"Elternurlaub künftig vier Monate", titeln heute fast gleichlautend das Grenz-Echo und l'Avenir. Beim Elternurlaub handelt es sich ja um eine Art "Zeitkredit". Anspruch darauf haben Eltern eines Kindes von weniger als 12 Jahren. Dieser Elternurlaub wird jetzt von drei auf vier Monate angehoben.
Knatsch um Elternurlaub
Die Arbeitgeber sind nicht glücklich mit der Maßnahme. Und das ist verständlich, meint Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Zunächst müssen ja noch mehr Mitarbeiter, die zeitweilig abwesend sind, ersetzt werden. Hinzu kommt: Die Kosten für den Elternurlaub werden vom Landesamt für Arbeitsbeschaffung, der sogenannten ONEM, getragen. Das Geld kommt also letztlich von den Arbeitgebern und den durch sie gezahlten Lohn-Nebenkosten. Resultat: Die Wettbewerbsfähigkeit der belgischen Unternehmen gerät weiter unter Druck. Die Regierung hat zwar strukturelle Maßnahmen versprochen, um die Unternehmen zu stärken. Das glaubt man allerdings erst, wenn man es auch sieht.
Auch L'Echo kann den Ärger der Arbeitgeber nachvollziehen. Es gibt zahllose Formen von Zeitkredit. Das alles wird für die Unternehmen immer komplexer und auch immer teurer. Da zwingt sich doch eigentlich eine Reform auf, die auf eine Vereinfachung hinauslaufen sollte. Vorschlag: Man sollte all diese thematischen Zeitkredits-Formen abschaffen und durch einen einheitlichen Sonderurlaub ersetzen. Jeder Arbeitnehmer hätte dann die Möglichkeit sein Zeitkreditskonto während seiner gesamten Laufbahn zu verwalten.
Was soll dieser Katzenjammer, meint demgegenüber Het Laatste Nieuws: all diejenigen, die jetzt gegen die Verlängerung des Elternurlaubes Sturm laufen, sollten sich einmal die Frage stellen, in welcher Welt sie ihre Kinder aufwachsen sehen wollen. Ein Arbeitnehmer ist enormem Stress ausgesetzt in dem Moment, wo er nicht bei seinem Kind sein kann, wenn es nötig ist. Wollen wir Arbeitnehmer, die geistig am Arbeitsplatz sind, oder doch solche die kurz vor dem Burnout stehen" Richtig ist allerdings, dass das System vereinfacht werden sollte. Hier bedarf es eines neuen Gesellschaftsvertrags, den die Sozialpartner aushandeln müssten.
Dexia-Ausschuss: "Viel Lärm um nichts""
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit dem Abschlussbericht der Dexia-Kommission. Der Sonderausschuss, der den Absturz der Dexia unter die Lupe nehmen sollte, hat gestern seine Arbeiten abgeschlossen. Unter anderem La Libre Belgique ist aber enttäuscht: "Viel Aufwand, wenig Wirkung", urteilt das Blatt in seinem Kommentar.
Das ist übrigens auch die Meinung der Opposition. Der Abschlussbericht sei farblos, reine Dekoration, poltert die Groen-Abgeordnete Meyrem Almaci in De Morgen. Die Dexia-Kommission sei ein Schandfleck in der belgischen Geschichte, zitiert auch De Standaard Mitglieder der Opposition. Dass etwa die Verantwortlichen für das Debakel einer Strafe entgehen, sei ein Skandal. Auch Ecolo spricht in l"Avenir von "minimalistischen Schlussfolgerungen". Der Sonderausschuss hat ja unter anderem auch eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen. Die wurden aber in der Regel allein durch die Mehrheit verabschiedet und bleiben im Wesentlichen eher vage.
Le Soir zieht denn auch quasi seine eigene Bilanz. Seit 2008 hat der belgische Staat mehrmals für die Banken den Feuerwehrmann spielen müssen. Rechnet man alle Garantien zusammen, für die Belgien geradesteht, dann kommt man an eine Summe von über 500 Milliarden Euro. Dies entspricht 140 Prozent des Brutto-Inlandproduktes, allein für Dexia bürgt der belgische Staat mit über 54 Milliarden Euro. Im Nachhinein muss man sich fragen, ob es das wert war. Belgien hat sich möglicherweise mit der Rettung seiner Banken übernommen. Wobei dir Frage erlaubt sein muss, ob es wirklich alle Banken verdienten, gerettet zu werden.
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit den Gehältern der belgischen Arbeitnehmer. De Morgen stellt auf seiner Titelseite fest, dass die Schere zwischen den Bezügen von Männern und Frauen offenbar kleiner geworden ist. Anscheinend ist es aber eine Angleichung nach unten: nicht die Frauen verdienen mehr, sondern die Männer weniger.
Auch De Standaard beschäftigt sich auf Seite eins mit einer Lohnschere, diesmal der Gehaltsspanne zwischen dem Top-Management und dem Durchschnittsmitarbeiter. Auch diese Kluft ist offenbar kleiner geworden. Auf der einen Seite sind die Gehälter dank der Lohn-Index-Bindung gestiegen. Dem gegenüber sind die Aktienpakete, mit denen Top-Manager zum Teil entlohnt werden, wegen der fallenden Börsenkurse schlicht und einfach weniger wert.
Wie fast an jedem Samstag bringen auch heute viele Zeitungen ausgedehnte Interviews mit politisch Verantwortlichen. In Le Soir etwa plädiert der MR-Vize-Premierminister Didier Reynders erneut für eine Debatte über den Index. Der dürfe freilich nicht generell in Frage gestellt werden. Es muss aber erlaubt sein, darüber nachzudenken, ab einem gewissen Gehaltsniveau von einer automatischen Anpassung an die Lebenshaltungskosten abzusehen.
In La Dernière Heure plädiert MR-Chef Charles Michel derweil dafür, dass die Polizei künftig generell härter durchgreift. "Schluss mit der Laxheit", so die Schlagzeile auf Seite eins. Michel ruft insbesonders die beiden Ministerinnen für Inneres und Justiz, Milquet und Turtelboom, dazu auf, das Regierungsabkommen konsequent umzusetzen. Die Bürger müssen endlich sehen, dass die Regierung es im Kampf gegen die Kriminalität ernst meint.
Vor allem in Flandern sorgt Babymord für Schlagzeilen. "Kleinkind in Müllsack gesteckt", titeln heute fast gleichlautend Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Die Mutter hatte das drei Monate alte Baby als entführt gemeldet. Später fanden die Ermittler aber das Kind im Hausmüll. Die genaue Todesursache ist noch unklar.
AS Eupen "Jetzt klagen! Oder nie!"
Das Grenz-Echo schließlich widmet seinen Leitartikel heute den jüngsten Entwicklungen bei der AS Eupen und den Aussichten einer Klage beim belgischen Fußballverband im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten bei der Begegnung in Charleroi. Diese Beschwerde steht längst nicht auf so wackligen Beinen wie vergleichbare Klagen im vergangenen Jahr. Diesmal ist das Regelwerk eindeutig: Charleroi hat die Belgier-Quote nicht eingehalten. Der brasilianische Kapitän von Charleroi war ganz klar nicht spielberechtigt. Angeblich gab es einen Fehler in der Datenbank der Union Belge. Doch egal, ob Verband oder Verein, beziehungsweise beide Schuld sein: Das ändert nichts. Wenn die AS jetzt nicht Klage einreicht wann dann"
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