Weitere Themen sind die Rentenreform und ein peinlicher Zwischenfall bei einer Podiumsdiskussion an der ULB.
Ein Pottwal ist heute auf vielen Titelseiten zu sehen. Jener Pottwal, der gestern an den Strand von Knokke-Heist gespült wurde. Der Meeressäuger ist kurz danach verendet. Der Kadaver wurde schnell zu einer veritablen Touristenattraktion.
Die Fundstelle wurde die ganze Nacht über bewacht. Ein Grund dafür steht in Het Nieuwsblad zu lesen: Die Elfenbeinzähne des Pottwals sind eine Menge Geld wert; deswegen dürfe man den Kadaver nicht aus den Augen lassen.
Kältetote und Grippewelle
Viele Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit der Kältewelle und ihren Folgen. "Schon drei Kältetote", titelt heut Het Laatste Nieuws. Dabei handelt es sich offenbar um ältere Menschen, die plötzlich verschwunden waren und nicht schnell genug wieder aufgespürt werden konnten.
"Grippe-Epidemie im Anmarsch", schreibt derweil Het Nieuwsblad auf Seite eins. Demnach ist die Schwelle fast erreicht, ab der man von einer Epidemie sprechen kann: 138 Patienten je 100.000 Einwohner.
De Morgen sorgt sich derweil auf seiner Titelseite weiter um das Schicksal von obdachlosen Asylbewerbern. Die Ausländerbehörde Fedasil macht demnach eine beunruhigende Feststellung: Wenn genauso viele Asylbewerber in Belgien anklopfen wie im letzten Jahr, dann braucht das Land zwischen 7.000 und 10.000 Auffangplätze mehr. Die zuständige Staatssekretärin De Block will diese neuen Strukturen aber nicht schaffen.
Kaputtgespart
Das Thema "Armut" steht auch im Mittelpunkt vieler Leitartikel. Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit der Bekämpfung der Krise und stellt fest: Europa droht sich buchstäblich kaputt zu sparen. Selbst ein hoher Verantwortlicher der Ratingagentur Standard & Poor's räumt inzwischen ein, dass man sich nicht auf den radikalen Abbau der Staatsverschuldung beschränken sollte. Vielmehr bedürfe es auch konjunkturbelebender Maßnahmen. Wer nur aufs Sparen setzt, dem droht die Depression. Griechenland ist das beste Beispiel. Dort gilt inzwischen: Wer sich oder seinen Kindern eine Perspektive geben will, der verlässt seine Heimat.
"Auch die Griechen sind Europäer", notiert auch De Morgen in seinem Kommentar. Innerhalb kürzester Zeit ist Griechenland abgerutscht auf das Niveau eines Viertewelt-Lands. Es gibt sogar schon Berichte über Kinder oder Studenten, die vor Hunger in Ohnmacht fallen. Das alles hat nur noch wenig mit dem europäischen Traum zu tun, in dessen Mittelpunkt einmal Ideen wie Zusammenarbeit oder Solidarität standen. Dass in Griechenland aufgeräumt werden muss, steht außer Frage. Muss das aber gleich zur Folge haben, dass Menschen Hunger leiden? fragt sich das Blatt.
Armut in Europa
Gerade erst hat die europäische Statistikbehörde Eurostat die neusten Zahlen Armutszahlen vorgelegt. Und die sind dramatisch, wie etwa Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel festhält. 115 Millionen EU-Bürger sind von Armut bedroht, das ist fast ein Viertel der europäischen Bevölkerung. Das Phänomen macht freilich nicht an den belgischen Grenzen Halt. Selbst nachdem der Staat unterstützend tätig geworden ist, sind immer noch 1,5 Millionen Belgier von Armut oder soziale Ausgrenzung bedroht. Aus dieser Zwangslage führt im Grunde nur ein Weg: In Belgien müssen schnellstens mehr Menschen ins Arbeitsleben integriert werden.
Wir können noch von Glück reden, dass es hierzulande noch soziale Auffangnetze gibt, konstatiert Gazet van Antwerpen. Und doch leben 15 Prozent unter der Armutsgrenze. Das ist einer gesunden Gesellschaft unwürdig. Hier bedarf es in ganz Europa eines schlagkräftigen Aktionsplans. Man darf die Bekämpfung der Armut nicht allein Wohltätigkeitsorganisationen überlassen.
De Standaard widmet seinen Leitartikel dem so genannten Muffin-Man. Dieser Mann stand in Gent vor Gericht, weil er aus der Mülltonne eines Supermarktes Lebensmittel entnommen hatte. Die Supermarktkette hatte den Mann daraufhin wegen Diebstahls verklagt. Ein Berufungsgericht hat ihn gestern freigesprochen. Der Muffin-Man ist dafür immer noch kein Held und geht auch nicht als Rollenmodell durch, meint dazu das Blatt. Nichtsdestotrotz hat er durch sein Verhalten dafür gesorgt, dass einmal gewissen Abgründe unserer Gesellschaft ans Licht kommen, insbesondere unser Umgang mit Lebensmitteln. Die Kunden, für die zu jeder Zeit möglichst alle Produkte in ausreichender Menge verfügbar sein müssen, sollten sich einmal die Frage stellen, welche Folgen diese Erwartungshaltung haben kann.
Falsche Zahlen und abgewürgte Diskussionen
Einige Zeitungen befassen sich mit den jüngsten Bestrebungen der Föderalregierung, die Auswirkungen der Rentenreform für gewisse Berufsgruppen abzumildern. Het Laatste Nieuws sieht schon Hinweise auf einen handfesten Streit in der Koalition zwischen der CDH und der Open-VLD. De Morgen weiß zu berichten, dass die Regierung zum Teil von falschen Berechnungsgrundlagen ausgegangen ist. Der Grund: Die Zahlen, die der ehemalige Pensionsminister Michel Daerden geliefert hatte, waren nicht korrekt.
Le Soir und La Libre Belgique befassen sich heute mit einem Zwischenfall bei einer Podiumsdiskussion an der ULB, der Freien Universität Brüssel. Die Veranstaltung zum Thema Rechtsextremismus musste abgebrochen werden, weil eine Gruppe von Störenfrieden gegen die Präsenz einer Journalistin protestiert hatte. Die Frau ist wegen ihrer provokanten Thesen bekannt.
Dass dafür aber eine Debatte nicht mehr zustande kommen kann, ist inakzeptabel, sind sich beide Zeitungen einig. Wer gedacht hätte, dass diese modernen Zeiten quasi zwangsläufig einen offenen Ideenaustausch zulassen, der sieht sich getäuscht, meint etwa La Libre Belgique. In vielen Bereichen der Gesellschaft ist nach wie vor Intoleranz Trumpf. Die Aktivisten haben die belgische Demokratie entehrt, donnert Le Soir. Insbesondere die ULB sollte jetzt ein Zeichen setzen für Toleranz und gegen jegliche Attentate auf Gedanken- oder Meinungsfreiheit.
Elsen-was?
L'Avenir schließlich macht sich in einer Glosse über die Medienkollegen lustig, die in den letzten Tagen sehr viel Einfallsreichtum an den Tag gelegt haben, um die Kältewelle bin in den letzten Winkel auszuleuchten. Das hat aber zumindest eine positive Nebenwirkung zur Folge gehabt: Jetzt weiß wenigstens jeder, wo Elsenborn liegt. Bislang war Elsenborn für den gemeinen Belgier, was Sibirien für den Russen sein muss: ein Ort, dessen Existenz jeder kennt, wo aber nie jemand gewesen ist. Seit den Live-Schaltungen der Fernsehsender wissen wir jetzt: Elsenborn existiert, es ist sogar ein richtiges Dorf mit einer Kirche und sogar einem Fußballclub. Und dort leben Leute, sogar freiwillig, im Sommer wie im Winter.
Bild: AFP