Blickfang in den meisten Zeitungen der Inlandspresse ist heute die klirrende Kälte und die damit zusammenhängende Unterbringung der Obdachlosen. Weitere Kommentarthemen sind das europäische Geld für den Aufschwung, die Krise im Baufach und der gestrige Neujahrsempfang der Körperschaften bei König Albert II.
Zum Thema Kälterekord und der Unterbringung von Obdachlosen und Asylbewerbern schreibt Het Laatste Nieuws, dass Hunderte von ihnen die Nächte im Freien verbringen müssen, weil die zuständige Staatssekretärin De Block sich weigert, zusätzliche Auffangplätze zu schaffen. Ihres Erachtens wird damit das Problem nicht gelöst, denn es würde nur noch mehr Asylbewerber nach Belgien anlocken. Trotzdem findet die Zeitung die derzeitigen Zustände abscheulich und beschämend für ein zivilisiertes Land.
Schlafplätze und ein Bus
De Standaard schreibt dazu in seinem Leitartikel: Es kann doch nicht so schwierig sein, neue Schlafplätze zu finden, sowie einen Bus, der die obdachlosen Asylbewerber dorthin bringt. Trotzdem bringt das in Belgien jede Menge Probleme mit sich. Staatssekretärin De Block muss so schnell wie möglich dafür sorgen, dass sie ihrer Asylpolitik eine Vision und eine Perspektive gibt, und sich dann die Mittel beschaffen, um dies zu verwirklichen. Die Vision, das ist ihre Sache, doch für die Mittel zur Umsetzung muss die gesamte Regierung sorgen, so urteilt De Standaard.
Le Soir notiert im gleichen Kontext: Im Grunde ist die Regierung mit Staatssekretärin De Block einverstanden, wenn diese sich dafür einsetzt, die Zahl der eintreffenden Asylbewerber zu begrenzen, die Prozedur über die Anerkennung des Bleiberechts zu beschleunigen und dafür einzutreten, dass jene, die abgewiesen werden, so rasch wie möglich in ihr Herkunftsland zurückkehren. In Erwartung dieser Entscheidung, so heißt es weiter in Le Soir, hat der Staat jedoch die Pflicht, diese Menschen unterzubringen, erst recht bei den derzeitigen Temperaturen. Eine dieses Namens würdige Asylpolitik muss auch den humanitären Erfordernissen gerecht werden.
Krise durch Unsicherheit am Bau
Das Grenz-Echo befasst sich mit dem Baufach und beschreibt die dortige Lage als äußerst prekär. Gezeichnet ist die Situation von einem geringeren Vertrauen der Unternehmer, schlecht gefüllten Auftragsbüchern, weniger Baugenehmigungen und mehr Konkursen. Damit ist die Lage am Bau noch schwieriger, als zum Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008.
Kommentierend meint dazu Het Belang van Limburg: Diese Krise ist nicht zuletzt auf die Unsicherheit bezüglich der steuerlichen Abzugsfähigkeit beim Kauf, Bau oder Umbau einer Wohnung zurückzuführen. Um diese Unsicherheit aus der Welt zu schaffen, muss das gemeinschaftspolitische Abkommen so rasch wie möglich umgesetzt werden. Erst dann wissen die Regionen, wo sie dran sind, und können dann ihrerseits Maßnahmen ergreifen, um das Baufach steuerlich zu stimulieren.
80 Milliarden Euro für Arbeitsplätze
La Libre Belgique widmet ihren Leitartikel der Entscheidung des jüngsten Brüsseler EU-Gipfels, über 80 Milliarden Euro in den europäischen Strukturfonds zu mobilisieren, und somit für einen neuen Aufschwung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu sorgen. Diese Maßnahme kann man nur begrüßen, so urteilt die Zeitung. Doch gilt es jetzt, sie so rasch wie möglich in die Tat umzusetzen. Neue Hoffnung und neues Vertrauen in Europa schaffen, dazu sind Taten wichtiger als noch so schöne Worte. Doch gerade an Taten hat es Europa in der Vergangenheit oft fehlen lassen.
Kritik am König
Gazet van Antwerpen kommentiert den gestrigen Neujahrsempfang der Körperschaften bei König Albert II. Diesbezüglich findet die Zeitung es störend, dass der König insbesondere Premierminister Di Rupo lobte, nicht zuletzt für seine Geduld und Ausdauer bei der Regierungsbildung. Das war vielleicht gut gemeint, doch sollte der König über den Parteien stehen, und sich nicht in solche Dinge einmischen. Ob der Premierminister und die Regierungsparteien für ihre Arbeit belohnt werden, darüber haben allein die Wähler zu entscheiden, so urteilt die Zeitung.
Regionalisierung der Tarifverhandlungen?
De Morgen kommentiert die Absicht des flämischen Ministerpräsidenten Kris Peeters, den sozialen Dialog und die Tarifverhandlungen für die Privatwirtschaft zu regionalisieren. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich bisher solchen Versuchen erfolgreich widersetzt. Höchstwahrscheinlich, so mutmaßt die Zeitung, wird auch der Versuch des flämischen Ministerpräsidenten nicht viel bewerkstelligen. Trotzdem wird eine Verschiebung vom Föderalen in Richtung des Regionalen auch hier deutlich. Sollte bei den kommenden Sozialgesprächen auf föderaler Ebene nicht viel erreicht werden, so könnten das derzeitige System weiter unter Druck geraten und die Regionalisierung der Lohnverhandlungen nicht länger aufzuhalten sein.
Bild: Reginald Dierckx (belga)