Heute weint das ganze Land, schreibt Het Laatste Nieuws. Auch alle anderen Zeitungen stehen im Zeichen der Staatstrauer. Um elf Uhr steht das öffentliche Leben still, meint Le Soir auf seiner Titelseite.
Belgien hält eine Schweigeminute ab und gedenkt der 28 Toten des schweren Busunglücks in der Schweiz. Die Flaggen hängen auf Halbmast. Auch Züge, Busse und U-Bahnen halten um elf Uhr für eine Minute an und stellen ihre Motoren ab. L'Avenir titelt: Belgiens Herz hört dann auf zu schlagen. Im Anschluss an die Schweigeminute sollen um 11.01 Uhr alle Glocken in den Kirchen und Kapellen des Landes läuten. Geplante Großveranstaltungen heute und am Wochenende wurden aus Respekt vor den Opfern abgesagt. Die belgischen Radio- und Fernsehsender passen ebenfalls ihre Programme an.
Ganz in Schwarz
Das ganze Land trauert um seine verlorenen Kinder, titelt das Wirtschaftsblatt L'Echo. Ein ganzes Land vereint in der Trauer, lautet die Schlagzeile bei Gazet van Antwerpen.
La Libre Belgique und Het Laatste Nieuws erscheinen heute ganz in Schwarz. La Dernière Heure kommt auf Seite eins sogar ganz ohne Worte aus. Das Logo der Zeitung ist mit einem Trauerbalken versehen. De Standaard zeigt ein Foto weinender Kinder. Fast 2.000 Menschen haben am Abend an der ergreifenden Gedenkfeier im limburgischen Lommel teilgenommen.
Der tragische Unfall des belgischen Schulbusses lässt niemanden unberührt, ist De Morgen überzeugt. Dieser nationale Trauertag kann uns dabei helfen, das Schreckliche kollektiv zu verarbeiten. Obwohl unsere Gesellschaft immer individualistischer wird, halten wir in diesen schweren Stunden zusammen.
Das sieht auch Le Soir so. Heute gibt es keine Mehrheit und Opposition, keine Flamen und Französischsprachigen. Die Schockstarre gilt sowohl für den Norden als auch für den Süden des Landes. Die Belgier sind bestürzt darüber, dass 22 "ihrer" Kinder nicht mehr heimkehren werden.
Kollektive Trauer
Auch La Libre Belgique meint: Dieses Land, von dem viele denken, es sei "virtuell" und am Rande des Abgrunds, steht heute vor der Verarbeitung eines gemeinsamen Traumas. Heute eint uns der grenzüberschreitende Schmerz und das unendliche Mitgefühl für die Angehörigen der jungen Opfer. Die kollektive Trauer wird zwar den Schmerz der betroffenen Familien nicht lindern können, aber sie zeigt, dass das ganze Land ihnen beisteht.
Das wird die wichtigste Aufgabe für die kommenden Wochen und Monate, ist De Standaard sich sicher. Die größte Gefahr für die Hinterbliebenen ist, in ein tiefes Loch zu fallen. Wir dürfen sie auch in Zukunft nicht alleine lassen.
Het Belang van Limburg bemerkt: Premierminister Elio Di Rupo hat gestern in der Kammer die richtigen Worte gefunden: "Wenn man einen Partner verliert, geht auch ein Teil von einem selbst. Wenn man aber ein Kind verliert, ist man selbst verloren." Der Regierungschef hat recht, meint das Blatt. Kinder sind unersetzbar.
Leichname kommen heute nach Belgien
Het Nieuwsblad notiert: Alle Lehrer wären jetzt gut beraten, mit ihren Schülern über den tragischen Unfall zu sprechen. Denn das Drama aus der Schweiz trifft die Gleichaltrigen hart. Die Kinder haben viele Fragen, und sie begreifen, dass auch sie in dem Bus hätten sitzen können. Es ist wichtig, dass sie umfassend über die Ereignisse informiert werden.
L'Avenir berichtet auf Seite eins, dass die ersten Eltern und verletzten Kinder bereits gestern Abend in Brüssel gelandet sind. Heute sollen die 28 Leichname nach Belgien zurückgeführt werden. Für die Angehörigen der Opfer war gestern ein besonders schwerer Tag. Einige mussten ihre Toten Kinder identifizieren. Und wie unter anderem De Morgen berichtet, wurden sie dann von den Schweizer Behörden an den Ort des traurigen Geschehens gebracht.
Zwei Tage nach dem tragischen Unfall mit dem belgischen Schulbus bleiben viele Fragen offen, notiert unter anderem Le Soir. Was genau ist in dem Autobahntunnel bei Siders passiert? Die Polizei in der Schweiz kann mittlerweile zwar mehrere Möglichkeiten ausschließen. Auf die Frage nach der Unfallursache hat sie aber weiterhin keine schlüssige Antwort. Vielleicht ist der hohe Bordstein in dem Tunnel für den tragischen Unfall mitverantwortlich. Möglicherweise war es aber auch die Unachtsamkeit des Busfahrers.
Wir alle müssen Lehren ziehen
Het Laatste Nieuws meint: Ein Tunnel, in dem ein Bus ungebremst gegen eine Betonwand krachen kann, ist kein sicherer Tunnel. Wir alle werden Lehren aus diesem schrecklichen Unfall ziehen müssen. Ähnlich wie nach dem verheerenden Brand im Brüsseler Kaufhaus Innovation, dem Heysel-Drama oder nach der Zugkatstrophe von Buizingen.
L'Avenir gibt zu bedenken: Sollte der Busfahrer den Unfall durch eine kurze Unaufmerksamkeit verursacht haben, dürfen wir ihn dann wirklich als alleinigen Schuldigen hinstellen? Fassen wir uns doch mal an die eigene Nase. Wie oft ist man als Autofahrer, auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, nicht abgelenkt. Das Unglück von Siders zeigt uns die Grenzen unseres menschlichen Daseins auf. Sowohl den Opfern, als auch den möglichen Schuldigen.
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