"Frauen machen die Zeitung", titelt heute De Standaard. De Morgen zeigt auf Seite eins seine zwei "Chefredakteurinnen für einen Tag": die bekannte flämische Radiomoderatorin Lisbeth Imbo und Vizepremierministerin Laurette Onkelinx. Das Grenz-Echo hebt seinerseits auf seiner Titelseite die immer noch sichtbarste Diskriminierung von Frauen hervor. Die Schlagzeile: "Weniger Lohn für Frauen."
Braucht die Welt einen Weltfrauentag?
Heute ist Weltfrauentag; für viele Zeitungen Grund genug für eine Reihe von Sonderseiten. De Standaard und De Morgen haben Frauen die Themenwahl überlassen. Le Soir stellt 25 Frauen vor, die vielleicht nicht einer großen Öffentlichkeit bekannt sind, die aber an wichtigen Schaltstellen sitzen. La Dernière Heure bringt auf ihrer Titelseite Fotos von gut 20 bekannten oder prominenten Frauen - die Schlagzeile: Warum diese Frauen keine Männer sein wollen.
Muss man eigentlich im Jahr 2012 den Weltfrauentag noch besonders hervorheben" fragen sich sowohl De Standaard als auch De Morgen in ihren Leitartikeln. Muss man dem Tag noch eine Sonderausgabe widmen" Ja, weil es nach wie vor nötig ist, urteilt De Standaard. Die Chancengleichheit ist immer noch nicht überall Realität. Viele Frauen stoßen auf der Karriereleiter nach wie vor irgendwann an eine gläserne Decke, wo es plötzlich nicht mehr weitergeht. Immer noch verdienen Frauen im Durchschnitt weniger als Männer. Auch bei der Zeitung besteht nur ein Drittel der Redaktion aus Frauen. Die haben jetzt für einen Tag das Heft in die Hand genommen. Und solange das eine Info ist, brauchen wir einen Weltfrauentag.
Auch De Morgen ist ja heute ausdrücklich eine "Frauenzeitung". Das als Symbol für die Forderung nach Gleichwertigkeit. Diese Zeitung wird humorvoll sein, weil Frauen lustig sind, heißt es im Kommentar. Diese Zeitung wird Nachrichten enthalten, weil Frauen wissen wollen, was in der Welt passiert. Diese Zeitung wird Männer zeigen, weil Frauen gerne Männer sehen.
Die Chefredakteurin von Het Nieuwsblad macht bei alldem nicht mit. Weltfrauentag, das suggeriert, dass Frauen eine Minderheit sind. Diese Gedenktage sind im Übrigen inflationär: Es gibt einen Welttag des Brokkoli, einen Welttag der Vegetarier oder Fahrradfahrer, und sogar den Welttag der Toilette. Frauen verdienen mehr, als nur einen Tag im Jahr.
Frauenquote - "Ein notwendiges Übel"
In Le Soir brechen derweil die beiden Föderalministerinnen Annemie Turtelboom und Joëlle Milquet in einem gemeinsamen Interview eine Lanze für die Frauenquote. Das sei vielleicht keine Traumlösung, um den Frauenanteil an den Schaltstellen der Gesellschaft zu erhöhen; eine Frauenquote sei vielmehr ein notwendiges Übel. Die Leitartiklerin von Le Soir schließt sich dieser Haltung an. Nach wie vor muss die Chancengleichheit erkämpft werden. Die landläufige Meinung, dass sich über Emanzipation und Erziehung die Probleme von alleine lösen, hat sich als Trugschluss erwiesen. Leider ist es nach wie vor so: Ohne Gesetze, ohne Quoten stoßen Frauen irgendwann in ihrer Karriere oder in puncto Entlohnung an unsichtbare Grenzen.
Auch L'Echo widmet sich insbesondere der Frauenquote, die seit einigen Monaten für börsennotierte Unternehmen gilt. Demnach muss ja mittelfristig ein Drittel der Aufsichtsräte dieser Betriebe aus Frauen bestehen. Diese Entwicklung kommt nur allzu schleppend voran, meint das Blatt. Viele Unternehmen scheinen den letzten Termin abwarten zu wollen, bis sie die Auflage umsetzen. Dabei darf man nicht vergessen: Diese Frauenquote betrifft allein den Aufsichtsrat, nicht die leitenden, operativen Positionen. Hier fehlt offensichtlich eine Frauenquote. Leider!
Haushaltskontrolle in der Verlängerung
Viele Zeitungen bringen heute auch den letzten Stand der Beratungen über die Haushaltskontrolle. La Libre Belgique, Het Laatste Nieuws und De Standaard sind sich einig: Die Hälfte des Weges ist zurückgelegt. L'Echo bringt heute auf seiner Titelseite eine mögliche neue Einnahmequelle ins Spiel: Die Abgaben auf so genannte Gruppenversicherungen, also Betriebsrenten, könnten erhöht werden; dies für die Einzahlungen, die vor 1993 erfolgt sind. Nach Informationen von Gazet van Antwerpen liegt auch eine mögliche neue Steueramnestie wieder auf dem Tisch. Offensichtlich will die Regierung nun doch versuchen, Steuerschwindler dazu zu ermuntern, ihr Schwarzgeld nach Belgien zurück zu transferieren.
L'Avenir zeigt in seinem Leitartikel fast schon Bewunderung für die Kreativität der Regierung. Wenn es darum geht, die Staatskassen zu füllen, wird ganz offensichtlich tief in die Trickkiste gegriffen. Beispiel: Gewisse Einschnitte erfolgen in zwei Etappen: Erst werden die Gelder angeblich nur eingefroren - wenn es in der Folge nicht einen Aufschrei der Entrüstung gibt, wird aus einer zeitweiligen eine permanente Maßnahme.
Auch im Ausland ist man offensichtlich angesichts der belgischen Kreativität beeindruckt, wie Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel hervorhebt. In Holland etwa schwärmt eine Zeitung schon von einer "Methode Di Rupo". Die Belgier schaffen es offensichtlich, Milliardenbeträge einzusparen, ohne dass es wehtut. Klar, meint das Blatt: Die Zeugnisse werden erst am Ende des Jahres vergeben. Nichtsdestotrotz könnte man im Moment fast schon den Eindruck haben, dass Belgien irgendwie als Musterland durchgeht.
Super-Tuesday alles, aber nicht "super"
Einige Zeitungen schließlich kommen in ihren Leitartikeln noch einmal auf den ominösen Super-Tuesday, den Super-Dienstag, in den USA zurück. Bei den Vorwahlen der Republikaner wurde in insgesamt zehn Staaten gewählt. Ein klarer Favorit hat sich aber auch dabei nicht herauskristallisiert. Die Republikaner geben eine eindrucksvolle Selbstzerfleischung zum Besten, analysiert Het Belang van Limburg. Und genau vor diesem Hintergrund kann sich der demokratische Amtsinhaber Barak Obama gelassen zurücklehnen, meint Gazet van Antwerpen. Je gespaltener die Konkurrenz, desto wahrscheinlicher ist Obamas Wiederwahl Ende dieses Jahres. Die Kandidatenkür der Republikaner bewegt sich auf einem erschreckend niedrigen Niveau, meint auch La Libre Belgique. Jeder mögliche Kandidat ist in gewisser Weise nur zweite Wahl. Das ist wohl ein Grund mehr, auf eine Wiederwahl von Obama zu hoffen.
Archivbild: BRF Fernsehen