"Die alte wallonische Stahlindustrie ist tot", schreibt La Libre Belgique auf ihrer Titelseite. "Carsid, die Niederlage", meint Le Soir auf Seite eins: Die Wallonie verliert ihren letzten Hochofen und in Charleroi fallen 1.000 Arbeitsplätze weg. L'Avenir titelt nüchtern: Das Ende einer Illusion. Die geschichtsträchtige Stahlindustrie, die einst für Reichtum im Süden des Landes sorgte, ist nicht mehr zu retten. Nach Lüttich wird jetzt das Becken von Charleroi mit voller Wucht getroffen.
Wallonische Stahlindustrie nicht mehr zu retten
Nicht alle Politiker wollen das einsehen, stellt La Dernière Heure fest. Allen voran der wallonische Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt. Der PS-Politiker will in den nächsten beiden Wochen einen Übernahmekandidaten für den von Duferco geschlossenen Hochofen finden. Die Zeitung meint, der Minister sollte den Menschen nicht länger etwas vorspielen und den Tatsachen endlich ins Auge blicken.
Ähnlich sieht es auch Le Soir. Für den Hochofen von Charleroi gibt es keine Zukunft mehr, obwohl er gut in Schuss ist und obwohl die Arbeiter über ein unumstrittenes Know-How verfügen. Trotzdem: Auf der einen Seite dauert die Krise im Stahlsektor seit 2008 an, auf der anderen Seite gibt es weltweit so gut wie keine Investoren mehr, die ihr Geld in die vom Aussterben bedrohte europäische Schwermetall-Industrie stecken wollen. In zehn Jahren, so glaubt das Blatt, wird nirgendwo mehr in Europa Stahl produziert.
La Libre Belgique fügt hinzu: Die Wallonie darf der Vergangenheit nicht nachtrauern und muss den Blick jetzt nach vorn richten. Es gibt nur eine Lösung meint La Dernière Heure und der lautet: Strukturwandel.
Maggie de Block: "So nicht!"
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich auf seiner Titelseite mit dem Schicksal von rund 20 Flüchtlingen, die in den Hungerstreik getreten sind um ein Bleiberecht in Belgien zu erzwingen. Seit 75 Tagen nehmen die Männer keine Nahrung mehr auf; einer von ihnen hat sich sogar die Lippen zugenäht. "So geht es nicht!" antwortet die zuständige Staatssekretärin Maggie de Block. Viele der Betroffenen hätten noch nicht einmal einen Regularisierungsantrag gestellt, heißt es aus der Einwanderungsbehörde. Auch De Standaard findet: Der Staat darf sich nicht erpressen lassen. Was diese Menschen sich antun ist schrecklich, jeder sollte versuchen sie davon abzubringen, bevor es zu spät ist. Aber niemand kann von einem Staat erwarten, dass er sich so unter Druck setzen lässt.
Gleiches gilt übrigens für die Ausweisung von ausländischen Straftätern. Es ist gut, findet die Zeitung, dass Premierminister Elio Di Rupo gestern im Parlament Klartext gesprochen hat und seine Parteikollegin Fatiha Saidi in die Schranken gewiesen hat. Die PS-Senatorin hatte die Ausweisung eines abgewiesenen Marokkaners verhindert. Er hatte bei seiner Abschiebung im Flugzeug, in dem auch die Senatorin saß, für Unruhe gesorgt. Jetzt steht fest, notiert Gazet van Antwerpen: Der Mann hielt sich 16 Jahre illegal in Belgien auf und hat in der Zeit bereits 20 Ausweisungsbescheide erhalten. Insgesamt hat die Polizei den Mann 42 Mal wegen kleinerer und größerer Straftaten festgenommen. So etwas gibt es nur in Belgien, fasst das Blatt zusammen. De Standaard findet: Die Ausländerbehörde hat mit der Zwangsabschiebung alles richtig gemacht. Ein Parlamentsmitglied sollte sich da ohne Kenntnis der Akte nicht einmischen.
Spaltung BHV in trockenen Tüchern
Wie Le Soir auf seiner Titelseite berichtet, ist die Spaltung des Wahl- und Gerichtsbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde seit der Nacht unter Dach und Fach. De Standaard führt aus: Nach den acht Parteien ist jetzt das Parlament an der Reihe. Bis zum Sommer sollen die Gesetzesentwürfe diskutiert, analysiert und verabschiedet werden. Das Timing ist besonders wichtig, weil dieser erste Teil der Staatreform noch vor den Kommunalwahlen im Oktober in Kraft treten soll. Die Mehrheitsparteien und die Grünen hatten sich im Herbst nach der langen politischen Krise auf die Grundzüge der sechsten Staatsreform geeinigt.
Armee: Oberbefehlshaber hat die Nase voll
Nach Angaben von De Morgen gibt es einen Riesenstreit an der Spitze der belgischen Armee. Oberbefehlshaber Charles-Henri Delcour soll der Regierung bereits seine Kündigung eingereicht haben. Grund für den Rücktritt sind Meinungsverschiedenheiten mit Verteidigungsminister Pieter De Crem.
Die Zeitung titelt: "Armeechef hat die Nase voll von De Crem". Laut De Morgen haben beide Männer eine andere Auffassung was die Ausrichtung der belgischen Armee angeht. Delcour stört sich offenbar seit Jahren an den politischen Ernennungen des Ministers innerhalb des Militärs. Es ist bereits das dritte Rücktrittsgesuch von Oberbefehlshaber Delcour. Premierminister Di Rupo hat die Kündigung noch nicht angenommen.
Das Wirtschaftsblatt L'Echo bemerkt auf Seite eins: Der Telekomriese Belgacom greift seine Konkurrenten an mit einem aggressiven Internet-Angebot. Von nun an können Kunden das mobile Internet auf ihren Smartphones und anderen Geräten kostenlos nutzen - belgienweit, wo immer sie unterwegs sind. Telenet, Voo und Mobistar wollen in den kommenden Tagen mit ähnlichen Angeboten nachlegen. Der Konkurrenzkampf auf dem Telekom-Markt hat begonnen. Bleibt zu hoffen, so die Zeitung, dass jetzt endlich auch eine Preisschlacht einsetzt.
Bild: Bruno Fahy (belga)