Große Beachtung findet in den meisten Zeitungen erneut der für Montag in Belgien angekündigte Generalstreik. Dabei heben sämtliche Blätter die Verteiltheit hervor, die diese Aktion landesweit hervorruft.
Das Grenz-Echo titelt: Am Generalstreik scheiden sich die Geister. Die einen sind dafür, die anderen dagegen. Die einen unterstreichen ihr Recht zu streiken und die anderen ihr Recht zu arbeiten.
Die Folge ist, dass die Streikvorbereitung ziemlich chaotisch verläuft, so hebt Gazet van Antwerpen hervor. Selbst die drei großen Gewerkschaften des Landes seien sich untereinander nicht einig. Lediglich die Arbeitgeberseite ziehe an einem Strang.
De Standaard weist darauf hin, dass der Streik sogar in der Regierung für Spannungen sorgt, insbesondere zwischen den frankophonen Sozialisten und den flämischen Liberalen.
Streik findet angeblich nur wenig Zustimmung
La Libre Belgique zufolge hat bisher keine Arbeitsniederlegung in der Bevölkerung so wenig Zustimmung gefunden wie die von kommendem Montag. Andererseits muss man auch Verständnis dafür haben, dass man den Menschen nicht immer nur mit neuen Sparmaßnahmen kommen kann. Genauso wichtig ist es, für eine Perspektive zu sorgen, die Wachstum und neue Arbeitsplätze verspricht, und vor allem die soziale Gerechtigkeit nicht außer Acht lässt, so urteilt La Libre Belgique.
L'Avenir schreibt im gleichen Kontext: Was wir am Montag erleben werden, hat es in Belgien seit 19 Jahren nicht mehr gegeben. In den letzten 50 Jahren hat es einen Generalstreik nur dreimal gegeben. Weiter heißt es kommentierend: Man kann sich fragen, ob dieser Streik etwas nutzt, was im Umkehrschluss die Frage aufwirft, ob es uns etwas bringen würde, wenn die Gewerkschaften auf einen Streik verzichtet hätten. Tatsache ist, dass er einzig und allein soziale Gründe hat und nicht darauf abzielt, die Regierung zu stürzen.
Die Regierung wird sich kaum beeinflussen lassen
Le Soir spricht von einer echten "Zerreißprobe" und meint, die Bürger seien sich durchaus bewusst, dass wir schweren Zeiten entgegen gehen. Ihr größter Wunsch sei es, dass man ihnen die Wahrheit sagt und dass Gewerkschaften und Politiker sich nach kommendem Montag erneut zusammensetzten, um gemeinsam nach gerechten und machbaren Lösungen zu suchen. La Dernière Heure zufolge wird der Streik so gut wie keinen Einfluss auf die Regierung haben, denn Di Rupo und seine Minister können es sich nicht leisten, in der Sparpolitik den Rückwärtsgang einzulegen.
Davon ist ebenfalls Gazet van Antwerpen überzeugt, wenn sie schreibt: Jeder Belgier weiß, dass tiefe Eingriffe notwendig sind, um unsere Sozialversicherung funktionsfähig zu halten. Dafür gibt es nur zwei Möglichkeiten: den Haushalt in Ordnung bringen und mehr Menschen Arbeit verschaffen. Die Regierung hat grade damit begonnen und es ist davon auszugehen, dass sie bei der Haushaltskontrolle Ende Februar gezwungen wird, weitere Sparmaßnahmen zu ergreifen.
Die Gewerkschaften sollten applaudieren, nicht streiken
Het Laatste Nieuws erinnert daran, dass am kommenden Montag auch ein europäischer Gipfel in Brüssel stattfindet. Dass gleichzeitig in Belgien gestreikt wird, ist nach Ansicht der Zeitung kontraproduktiv. Im restlichen Europa hat man das Pensionsalter heraufgesetzt, die Löhne blockiert, die sozialen Leistungen gekürzt und tausende Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut. Von alldem ist in Belgien bisher nichts geschehen, so dass die Gewerkschaften eigentlich nicht streiken, sondern applaudieren müssten.
Im gleichen Sinne schreibt Het Belang van Limburg: Die Gewerkschaften sollten nicht vergessen, dass Belgien keine Insel ist. Unsere Wirtschaft zählt zu den offensten Volkswirtschaften der Welt. Das heißt: Wenn es ökonomisch oder finanziell Probleme gibt, dann ist die Regierung ganz einfach gezwungen, mit Sparmaßnahmen energisch durchzugreifen. Im Grunde ist das eine Art kollektive Verantwortung.
Le Soir hebt auf seiner Titelseite hervor, dass genau dies auch im jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds von der belgischen Regierung verlangt wird. Belgien hat keine andere Wahl als die Fortsetzung der Sparpolitik, so schreibt die Zeitung und fügt hinzu, diese müsse womöglich noch verschärft werden, denn das Wachstum dürfte hierzulande in diesem Jahr bei null liegen, vielleicht könnte es sogar eine Rezession geben. Angesichts dessen muss Belgien mindestens noch zwei Milliarden Euro zusätzlich sparen.
Vermögen wandern in die Schweiz aus
Ein ganz anderes Thema prägt die Titelseite von L'Echo. Dort lautet die Balkenüberschrift: "Belgiens Reiche flüchten mit ihrem Vermögen in die Schweiz". Unmittelbarer Grund dafür sind die Gerüchte, dass die Regierung eine Vermögenssteuer einführen könnte. Seit dem vergangenen Jahr hat sich die Zahl der belgischen Kunden bei den Beratern von in der Schweiz ansässigen Banken verdoppelt, zum Teil sogar verdreifacht.
Zum Schluss noch ein Blick auf Het Laatste Nieuws, das uns ab Anfang nächster Woche zehn Tage Winter ankündigt: zwar kaum Schnee, dafür aber Dauerfrost mit Temperaturen bis minus 10 Grad in den Ardennen. Auch tagsüber soll das Thermometer kaum über null klettern. Die Streudienste des Landes befinden sich ab Montag also in Alarmbereitschaft.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)