Vor allem die frankophonen Blätter beschäftigen sich gleich mit dem Schicksal zweier Politiker: Für den einen endet ein Lebensabschnitt, der andere erlebt quasi eine Wiedergeburt. Weitere Themen sind gerichtliche Ermittlungen gegen Eddy Merckx und umstrittene Nacktfotos.
"Die Dexia-Ausschuss-Vorsitzende schlägt zurück", titelt sinngemäß De Morgen. "Der Dexia-Bericht umschifft die wichtigsten Fragen", so die Schlagzeile von De Standaard.
Auch heute beleuchten viele Zeitungen die Ergebnisse der Arbeiten des Dexia-Sonderausschusses, der die Umstände untersuchen sollte, die zum Fall der franko-belgischen Finanzgruppe geführt habe. Seit gestern ist der Abschlussbericht öffentlich zugänglich. Und es überwiegt weiter die Enttäuschung.
"Fünf Monate Arbeit mit welchem Ergebnis?" fragt sich l'Echo. In seinen Empfehlungen geht der Ausschuss den wirklich heiklen Punkten aus dem Weg, insbesondere der Frage, ob das Dexia-Debakel strafrechtliche Konsequenzen haben sollte. "Die Verantwortlichkeiten wurden verdünnt", schreibt Le Soir auf Seite Eins.
"In der Akte Dexia ist was faul"
Die Tragweite des Dexia-Debakels ist so enorm, dass die Ergebnisse des Sonderausschusses definitiv ungenügend sind, urteilt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Allein die Bürgschaft im Gegenwert von 54 Milliarden Euro, die der belgische Staat für die Restbank übernommen hat, kann unseren Wohlstand ernsthaft in Gefahr bringen. Und doch oder gerade deswegen hat die Mehrheit gemauert. Mitunter wurden den Parlamentariern vertrauliche Dokumente buchstäblich unter der Nase weggezogen. Bei den Bürgern bleibt ein fader Nachgeschmack: Ganz offensichtlich sollten viele Dinge im Verborgenen bleiben, was wohl der beste Beweis dafür ist, dass in der Dexia-Akte etwas faul ist.
Angesichts dieser beißenden Kritik holt die Vorsitzende des Ausschusses, Marie-Christine Marghem, in De Morgen zum Gegenschlag aus. Marghem greift mit scharfen Worten die beiden CD&V Politiker Yves Leterme und Jean-Luc Dehaene an. Leterme war zum Zeitpunkt der Dexia-Rettung Premier, Dehaene Verwaltungsratsvorsitzender der Dexia-Gruppe. Leterme sei gar nicht vor dem Ausschuss erschienen. Dehaene habe die belgischen Interessen nicht verteidigt, kritisiert die Ausschussvorsitzende in De Morgen.
Apropos Jean-Luc Dehaene: Der bekommt sogar von unerwarteter Seite Gegenwind, wie Het Laatste Nieuws berichtet. Der Gemeinderat von Merchtem (nordwestlich von Brüssel) hat einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der strafrechtliche Konsequenzen für die Dexia-Verantwortlichen gefordert werden. Besagtem Gemeinderat gehört auch eine gewisse Hilde Dehaene an, Tochter von?
Welche Zukunft für Wesphal?
Vor allem die frankophonen Zeitungen rätseln heute über die Zukunft von Bernard Wesphal. Der hat ja gestern angekündigt, Ecolo, also der Partei, die er mitbegründet hat, den Rücken zu kehren. Wesphal dürfte aber der Politik erhalten bleiben, orakelt l'Avenir. Der Mann hat Politik einfach in den Genen. Er selbst will sich noch einige Wochen Bedenkzeit geben, bevor er über seine Zukunft entscheidet.
Le Soir und La Dernière Heure denken da schon einen Schritt weiter: Wesphal könnte eine eigne Partei gründen rund um seine Person, nach dem Vorbild des französischen Senkrechtstarters Jean-Luc Mélenchon.
Fournaux' Wiedergeburt
Ein anderer hat derweil schon so eine Art "politische Wiedergeburt" erlebt: Der MR-Politiker und Bürgermeister von Dinant, Richard Fournaux wurde gestern nach 13 Jahren vom Vorwurf der Korruption freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft kann allerdings noch gegen das Urteil Berufung einlegen. Es ist das vorläufige Ende einer Schlacht, die zuweilen unendlich anmutete, bemerkt La Libre Belgique. Fournaux hat sich standhaft dieser Herausforderung gestellt, die ihn die Karriere hätte kosten können. Jetzt kann hoffentlich wieder Ruhe in Dinant einkehren.
Der Fall Fournaux zeigt, dass die Trägheit der Justiz nicht unbedingt im Interesse der Unschuldigen ist, konstatiert Le Soir. Die vergangenen 13 Jahre waren für Richard Fournaux nicht etwa geprägt von der Unschuldsvermutung, sondern gleichbedeutend mit einem Zustand der "permanenten Schuldigkeit". Gerade für einen Politiker ist ein Gerichtsverfahren gleichbedeutend mit einem politischen Todesstoß. Das sollten Magistrate vor Augen haben, bevor sie Anklage erheben.
Nackt im Justizpalast
Viele Zeitungen berichten heute über den jüngsten Aufreger in Flandern: Wie erst jetzt bekannt wurde hat ein Fotograf im vergangenen Jahr Nacktfotos an einem eher außergewöhnlichen Ort geschossen, nämlich ausgerechnet im Justizpalast von Gent. Der Mann, bei dem es sich offenbar um einen Justizmitarbeiter handelt, saß dafür sogar zwischenzeitlich in U-Haft.
De Morgen findet die Aufregung ein wenig suspekt. Klar gehören Nacktfotos nicht in einen Justizpalast. Doch muss man jetzt auch mal die Kirche im Dorf lassen. Angesichts der Tatsache, dass der Fotograf sogar zwischenzeitlich in Haft genommen wurde, zwingt sich ein Verdacht auf: Hier wird offenbar mit zwei Maßen gemessen: Ein kleiner Justizmitarbeiter erfährt gleich die volle Härte des Gesetzes, bei Magistraten hingegen dauert es mitunter Jahre, bis Ermittlungen in viel schwerwiegenderen Fällen überhaupt erste Ergebnisse bringen. Das alles ist wohl eine Frage der Prioritäten.
Eddy Merckx der Bestechung beschuldigt
Auf Seite eins von La Dernière Heure: Radsportlegende Eddy Merckx. Der hat offenbar Probleme mit der Justiz. "Merckx der Bestechung beschuldigt", so sinngemäß die Schlagzeile. Es geht um ... 48 Fahrräder, die die Polizei in Anderlecht ankaufen wollte. Merckx, der ja exklusive Fahrräder vermarktet, soll vorab über die Ausschreibung informiert worden sein. Dafür soll er seinem Informanten, einem Polizisten, ein Fahrrad günstiger überlassen haben ...
De Standaard macht mit der Meldung auf, dass eins von vier Kindern in Flandern ausländische Wurzeln hat. Le Soir stellt auf seiner Titelseite fest, dass sich bislang nur sehr wenige Ausländer für die Kommunalwahl eingetragen haben. Nur zwölf Prozent der Ausländer wollen ihre Stimme abgeben, so die Schlagzeile.
Einige Zeitungen bringen heute die ersten Namen von Stars, die beim nächsten Pukkelpop-Festival auftreten werden, also im Jahr eins nach dem schweren Unwetter mit vier Toten. Die ersten Namen stehen unter anderem auf Seite eins von Het Belang Van Limburg: Foo Fighters, Björk und Bloc Party.