Sparen, sparen, sparen. Auch heute stehen die Haushaltszwänge ganz klar im Mittelpunkt der Berichte und Kommentare in der Tagespresse. Auf der einen Seite muss die Föderalregierung mit deutlich abgekühlten Konjunkturaussichten leben. Auf der anderen Seite hat sich ja auch Griechenland ein neues drastisches Sparpaket auferlegen müssen.
"Das Haushaltsloch wird immer noch tiefer", titelt heute De Standaard. "Di Rupo muss mindestens 1,5 Milliarden Euro finden, um den Haushalt in der Spur zu halten", schreibt De Morgen auf Seite eins. L'Echo ist noch pessimistischer: Es fehlen 2,5 Milliarden Euro, so die Schlagzeile. Das so genannte Planbüro hat seine neusten Wirtschaftsprognosen vorgelegt.
Stagnation
Demnach dürfte sich das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 0,1 Prozent belaufen. Das ist im Grunde noch die gute Neuigkeit, stellt Le Soir auf seiner Titelseite fest: Die Wirtschaft wird wenigstens nicht schrumpfen. Die schlechte Neuigkeit ist allerdings, dass die Regierung beim Schnüren des Haushaltes ursprünglich von einem Wachstum von 0,8 Prozent ausgegangen war. Und selbst eine Differenz von 0,7 Prozentpunkten rechnet sich gleich in Milliarden.
Die genauen Zahlen liegen noch nicht vor, die letzten Simulationen der verschiedenen Expertengruppen sollen erst in etwa zwei Wochen vorliegen. Genau deswegen wird die Haushaltskontrolle denn auch um eine Woche verschoben und soll jetzt am ersten Märzwochenende stattfinden, wie L'Avenir erfahren hat.
Besagte Haushaltskontrolle, das wird ein erster Härtetest für die Regierung Di Rupo, notiert Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Es ist bekannt, dass es einen tiefen Graben gibt zwischen den flämischen Liberalen, Open-VLD, und den frankophonen Sozialisten PS. Beide Parteien liegen so ungefähr in allen entscheidenden Punkten über Kreuz. Es stehen ohne Zweifel schwierige Wochen bevor.
Abmilderung der Rentenreform
Die Koalition streitet ja im Augenblick schon über mögliche Nachbesserungen an der Rentenreform. Für einige Berufsgruppen, deren Job als anstrengend eingestuft wird, sollen Ausnahmeregelungen vorgesehen werden. Genau das fordert Innenministerin Joëlle Milquet auch für Feuerwehrleute, die nach ihrem Willen mit 58 Jahren in den Ruhestand gehen sollten.
Allerdings hat diese Diskussion jetzt noch eine ganze Reihe von anderen Berufsgruppen auf den Plan gerufen, wie Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite hervorhebt. "Jetzt will plötzlich jeder das Renteneinstiegsalter drücken", so die Schlagzeile. Das Eintreten von Joëlle Milquet für die Feuerwehrleute erweist sich für die Regierung als Bumerang. "Jetzt stören sogar Rattenfänger die Rentenreform", bringt es Het Nieuwsblad in seiner Schlagzeile auf den Punkt. Auch Gefängniswärter und Lotsen bitten die Regierung um eine Abmilderung der Rentenreform.
"Es ist zum Heulen"
"Jetzt reicht's", sind sich viele Leitartikler einig. Jeder wird wohl von sich selbst behaupten, einen anstrengenden Beruf auszuüben, sei es körperlich, sei es psychisch, meint etwa Het Laatste Nieuws. Viele Menschen haben bestimmt gute Gründe, einen Anspruch darauf zu erheben, früher in den Ruhestand zu gehen. Auf der anderen Seite sollte aber auch jedem einleuchten, dass eine entschlossene Rentenreform alternativlos ist. Wenn die Regierung auf alle Wünsche der verschiedenen Berufsgruppen eingehen würde, dann läuft die Reform ins Leere. Schon jetzt hat sie so viele Ausnahmeregelungen vorgesehen, dass es fast schon wieder zum Heulen ist, meint Het Laatste Nieuws.
Ähnlich sieht das De Morgen. Warum etwa darf das fahrende Personal der SNCB nach wie vor mit 55 Jahren in den Ruhestand gehen? Wäre es nicht möglich, einem Zugbegleiter oder einem Lokführer ab einem gewissen Alter innerhalb der SNCB eine andere Aufgabe zuzuweisen? Es leuchtet auch ein, dass ein Feuerwehrmann nicht mehr mit 62 Jahren auf der Leiter stehen kann, um einen Brand zu löschen. Allerdings: Jede Ausnahme ist gesellschaftlich schwer zu verkaufen. Und außerdem kostet jede Abweichung von der allgemeinen Regel Geld.
Die falsche Frage
Es wird schlicht und einfach die falsche Frage gestellt, analysiert Het Nieuwsblad. Es geht nicht darum, wie anstrengend der eine oder der andere Job ist. Vielmehr müssen wir uns die Frage stellen, wie wir das Arbeitsleben künftig organisieren. Muss ein und derselbe Job für einen 35-Jährigen genauso aussehen, wie für einen 60-Jährigen? Wie kann man betriebsintern die Lasten neu verteilen? Eins steht jedenfalls fest: Die schlechteste Idee wäre es, strenge Normen vorzugeben, die aber danach durch eine endlos lange Liste von Ausnahmen quasi ausgehöhlt würde.
De Standaard sieht das genauso. Wie kann man älteren Arbeitnehmern eine Aufgabe geben, die ihrem Alter entspricht? Das, und nur das ist die Kernfrage. Dass eine Antwort darauf schwierig ist, darf nicht zur Folge haben, dass man dafür gleich die falsche Frage stellt. Auch ein Fußballspieler oder eine Balletttänzerin wissen, dass sie ihren Job nicht ewig machen werden. In diesem Zusammenhang sind aber auch die Arbeitgeber gefragt, die in ihren Betrieben Strategien entwickeln müssen, um ältere Arbeitnehmer länger zu beschäftigen.
All die Gefängniswärter, Feuerwehrleute, Lotsen oder Rattenfänger, die jetzt Ausnahmen für ihre Pensionsregelungen verlangen, sollten vielleicht mal mit ihren griechischen Kollegen Kontakt aufnehmen, mahnt Gazet van Antwerpen. Gemessen an dem, was den Griechen jetzt schon wieder an Einschnitten blüht, leben wir in Belgien noch quasi im Schlaraffenland. Die Griechen werden regelrecht von Europa gedemütigt.
Armes Griechenland!
"Athen beugt sich dem Spardiktat", titelt denn auch das Grenz-Echo. "Griechenland geht zurück ins Glied", schreibt La Libre Belgique. Griechenland hat ja einem neuen drastischen Sparprogramm zugestimmt. Die darin vorgesehenen Einschnitte sind mitunter beispiellos. Dabei stand das Land ja jetzt schon am Abgrund, bemerkt L'Echo. Griechenland steckt mehr denn je im Würgegriff.
Le Soir ist denn auch pessimistisch: Die Rosskur kann nur scheitern. Niemand glaubt ernsthaft, dass eine solche Therapie den Patienten heilen kann. Es ist vielmehr die Chronik eines angekündigten Todes. Der Preis ist viel zu hoch, konstatiert auch L'Avenir. Man sollte sich einmal die Frage stellen, welches andere Land seinen Bürgern dermaßen den Strick um den Hals legen kann und das zudem ohne die Hoffnung auf eine schnelle Erholung.
Der deutschsprachige Gerichtsbezirk
Le Soir schließlich ist auf die Bemühungen der Deutschsprachigen aufmerksam geworden, die für den Erhalt des deutschsprachigen Gerichtsbezirks eintreten. Gestern hatten insbesondere die beiden deutschsprachigen Vertreter im Senat, Claudia Niessen und Louis Siquet, die föderale Justizministerin Annemie Turtelboom über die Zukunft des Gerichtsbezirkes befragt. Und auch Le Soir kann nur feststellen: Die diesbezügliche Antwort der Ministerin war mehr als kryptisch. Eine Garantie für den Erhalt des Gerichtsbezirkes gab es jedenfalls nicht.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)