"Politisches Pokerspiel um Dexia-Abschlussbericht", titelt heute Het Belang van Limburg. L"Avenir stellt sich die Frage, ob der Dexia-Bericht möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen hat. De Standaard geht mit dem Bericht gnadenlos ins Gericht; drei Worte: "Fehler, Blindheit, und Inkompetenz."
Die so genannte Dexia-Kommission hat am späten Freitagabend ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der parlamentarische Sonderausschuss sollte die Umstände beleuchten, die zum Absturz der Bank geführt haben. Viele Fachleute zeigten sich von der Bestandsaufnahme enttäuscht. In vielen Punkten bleibt der Sonderausschuss vage; Verantwortlichkeiten werden nicht ausdrücklich benannt; und auch die Empfehlungen, die die Kommission ausspricht, sind alles andere als verbindlich. Selbst die Finanzbranche übt Kritik an dem Dexia-Bericht, wie De Morgen auf seiner Titelseite berichtet: Die Empfehlungen seien im Wesentlichen nutzlos, nicht Fleisch nicht Fisch, halbherzig.
Dexia - strafrechtliche Konsequenzen?
Und doch steht weiter die Frage im Raum, ob sich nicht ein Gericht mit den Umständen befassen soll, die zum Absturz der Dexia-Gruppe geführt haben. Der SP.A-Politiker Dirk Van der Maelen hat Justizministerin Annemie Turtelboom dazu aufgerufen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, gerichtliche Ermittlungen anzustoßen, wie Het Belang van Limburg berichtet. Turtelboom will aber offenbar erst noch abwarten, da eigentlich auch der Sonderausschuss eine Untersuchung durch die Justiz empfehlen kann.
Das politische Spielchen geht also munter weiter, bemerkt Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Man könnte auch sagen: das Trauerspiel. Es wurden keine Schuldigen benannt für das Dexia-Debakel. Das hat vor allem damit zu tun, dass in der Vergangenheit viele Schlüsselpositionen politisch besetzt waren. Seit die Kommission Anfang Dezember ihre Arbeit aufgenommen hat, waren deren Arbeiten durch politische Strategiespielchen geprägt. Die Reaktion der Bürger und Steuerzahler kann nur lauten: Kümmert euch nicht um euch selbst, sondern um Dexia.
Dexia-Kommission: Vertuschungs-Operation?
Die Dexia-Kommission war nur dazu da, die Dinge zu vertuschen, urteilt Gazet van Antwerpen. Der Absturz der Dexia ist ohne Zweifel das größte Finanzdebakel in der belgischen Geschichte. Die Liste der Fehlentwicklungen ist unglaublich. Da wurden etwa Boni ausgezahlt, während sich schon die Verluste anhäuften. Da wurde belgisches Spargeld nach Frankreich geschleust, um in Paris unverantwortliche Risiken einzugehen. Und am Ende muss der belgische Steuerzahler dafür gerade stehen. Sechs Milliarden Euro hat Belgien schon auf den Tisch gelegt. Hinzu kommt eine Staatsgarantie von 54 Milliarden Euro. Und für all das ist plötzlich niemand mehr verantwortlich. Es gibt nur einen Verlierer, und das ist der belgische Steuerzahler.
Auch De Morgen übt scharfe Kritik an der Arbeit des Dexia-Sonderausschusses. Als es ums Kassieren ging, da waren alle da, auch wenn dafür unverantwortliche Risiken genommen werden mussten. Am Ende war aber niemand verantwortlich: Nicht die Anteilseigner, wie die Gemeindeholding oder ARCO, nicht die Aufsichtsbehörden und auch nicht die Banker selbst. Wir leben in einem Land, wo sich ein armer Teufel vor Gericht verantworten muss, weil er altes Brot aus dem Müllcontainer eines Supermarktes gefischt hat. Jemand, der Generationen von Steuerzahlern eine bleischwere Hypothek hinterlassen hat, bleibt demgegenüber straffrei. Und das alles, weil die politische Klasse nicht wirklich an einer Aufklärung interessiert war.
Ein "unreifes Parlament""
Die Dexia-Kommission ist noch einmal ein perfektes Beispiel dafür, dass Sonderausschüsse des Parlaments, die mögliche Missstände untersuchen sollen, einfach nicht funktionieren, schimpft Het Laatste Nieuws. Das Parlament in diesem Land ist ganz offensichtlich noch nicht erwachsen und reif genug, um eine objektive Prüfung eines Sachverhalts vorzunehmen. Halbherzige Empfehlungen aussprechen, das kann jeder. Doch wie steht es um die Verantwortlichkeiten? Fragen gibt es genug. Zum Beispiel die: Wer ist auf die Idee gekommen, die christliche Arbeiterbewegung für die Verluste ihres finanziellen Arms ARCO zu entschädigen? Mit der Dexia-Kommission wurde ein Tiefpunkt erreicht.
Das politische Establishment hatte schlicht und einfach nicht die Absicht, sich selbst zu kasteien, bemerkt De Standaard. Vor allem PS und CD&V haben mit allen vier Hufen gebremst. Die CD&V etwa wollte ihr einstiges Schwergewicht Jean-Luc Dehaene aus der Schusslinie ziehen. Im Grunde hatte keine Partei wirklich die Weste rein. Klar: Die Dexia-Kommission hat eine Reihe von Empfehlungen formuliert, um vergleichbare Katastrophen in Zukunft zu verhindern. Angesichts der heutigen Probleme bei der Dexia-Holding, für die der belgische Staat mit über 54 Milliarden Euro bürgt, ist das aber ein schwacher Trost.
Droht Belgien ein "Toulouse"?
Viele Blätter beleuchten die jüngsten Entwicklungen in den Ermittlungen um den Killer von Toulouse, Mohammed Merah. "Merah war kein Einzeltäter", titelt etwa das Grenz-Echo. "Der Bruder des Killers wird der Mittäterschaft beschuldigt", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. In der Tat soll besagter Bruder durchaus eine wichtige Rolle bei der Planung der Gewalttaten gespielt haben. Mohammed Merah hat ja in Toulouse und Umgebung insgesamt sieben Menschen getötet. Er betrachtete sich selbst als Dschihadist, als Glaubenskrieger.
Und in Belgien geht die Angst vor Nachahmern um. "Terrorfahnder wollen 'Sharia4Belgium' verbieten", titelt Gazet Van Antwerpen. Sharia4Belgium, das ist eine radikale Islamistenorganisation, die dem belgischen Staat auch schon offen gedroht hat, etwa im Zusammenhang mit dem Burka-Verbot.
Wochenende der Sieger
Fast auf allen Titelseiten findet man schließlich Spuren des Sportwochenendes. Tom Boonen zum Beispiel ist allgegenwärtig. Nach dem E3-Preis am Freitag hat der Radprofi gestern auch den Radklassiker Gent-Wevelgem gewonnen. Und auch die Hockey-Damen hatten ein erfolgreiches Wochenende: die "belgischen Panther", wie die Damen-Hockey-Nationalmannschaft genannt wird, haben sich mit einem Sieg über Irland für die Olympischen Spiele in London qualifiziert. "Das Wochenende der Sieger", titelt denn auch Gazet Van Antwerpen.
Archivbild: Dirk Waem (belga)