Im Mittelpunkt der Berichte und Kommentare in der Tagespresse steht die Gedenkfeier in Lommel für die Opfer des verheerenden Busunglücks in der vergangenen Woche in der Schweiz. Zweites großes Thema ist die Identifizierung des mutmaßlichen Serienmörders von Toulouse. Einige Zeitungen schließlich beschäftigen sich mit den Finanznöten der Fluggesellschaft Brussels Airlines.
"Der Abschied", titelt heute La Libre Belgique. Die Titelseite von Gazet van Antwerpen ist ganz in Weiß gehalten. Zu sehen ist nur ein Logo, das die Kinder der Sint-Luc-Schule in Lommel für ihre Schneeklasse entworfen hatten. Darauf zu lesen ist das Motto: "Zusammen sind wir stark".
Het Belang van Limburg greift dasselbe Motiv auf. Darunter ein Foto der Särge, die in einem leichten Halbkreis aufgestellt waren. Het Laatste Nieuws hat für seine Titelseite auch dieses Foto gewählt. Darüber ein handschriftlicher Vermerk aus einem Kondolenzregister: "Wir werden euch nie vergessen".
Ehrerbietung einer Nation
In Lommel hat gestern quasi das ganze Land Abschied genommen von den Todesopfern des verheerenden Busunglücks in der vergangenen Woche in der Schweiz. 17 der 28 Opfer kamen ja aus dem limburgischen Lommel. Le Soir spricht auf seiner Titelseite von der "Ehrerbietung einer Nation". Das Königspaar und auch Premierminister Elio Di Rupo erwiesen den Toten die letzte Ehre. Ebenfalls anwesend war insbesondere das niederländische Thronfolgerpaar. "Eine riesige Menschenmenge und enormer Kummer", so dann auch die Schlagzeile von l'Avenir. Allgegenwärtig: Die weißen Särge der 14 Kinder. Ein weißer Sarg auch auf der Titelseite von Het Nieuwsblad. Darüber so eine Art Fürbitte: "Wacht über uns zusammen mit Euren kleinen Freunden".
La Libre Belgique steht ganz unter dem Eindruck der Gedenkfeier. Die Zeremonie war außergewöhnlich und hat auf die Belgier und auch auf die Niederländer einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Gar nicht genug hervorheben kann man die Haltung der Eltern, die durch ihre Kraft und Würde tief beeindruckt haben. Selbst in den dunkelsten Stunden können Sterne erleuchten, meint La Libre Belgique.
Der Leitartikler von Het Belang van Limburg wurde bei der Gedenkfeier nach eigener Aussage von seinen Emotionen fast übermannt. "Zusammen sind wir stark", so lautete ja das Motto der Schneeklasse. Stark, das waren wir gestern nicht. Wir hatten uns zwar zu Tausenden eingefunden, und hatten auch gehofft, die Familien der Opfer damit wenn auch nur ein wenig unterstützen zu können. Aber stark konnten wir nicht sein. Unmöglich. Die einzigen, die wirklich Kraft bewiesen haben, das waren die Familien der Opfer.
Es bleibt nur noch Stille
Auch De Morgen ist beeindruckt. Selbst ein Anti-Militarist bleibt nicht unberührt angesichts der Würde, mit der die Soldaten die weißen Särge in den Saal trugen. Selbst ein Republikaner muss erkennen, dass ein König den Familien Trost schenken kann. Aber selbst bei der gestrigen Gedenkfeier hat man die schönen Seiten des Lebens nicht ausgeblendet.
Het Nieuwsblad fehlen derweil demonstrativ die Worte. Der Platz, der üblicherweise für den Leitartikel reserviert ist, ist weiß. In der Mitte prangt lediglich ein Satz: "Es bleibt nur noch Stille".
Einzig Gazet van Antwerpen übt Kritik an der Gedenkfeier. Die Prominenten, insbesondere Politiker und Staatsgäste, haben den Verlauf der Zeremonie empfindlich gestört. Konnte man nicht für einmal das Protokoll außen vorlassen, fragt sich das Blatt. Die Familien und Angehörigen der Opfer mussten etwa 20 Minuten warten, bis wirklich alle hohen Gäste begrüßt waren und im Saal Platz genommen hatten. Warum konnten die sich nicht für ein Mal wie Normalsterbliche verhalten? Wichtig waren gestern nämlich nur die Opfer und ihre Angehörigen.
Nervenkrieg
Zweites großes Thema sind die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Mordserie im südfranzösischen Toulouse. Die Sicherheitskräfte haben ja den mutmaßlichen Täter identifiziert und aufgespürt. Demnach handelt es sich um einen 24-jährigen Franzosen mit algerischen Wurzeln, der sich angeblich auf Al Kaida beruft. Sein Haus wurde schon in der Nacht zum Mittwoch umstellt. "Er ist unschädlich gemacht", titelt Le Soir. "Der Mörder von Toulouse führt einen Nervenkrieg", so die Schlagzeile von De Morgen.
Kommentierend meint l'Avenir dazu: "Bei dem Verdächtigen handelt es sich wohl um einen brutalen, fehlgeleiteten Einzeltäter. Um seine Morde zu rechtfertigen, hat er einfach in den Werkzeugkasten des Islamismus gegriffen: Das Schicksal der Palästinenser, das Kopftuchverbot, der Afghanistan-Einsatz, das sind aber allenfalls einfältige Argumente, um zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist.
Toulouse - "Brücken bauen"
Die Brüsseler Zeitung Le Soir misst der Mordserie dem gegenüber durchaus eine gesellschaftliche Tragweite bei. Mohammed Merah hat eine Bombe mitten in die französische Gesellschaft geworfen. In Europa leben viele junge Männer, die potenziell ein ähnliches Profil haben, die mit denselben Frustfaktoren konfrontiert sind, in deren Leben es genauso wenig Perspektive gibt. Stellt sich die Frage: Wie kann man verhindern, dass Mohammed Merah zum Helden verklärt wird? Ob nun Einzeltäter oder nicht, das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Gemeinschaften sieht sich einmal mehr infrage gestellt. Die Gemäßigten aller Lager sollten sich schnellstens bemühen, Brücken zu bauen.
Unlauterer Wettbewerb
Einige Blätter befassen sich mit den finanziellen Nöten der Fluggesellschaft Brussels Airlines. Das Unternehmen ist in Schwierigkeiten. Begründet wird das mit den hohen Treibstoffkosten, aber auch mit dem Umstand, dass das Personal des Hauptkonkurrenten Ryanair offiziell in Irland angesiedelt, und aufgrund dessen deutlich kostengünstiger ist.
"So viel zum Thema: Europäischer Binnenmarkt", sind sich L'Echo und Het Laatste Nieuws einig. Innerhalb der EU gibt es nach wie vor grundverschiedene Sozial- und Steuergesetzgebungen. Das führt faktisch zu unlauterem Wettbewerb. So kann der gemeinsame europäische Wirtschaftsraum nie funktionieren, donnert Het Laatste Nieuws. Müssen wir weiter einem Land wie Irland helfen, wenn genau dieses Land faktisch unsere Wirtschaft und unser Sozialsystem untergräbt, fragt sich das Blatt. Die Antwort kann jedenfalls nicht sein, dass Belgien sein Sozialsystem beschneidet, das wäre eine Abwärtsspirale.
Bild: Kristof Van Accom (belga)