Viele Zeitungen kommentieren die gestiegene Anzahl Verkehrstote auf Belgiens Straßen. Außerdem auf den Titelseiten: die anhaltende Suche der Föderalregierung nach zwei Milliarden Euro, eine neue Spur der Killerbande von Brabant und die Gräueltaten des Assad-Regimes in Syrien.
"Verkehrsexperten fordern drastische Maßnahmen", schreibt Gazet van Antwerpen. Sie reagieren damit auf die Anzahl Verkehrstote auf Belgiens Straßen. Zum ersten Mal seit Jahren fällt die Bilanz wieder negativ aus. Im vergangenen Jahr sind 770 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen, knapp vier Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Ähnlich wie die Grünen fordert De Standaard die Einführung des Punkteführerscheins. In unseren Nachbarländern besteht das System seit Jahren. Und dort geht die Anzahl Unfälle kontinuierlich zurück. Wer öfter Verkehrsübertretungen begeht, wird härter bestraft. Ist das Punktekonto voll, folgt automatisch der Führerscheinentzug. Das Schlimme ist, notiert die Zeitung: Auch in Belgien besteht der Punkteführerschein, sogar schon seit 1990. Doch wie so oft in Belgien wurde das entsprechende Gesetz nie ausgeführt. Die Behörden müssen das so schnell wie möglich ändern.
Nicht nur die Polizei steht in der Pflicht
Het Laatste Nieuws dagegen meint: Der Punkteführerschein allein bringt nichts. Die Polizei muss verstärkt und flächendeckend Kontrollen durchführen. Wer zu schnell fährt oder sich betrunken hinters Steuer setzt, darf nicht ungestraft davonkommen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Verkehrsübertretung erwischt zu werden, muss höher liegen.
L'Avenir findet: Natürlich tragen die Autofahrer die größte Verantwortung. Aber auch die in die Jahre gekommene Infrastruktur und der schlechte Straßenzustand tragen zu der hohen Anzahl Verkehrstote bei. Außerdem stellt das Blatt einen Mentalitätsunterschied fest. Wie ist es zu erklären, dass der Anstieg mit knapp neun Prozent in der Wallonie besonders drastisch ausfällt? Nach Ansicht der Zeitung sind die wallonischen Politiker nicht konsequent genug. Auf Flanderns Straßen stehen dreimal mehr Radargeräte. Außerdem werden viel mehr Alkoholkontrollen durchgeführt.
"Dauerwahlkampf" bremst Reformen
Das Wirtschaftsblatt L'Echo stellt fest: Die Föderalregierung kommt bei der Suche nach zwei Milliarden Euro nur mühsam voran. Schritt für Schritt beschließt die Koalition kleine Sparmaßnahmen. Das Ziel ist es, die Bevölkerung wenig hart zu treffen.
La Libre Belgique notiert: Jetzt droht ein Streit mit den Teilstaaten. Für einige so genannte Phantombefugnisse will die Regierung nicht mehr zahlen. Gemeint sind Zuständigkeiten, die die Gemeinschaften und Regionen längst ausüben, aber für die die föderale Ebene noch bezahlt. Dazu zählen unter anderem die Politik für die Großstädte und einige Aufgaben im Gesundheitsbereich.
Het Nieuwsblad findet: Statt zu trödeln, sollte die Regierung jetzt lieber Gas geben. Doch das Team um Regierungschef Di Rupo ist für seine minutiöse Arbeit bekannt. An allen Ecken und Kanten werden kleine Kürzungen vorgenommen. Niemand traut sich, mit großen Sparmaßnahmen an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Kommunalwahl vom Herbst wirft bereits ihre Schatten voraus. Außerdem stehen im Mai Sozialwahlen an. Sozusagen Dauerwahlkampf. Da will sich niemand unbeliebt machen.
Neue Spur der Killerbande von Brabant
Le Soir meldet auf Seite eins: Die Ermittlungen zur Killerbande von Brabant werden neu aufgerollt. Polizei und Justiz verfolgen eine neue DNA-Spur - über 25 Jahre nach dem letzten blutigen Attentat. Auf das Konto der Killerbande gehen 28 Tote. Mitte der 80er-Jahre verübte die Unbekannten brutale Übergriffe und schossen vor Delhaize-Supermärkten wild um sich. Die Vorfälle wurden bis heute nicht aufgeklärt.
Die Zeitung hält fest: Die Justiz ist fest entschlossen, den Fall zu lösen. Das hat Justizministerin Annemie Turtelboom den Opferfamilien gestern in Charleroi erklärt. Le Soir meint: Das ist illusorisch. Im November 2015, 30 Jahre nach dem letzten Anschlag, verjähren die Bluttaten. Bis dahin die Schuldigen finden, einen Prozess vorbereiten und ein Urteil fällen, das kommt einer "Mission Impossible" gleich.
Das syrische Srebrenica
De Morgen befasst sich auf seiner Titelseite mit den Gräueltaten in Syrien. Die Kinder in der Oppositionshochburg Homs müssen die Zeche zahlen, schreibt das Blatt und druckt den Bericht einer entsetzten Mutter ab: Ihrem zwölfjährigen Sohn haben Regime-Anhänger vor ihren Augen die Kehle durchgeschnitten. Auch andere Einwohner der Stadt berichten von ähnlich grausamen Taten. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie Verletzte von Assad-Getreuen in Krankenhäusern gefoltert werden. Ihnen werden die Beine gebrochen und Elektroschocks verpasst.
Die Zeitung ist davon überzeugt: Das syrische Homs gleicht der bosnischen Enklave Srebrenica. Dort haben serbische Milizen in den 90er Jahren tausende Unschuldige wahllos massakriert. Dasselbe passiert derzeit in Syrien. Und die Weltgemeinschaft schaut tatenlos zu. Ähnlich wie beim Völkermord in Ruanda. In einigen Monaten, glaubt das Blatt, wird die Welt beschämt und voller Schuldgefühle auf die Gräueltaten in Syrien zurückblicken.
Archivbild: belga