Fast alle Zeitungen beleuchten das glückliche Ende der Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Griechenland. Doch ist man sich auch einig: Die Krise in der Eurozone ist damit wohl noch nicht endgültig vorbei. Zweites großes Thema ist der Verzicht der neuen Ecolo-Doppelspitze auf ihre Abschiedsprämien, die ihnen als scheidende Parlamentarier eigentlich zustehen. Ebenfalls weiter im Fokus: die anhaltenden Verhandlungen der Föderalregierung über eine neue Sparrunde.
"Griechenland entgeht dem Chaos", titelt heute La Libre Belgique. "Griechenland bekommt von Dreiviertel seiner Gläubiger einen Blankoscheck", schreibt L'Echo auf Seite eins. Die Gefahr einer Staatspleite in Athen ist offenbar erst mal abgewendet. Mehr als 75 Prozent der Banken und sonstigen Kreditgeber erlassen Griechenland rund die Hälfte seiner Schulden.
Das griechische Damoklesschwert
Die Gefahr für die Eurozone, die von der Griechenlandkrise ausging, ist dafür aber noch nicht gebannt, sind sich viele Leitartikler einig. Für Athen ist das erst der Beginn einer möglichen Schubumkehr, bemerkt etwa Het Belang van Limburg. Die eigentliche Aufbauarbeit muss jetzt noch beginnen. Das Land ächzt unter den drakonischen Sparmaßnahmen, und das wird noch einige Jahre andauern. Ob der Schuldengrad wie erhofft bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandproduktes gedrückt werden kann, ist mehr als fraglich. Das Damoklesschwert hat sich nicht in Luft aufgelöst.
Das scheint auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble so zu sehen, notiert L'Echo. Auch er hegt ernste Zweifel daran, dass Griechenland 2020 wieder auf einigermaßen gesunden Beinen steht. Und nicht vergessen: In einigen Wochen wird in Griechenland gewählt. Sollten dabei Parteien an die Macht kommen, die den jüngsten Sanierungsplan ablehnen, dann geht das griechische Theater von vorne los.
Ähnlich sieht das La Libre Belgique. Man muss Griechenland und seinen Bürgern dringend eine Perspektive geben. Sparmaßnahmen taugen nicht als alleiniges Gesellschaftsprojekt. Hinzu kommt: Nur weil die griechische Bombe entschärft wurde, darf Europa nicht die Hände in den Schoß legen. Es gibt nämlich auch noch andere Wackelkandidaten, angefangen bei Italien, Spanien oder Portugal.
Verzicht auf 270.000 Euro
Fast alle Zeitungen heben heute den bemerkenswerten Schritt der zwei designierten neuen Ecolo-Co-Präsidenten hervor. Sowohl Emily Hoyos als auch Olivier Deleuze verzichten auf die Abschiedsprämien, die ihnen als scheidende Parlamentarier eigentlich zustehen. Emily Hoyos hätte als scheidende wallonische Parlamentspräsidentin einen goldenen Händedruck von 120.000 Euro bekommen. Deleuze standen sogar 150.000 zu.
Der Verzicht der beiden Ecolo-Politiker ist durchaus bemerkenswert, lobt Le Soir. Die moralische Grundeinstellung der beiden ist vorbildlich. Und Ehre, wem Ehre gebührt: Hier hat Ecolo seit jeher Pionierarbeit geleistet. Dies, indem man etwa auch von Anfang an Ämterhäufung untersagt hatte. Spektakulärster Gegenentwurf war der PS-Politiker José Happart, der, als er den wallonischen Parlamentsvorsitz abgab, 530.000 Euro kassierte. Ecolo hatte das seinerzeit an den Pranger gestellt und entsprechend ist es nur konsequent, wenn Hoyos und Deleuze jetzt auf ihre Abschiedsprämie verzichten.
Den beiden neuen Ecolo-Co-Präsidenten hier Populismus zu unterstellen, wäre zu kurz gegriffen, meint L'Avenir. Wer würde sich schon einen Werbecoup 270.000 Euro kosten lassen? Doch sollte man sich bei alldem auch einmal die richtigen Fragen stellen. Zum Beispiel die: Ist es eigentlich normal, dass Abgeordneten dermaßen hohe Entschädigungen zustehen? Sind derlei Privilegien noch zeitgemäß?
Genau da setzt auch Het Nieuwsblad an: Politiker können nicht auf der einen Seite von Otto Normalverbraucher mehr Flexibilität einfordern, sich selbst aber für den Fall des Job-Verlustes goldene Fallschirme zuschustern. Das ist kein Populismus, das ist keine kommunistische Verschwörung, die darauf abzielte, jedem für gleich welche Arbeit die gleiche Entlohnung zu geben. Politiker werden in diesem Land gut bezahlt, und das ist auch ihr gutes Recht. Doch wenn ein ganzes Land zum Sparen verurteilt ist, dann sollten seine Politiker mit gutem Beispiel vorangehen.
135.000.000
Apropos Entlohnung: Beim Biergiganten AB-InBev ist für das Top-Management offensichtlich Zahltag, wie De Morgen auf seiner Titelseite berichtet. Auf 40 Top-Manager wartet ein Bonuspaket von einer Milliarde Euro. Hauptgeschäftsführer Carlos Brito bekommt demnach einen Bonus von 135 Millionen Euro.
Das ist so absurd, dass man eigentlich nur noch darüber lachen kann, meint De Morgen in seinem Kommentar. Ein Bonus von 135 Millionen, das entspricht über 10.000 Nettolöhnen eines Premierministers. Um an eine solche Summe zu kommen, müsste ein Krankenpfleger in einer Uni-Klinik 75.000 Monate arbeiten. Und hier handelt es sich mitnichten um populistische Vergleiche. Alles hat Grenzen. Und das gilt auch für Bierbrauer. Die Bonuszahlungen bei AB-InBev sind eine Schande.
Die "Methode Di Rupo"
Währenddessen sucht die Föderalregierung weiter nach den ominösen zwei Milliarden Euro, die nötig sind, um die EU-Sparvorgaben einzuhalten. De Standaard ist in diesem Zusammenhand hin- und her gerissen. Auf der einen Seite sieht es so aus, dass die Regierung tief in die Trickkiste greift und mitunter einfach die Verbuchung von Ausgaben auf das nächste Jahr verschiebt, und damit in gewisser Weise die Zahlen frisiert. Auf der anderen Seite muss man allerdings zugeben, dass die Gefahr groß ist, mit allzu drastischen Sparmaßnahmen die Wirtschaft abzuwürgen.
Gazet van Antwerpen beleuchtet seinerseits die "Methode Di Rupo". Eins muss man festhalten: Der Mann lässt sich nicht verrückt machen. Man nimmt sich die Zeit, die man braucht, auf einen Tag mehr oder weniger kommt es nicht an. Doch mag die Länge der Verhandlungen auch daraufhin deuten, dass die Regierung einmal mehr gespalten ist. Im Grunde handelt es sich ja hier um eine reine Zweckgemeinschaft, deren einziger Mörtel die ablehnende Haltung der N-VA gegenüber ist. Dieser Koalition mangelt es an Kohärenz, und deshalb trifft man lieber 153 kleine Sparmaßnahmen, als wirklich strategische Weichenstellungen vorzunehmen.
Strafe als Motivationsschub?
Einige Zeitungen haben die jüngsten Zahlen des Nationalen Beschäftigungsamtes ONEM unter die Lupe genommen. Wie Le Soir hervorhebt, wurden im vergangenen Jahr über 25.000 Arbeitslose bestraft, etwa indem ihnen zeitweilig oder gar definitiv die Arbeitslosenunterstützung gestrichen wurde. Eine solche Maßnahme kann aber mitunter offensichtlich ein heilsamer Schock sein, wie Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite hervorhebt. Eine Studie hat demnach gezeigt, dass eine Sanktion oft dazu führt, dass der Betroffene in der Folgezeit schneller einen Job findet.
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