Hier steht vor allem die zuständige Staatssekretärin für Asyl- und Einwanderungspolitik Maggie De Block in der Kritik.
Einige Zeitungen machen aber auch schon mit der Katastrophe in einem ägyptischen Fußballstadion gestern Abend auf. "Mindestens 73 Tote bei Fußball-Ausschreitungen", titelt heute Het Laatste Nieuws. Gazet van Antwerpen spricht von "Nie gesehener Fußball-Gewalt".
"Fußballspiel endet in Tragödie", schreibt La Libre Belgique auf Seite 1. Ereignet hat sich die Katastrophe gestern Abend, als nach einem Fußballspiel die Anhänger der Heimmannschaft auf die Gäste-Fans losgingen.
Het Laatste Nieuws spricht von einer "Hetzjagd". Die Rede ist von mehr als 70 Toten und 1.000 Verletzten. Beobachtern zufolge gibt es möglicherweise einen politischen Hintergrund, könnten Anhänger des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak hinter den Ausschreitungen stecken.
"Asyl-Zirkus"
Im Mittelpunkt stehen aber heute die klirrende Kälte und ihre Folgen. "Thermometer fällt auf neue Tiefststände", titelt etwa das Grenz-Echo. Die eisigen Temperaturen haben ja mit einem Mal die Diskussion über die Unterbringung von obdachlosen Asylbewerbern wieder angestoßen. Nachdem sie ursprünglich keinen Handlungsbedarf gesehen hatte, ging die zuständige Staatssekretärin Maggie De Block gestern in die Offensive: De Block kündigte die Schaffung von 800 zusätzlichen Plätzen in Notunterkünften an.
"Eine total verrückte Asylpolitik", titelt in diesem Zusammenhang Le Soir. Gazet van Antwerpen spricht von einem "Asylzirkus". "Ein offener Brief an Maggie De Block sorgt für Aktivismus", fasst es De Standaard zusammen. Gestern hatte ja der verantwortliche Krisenmanager des Ministeriums Alarm geschlagen und gewarnt, dass es an Aufnahmekapazitäten mangele. Erst gegen Mittag gab es eine erste Reaktion der Staatssekretärin, wie Het Laatste Nieuws rekonstruiert. Maggie De Block hat hier offensichtlich einen Einschätzungsfehler begangen, den Ernst der Lage nach dem Wintereinbruch unterschätzt, urteilt Le Soir.
La Libre Belgique übt ihrerseits Kritik an dem besagten Krisenmanager, der die Sache ins Rollen gebracht hat: "Erst schafft er es nicht, ausreichend Aufnahmeplätze zur Verfügung zu stellen, und dann fällt er auch noch seiner Staatssekretärin in den Rücken", zitiert das Blatt einen PS-Politiker.
Wer ist schuld?
Die Position von Maggie De Block steht derweil nicht zur Debatte, konstatiert unter anderem Gazet van Antwerpen: Insbesondere die beiden liberalen Koalitionspartner stehen hinter der Staatssekretärin für Asyl- und Einwanderungspolitik.
Auch Het Laatste Nieuws nimmt De Block in seinem Leitartikel in Schutz. In diesem Job kann man unmöglich alles richtig machen: Für den einen ist man zu nachsichtig, für den anderen unmenschlich. Die Kritiker von Maggie De Block sollten sich vielleicht mal in ihre Lage versetzen, bevor sie die Frau an den Pranger stellen. Dies zumal Maggie De Block jetzt die Alleinverantwortliche für die gesamte Einwanderungsproblematik ist. In der Vorgänger-Regierung teilten sich acht Minister diese Zuständigkeit.
Genau an diesen Umstand erinnert auch Gazet van Antwerpen: In der Vergangenheit war die Zuständigkeit zersplittert, entsprechend konnten sich ein halbes Dutzend Minister gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. Doch sollte man inzwischen eingesehen haben, dass man das Übel an der Wurzel packen muss: Der Strom der Einwanderer muss kleiner werden. Maggie De Block für die jüngsten Probleme verantwortlich zu machen, wäre denn auch zu kurz gegriffen. Schuld sind vielmehr vor allem PS und cdH, die durch ihre Politik in der Vergangenheit Belgien eine gewisse Anziehungskraft gegeben haben.
Alle Jahre wieder?
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich: Im Grunde kocht diese Problematik nur einmal im Jahr hoch, und zwar dann, wenn die Temperaturen unter null fallen, frei nach dem Motto: Je kälter es draußen ist, desto heißer die Diskussion. Dabei wird gerne vergessen, dass wir es mit einem Dauerproblem zu tun haben. Und dafür gibt es nur eine Lösung: eine entschlossene und kohärente Einwanderungspolitik. Das ist im Übrigen auch im Interesse der Asylbewerber, denen man de facto falsche Hoffnungen gemacht hat. Im Moment gibt es in dieser Thematik nur Verlierer.
Jeder weiß, dass Belgien seine Einwanderungspolitik nicht unter Kontrolle hat, urteilt derweil De Standaard. Und auch diese Koalition hat in dieser Problematik mal wieder keine klare politische Vision. Resultat: Der Strom von Einwanderern reißt nicht ab, die Prozeduren dauern immer länger und die Abschiebung derer, die keine Chance auf politisches Asyl haben, erfolgt nur halbherzig. Dass dafür aber am Ende Menschen bei klirrender Kälte die Nacht unter freiem Himmel verbringen müssen, ist unannehmbar. Klar muss man an die Außenwelt das Signal geben, das Belgien nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen kann. Dieses Signal darf aber nicht in Form von Kältetoten erfolgen.
De Morgen schlägt in dieselbe Kerbe. Die Staatssekretärin hat nur kurzfristig für Abhilfe gesorgt. In einigen Wochen, wenn's wieder wärmer wird, dann verbringen wieder ganze Familien die Nacht im Freien, ohne dass es jemanden interessiert. In der Regel misst man den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft an der Art und Weise, wie diese mit den Schwächsten umgeht. Wendet man diese Regel auf Belgien an, dann sieht es düster aus.
Anhebung der Mehrwertsteuer?
In vielen Zeitungen ist heute quasi dieselbe Schlagzeile zu lesen: "Belgien steckt jetzt offiziell in einer Rezession". Es ist in der Tat das dritte Quartal in Folge, in dem die Wirtschaft schrumpft. Vor diesem Hintergrund wird es für die Regierung nur noch schwerer, den Haushalt in der Spur zu halten. Mit Blick auf die Haushaltskontrolle von Ende Februar macht jetzt einen neue Idee die Runde: Der Staat könnte die Mehrwertsteuer anheben. Auch PS-Vizepräsident Philippe Moureaux schließt diese Idee nicht mehr grundsätzlich aus, wie La Dernière Heure festhält.
Le Soir rechnet seinerseits vor: Eine Anhebung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt würde dem Staat Zusatzeinnahmen in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro bescheren. Die Mehrwertsteuer ist die ungerechteste aller Abgaben, meint das Blatt aber auch die geruchloseste.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)