"Costa Concordia: 35 Todesopfer zu befürchten", so die Schlagzeile von La Dernière Heure auf Seite 1. "Der unglaubliche Dialog mit dem Kapitän des Kreuzfahrtschiffs", titelt L'Avenir.
Die Zahl der Toten nach dem Schiffsunglück in Italien steigt weiter an. Immer noch werden Menschen vermisst. Im schlimmsten Fall könnten 35 Tote zu beklagen sein.
Fast alle Zeitungen drucken heute das Protokoll eines Telefongesprächs ab, das die Küstenwache mit dem Kapitän geführt hat.
"Costa Concordia" - An der Sicherheit gespart?
De Morgen bringt die Abschrift sogar auf Seite 1: "Gehe wieder an Bord, verdammt nochmal", befiehlt die Küstenwache dem Kapitän. Der Kapitän wird diesen Befehl aber ignorieren. Dafür steht er jetzt unter Hausarrest, bemerkt Het Laatste Nieuws.
Das Grenz-Echo widmet dem Unglück seinen Leitartikel: Die Reederei hat offensichtlich am falschen Ende gespart, nämlich bei der Sicherheit, notiert das Blatt. Es gab offenbar keinen Notfallplan. Nach dem Unglück gab es für die Passagiere keine klaren Anweisungen. Und jetzt scheint die Reederei alles zu tun, um das Unglück zu verharmlosen.
Generalstreik! Wofür?
Fast alle Zeitungen beleuchten heute auch die Ankündigung eines Generalstreikes für den 30. Januar, die die drei großen Gewerkschaftsverbände gestern noch einmal bekräftigt haben. Sie wollen damit nicht nur gegen die bereits beschlossenen Sparmaßnahmen und Strukturreformen protestieren. Die Aktion soll zugleich ein Warnschuss sein mit Blick auf eine neue zu erwartende Sparrunde.
Die Gewerkschaften konnten schwerlich den Streik abblasen, analysiert L'Avenir in seinem Leitartikel. Sie waren Gefangene ihrer eigenen Argumentationen von vor einigen Wochen. Außerdem finden in diesem Jahr Sozialwahlen statt.
Pikanterweise kommen quasi zeitgleich die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel zusammen. Die jeweiligen Botschaften könnten widersprüchlicher nicht sein: Für die EU ist die Sanierung der Haushalte unvermeidlich, genau dagegen streiken die Gewerkschaften. Wie soll der Bürger angesichts dieser Parallelwelten noch den Durchblick behalten?
De Standaard hat seinerseits kein Verständnis für die Haltung der Gewerkschaften. Ein Generalstreik, das darf nur die ultima ratio sein. Doch wo liegt die Begründung für die Streikankündigung? Gab es ein soziales Blutbad? Wurde das Leben der Bürger dramatisch verändert? Wurden etwa die Pensionen drastisch gekürzt? Die Antwort lautet Nein. Und dafür wollen die Gewerkschaften ein ganzes Land lahmlegen, was die Wirtschaft einen Viertelprozentpunkt Wachstum kosten wird? Ihre Botschaft lautet wohl: Die Regierung sollte nicht das tun, was mit Sicherheit nötig ist.
Apropos Sparmaßnahmen: Der Gehaltsverzicht der föderalen Parlamentarier fällt wohl bescheidener aus als ursprünglich angekündigt, wie unter anderem La Dernière Heure und L'Avenir berichten. Ecolo sprach in diesem Zusammenhang von Peanuts.
Kampf gegen Sexismus
Die neue föderale Ministerin für Innere Angelegenheiten und Chancengleichheit, Jöelle Milquet, geht derweil in die Offensive. Milquet will Rassismus und auch Sexismus den Kampf ansagen, wie unter anderem La Libre Belgique berichtet. Eine konkrete Idee steht auf der Titelseite von De Morgen: "Kinder sollen künftig auch den Familiennamen der Mutter tragen dürfen", so die Schlagzeile. Damit soll eine rechtliche Ungleichbehandlung aus der Welt geschaffen werden.
Milquet will noch weiter gehen, konstatiert De Morgen in seinem Kommentar. So sollen künftig auch verbale Beleidigungen an die Adresse einer Frau geahndet werden. Allerdings hat die Ministerin noch keinen Plan, wie sie das Ganze in die Praxis umsetzen will. Schade, denn eigentlich ist die Bekämpfung von Sexismus mit Sicherheit lobenswert.
Schwarzer Bildschirm
Einige Zeitungen beleuchten heute eine fast schon historische Protestaktion in den USA. Die amerikanische Version der Online-Enzyklopädie "Wikipedia" wurde heute für einen Tag vom Netz genommen. Zu sehen ist nur ein schwarzer Bildschirm. Man will damit gegen die Pläne für ein neues Gesetz zum Schutz der Autorenrechte in den USA protestieren. La Libre Belgique widmet der Auseinandersetzung seine Titelseite.
Der amerikanische Gesetzgeber will eigentlich in erster Linie die illegale Veröffentlichung von Filmen- oder Musikstücken im Internet bekämpfen, notiert auch Het Belang van Limburg. Allerdings scheint man hier über das Ziel hinauszuschießen. In Amerika droht eine Überwachung des Internets, ein Filter fast schon nach chinesischem Vorbild. Hier ist auch die Meinungsfreiheit in Gefahr.
Ungarn - Zurück in die Zukunft?
Auch in Europa, genauer gesagt in Ungarn, sind Grundrechte akut bedroht. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban versucht unter anderem über eine neue Verfassung, die Opposition, die Justiz und auch die Presse unter seine Fuchtel zu bekommen. Die EU-Kommission hat jetzt rechtliche Schritte gegen Budapest eingeleitet.
"Europa geigt Orban die Meinung", so denn auch die Schlagzeile von De Standaard. In Ungarn fühlt man sich an die 30er Jahre erinnert, meint auch La Libre Belgique. Orban hantiert mit Feindbildern aus anderen Zeiten. Er versucht, die Grundfesten der Demokratie aufzuhebeln. Es wird Zeit, dass Europa Orban die Grenzen aufzeigt.
Durch Ungarn weht ein autoritärer Wind, meint auch Het Laatste Nieuws. Viktor Orban beschreitet den Weg des Nationalismus und geht dabei in dieselbe Richtung wie sein früherer serbischer Amtskollege, der Kriegstreiber Slobodan Milosevic. Auch Ungarn ist geprägt von ethnischen Spannungen. Es leben zudem mehr Ungarn außerhalb des Landes als in Ungarn selbst.
Im Herzen Europas droht also möglicherweise ein neuer ethnischer Konflikt. Es ist gut, dass die europäische Kommission nicht nur über die Haushaltsdisziplin wacht, sondern auch über die der EU zugrunde liegenden Werte. Niemand darf ungestraft unsere Grundrechte in Frage stellen.
Bild: Stringer (afp)