Fast alle Zeitungen haben heute ein Foto auf ihrer Titelseite: Belgische Soldaten, die kleine weiße Särge aus einem Militärflugzeug tragen. "Der letzte Gruß eines Landes", titelt La Libre Belgique.
"Traurige Rückkehr", schreibt Het Belang van Limburg und zeigt die unendlich lange Kolonne von 28 Leichenwagen, die den Militärflughafen Melsbroek bei Brüssel verlässt.
"Belgien trauert", meint Het Nieuwsblad. "Ein ganzes Land vereint in Kummer und Leid", lautet die Schlagzeile von Le Soir.
"Plötzlich war es ganz still in Belgien", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins und veröffentlicht zahlreiche Fotos von Menschen, die innehalten und der Opfer des tragischen Busunglücks von Siders gedenken. An hunderten Orten im Land haben die Menschen sich versammelt. Auch in Büros und Fabriken haben sie eine Minute lang geschwiegen. In den Schulen wurde der Unterricht unterbrochen.
"Land steht immer noch unter Schock"
"Das ganze Land steht noch immer unter Schock", meint La Libre Belgique. Der Moment des Innehaltens war nötig, dadurch haben die Menschen ihr Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer ausgedrückt.
Het Nieuwsblad fügt hinzu: Während einer Minute hat das ganze Land die Trauer der betroffenen Familien geteilt. Vielleicht kann diese gemeinsame Trauer eines Tages auch den Menschen Trost spenden, die heute untröstbar sind. In der Zeitung kommt zum ersten Mal die Mutter eines getöteten Schülers aus Lommel zu Wort: So viel Unterstützung, sagt sie, das bedeutet uns viel. Die Rettungskräfte in der Schweiz und in Belgien haben ihr Bestes gegeben, und dafür möchten wir uns bedanken.
Für Diskussionsstoff sorgen unterdessen die Zeitungen Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Sie hatten in den vergangenen Tagen auf ihren Titelseiten Fotos der verunglückten Kinder veröffentlicht. Darf eine Zeitung so etwas machen, fragen sich nicht nur viele Leser, sondern auch die flämische Medienministerin Ingrid Lieten, die die betroffenen Blätter öffentlich kritisiert hat. Das Grenz-Echo findet: "Die Presse hat auch Pflichten. Unter anderem muss sie die Privatsphäre der Opfer und ihrer Angehörigen respektieren. Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf."
Auch das Wirtschaftsblatt L'Echo meint: Journalisten, die so pietätlos vorgehen, sollten sich die Frage stellen, ob sie die Bilder ihrer verunglückten Kinder genauso gerne auf Seite eins sehen würden. Het Nieuwsblad nimmt Stellung und erklärt: Die Redaktion habe lange überlegt, ob sie die Fotos veröffentlichen soll. Am Ende habe sie sich dafür entschieden, um der Katastrophe ein Gesicht zu geben.
Ursache des Unglücks bleibt ein Rätsel
De Morgen notiert auf seiner Titelseite: Die Unglücksursache bleibt weiterhin ein großes Rätsel. Warum konnte der Schulbus ungebremst gegen die Tunnelwand krachen? Auf diese Frage gibt es auch drei Tage nach der Katastrophe noch immer keine Antwort. Nach Angaben der Zeitung könnte es noch mehrere Wochen dauern, bevor die Ermittler schlüssige Erkenntnisse vorlegen könnten.
Le Soir fragt sich, ob die Umstände, die zum tragischen Unfall geführt haben, jemals geklärt werden können. Bislang kann die Schweizer Polizei nur erste Vermutungen ausschließen: Der Bus war nicht zu schnell unterwegs. Laut Obduktion hatten die Fahrer weder einen Herzinfarkt noch Alkohol im Blut. Bislang ist unklar, wer von den beiden Fahrern zum Unglückszeitpunkt am Steuer saß.
Kris Peeters beliebter als Bart De Wever
De Standaard veröffentlicht heute sein traditionelles Politbarometer. Demnach bleibt die nationalistische N-VA zwar größte politische Kraft in Flandern, verliert aber Stimmen im Vergleich zu vorherigen Umfragen. Außerdem ist Bart De Wever nicht mehr Flanderns beliebtester Politiker. Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters liegt laut Umfrage höher in der Wählergunst. Mit rund einem Drittel der Stimmen bleibt die N-VA aber bedeutend größer als jede flämische Mehrheitspartei. Die Zeitung findet: Es wird Zeit, dass sich die Verantwortlichen der nationalistischen Partei auch so verhalten. Von der Rolle des unbeteiligten Außenseiters müssen sie sich langsam aber sicher trennen.
Prinz Philippe ist bereit
Le Soir kommt auf den möglichen Wechsel an der Spitze des belgischen Staats zurück. Die Zeitung hatte vor einigen Wochen über die Abdankung König Alberts im Sommer kommenden Jahres gemutmaßt. Prinz Philippe befindet sich zurzeit auf Handelsmission in Vietnam. Dort hat er dem Blatt erklärt: An dem Tag, an dem man mich fragen wird, die Thronfolge anzutreten, werde ich dazu bereit sein.
Bild: AFP Photo / Belgian Army / Jurgen Brakevelt / HO