten im Moment über einen Sozialplan. Das Klima hatte sich aber deutlich verschlechtert, nachdem bekannt geworden war, dass der große Chef von Bekaert, Bert De Graeve, eine Lohnerhöhung von rund 30 Prozent bekommen hatte. "Jetzt wollen die Gewerkschaften mit De Graeve direkt verhandeln", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Kommentierend meint das Blatt dazu: Es ist erstaunlich, dass eine Handvoll Topmanager immer noch nicht das versteht, was für die meisten Menschen sonnenklar ist: Es kann nicht sein, dass die ganze Welt sparen muss, parallel dazu aber eine kleine Gruppe von Menschen weiterhin astronomische Bonuszahlungen einstreicht. Die Haltung von De Graeve und Co. ist geradezu widerlich arrogant.
"Sparen kostet Geld", so derweil die Schlagzeile von La Dernière Heure. In der Tat: Nachdem eine große Bank den Zinssatz auf Sparbücher auf gerade einmal 1 Prozent gesenkt hat, macht ein Sparbuch eigentlich keinen Sinn mehr und das könnte auch erstmal so bleiben, orakelt L'Avenir. Die niedrigen Zinssätze sind eine Folge der allgemeinen Wirtschaftslage. Das hat beinahe etwas von einem Naturgesetz.
Le Soir hat dennoch einen unheimlichen Verdacht: Die Belgier haben immer noch Unsummen auf ihren Sparbüchern: anscheinend über 220 Milliarden Euro. Aber wer garantiert uns, dass nicht wie im Fall Dexia belgisches Spargeld von den Mutterhäusern der großen Banken wieder als Pfand für Risikogeschäfte eingesetzt wird?