"Todesangst und Euphorie", titelt heute Het Laatste Nieuws. "Triumph und Drama", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. Die Rad-Cross-Szene war am Wochenende hin- und hergerissen. Auf der einen Seite: der Rad-Cross-Fahrer Bart Wellens, der wegen einer akuten Viruserkrankung kurzzeitig in Lebensgefahr schwebte. Auf der anderen Seite: Sven Nys, der am Sonntag zum achten Mal in seiner Karriere Landesmeister im Rad-Cross wurde. Insbesondere das Drama um Bart Wellens ist heute in fast allen flämischen Zeitungen nachzulesen.
Die Gehaltserhöhung, die keine war
Zweites großes Thema ist die Polemik vom Wochenende um die Ministergehälter. Die N-VA hatte herausgefunden, dass die Föderalregierung ihre eigenen Bezüge nicht, wie angekündigt, um fünf Prozent gesenkt, sondern im Gegenteil um acht Prozent erhöht hatte. "Minister erhöhen ihren eigenen Monatslohn um 1.500 Euro", so denn auch die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. Das Ganze entpuppte sich dann aber als "Rechenfehler", wie etwa De Standaard hervorhebt. "In der Praxis seien die Bezüge auch bereits gesunken", zitiert La Libre Belgique den zuständigen Haushaltsminister Olivier Chastel, der sogar der Zeitung seinen Lohnzettel präsentiert hat. Und auch die Dotation des Königshauses wird entgegen anderer N-VA-Vorwürfe nicht erhöht. Der Palast will darüber hinaus einige fällige Arbeiten aus eigener Tasche bezahlen; hier geht es um 600.000 Euro, wie unter anderem Het Laatste Nieuws und La Libre Belgique hervorheben.
De Standaard zitiert N-VA-Chef Bart De Wever in diesem Zusammenhang mit den süffisanten Worten: "Gut, dass es die unbequeme N-VA gibt, um die Angaben der Regierung einmal gründlich nachzurechnen".
Der N-VA in die Karten gespielt
Diesem ominösen Rechenfehler widmen heute viele Zeitungen ihren Leitartikel. Die Regierung steht mit heruntergelassener Hose da, meint etwa Het Belang van Limburg. Statt ihre Zeit zu verlieren, indem sie auf die N-VA einprügelt, sollte die Equipe Di Rupo lieber mal ihre Hausaufgaben machen. Im Moment macht das die N-VA für sie. Klar: Irren ist menschlich. Aber das hier ist schon starker Tobak.
Die Ausrede, wonach es sich bei der vermeintlichen Gehaltserhöhung um einen "Rechenfehler" gehandelt hat, das glaubt doch kein Mensch, klagt auch Gazet van Antwerpen an. War es wirklich nur ein bloßer Irrtum, oder hoffte man vielleicht einfach, dass es niemandem auffallen würde? Die meisten Bürger werden sich da wohl schon eine Meinung gebildet haben. Die Regierung Di Rupo hat jetzt ein Problem.
In puncto Außenwirkung hat die neue Regierung eine furchtbare Woche hinter sich, konstatiert Het Laatste Nieuws. Erst die Meldung, wonach die EU den belgischen Haushalt nicht akzeptiert. Und dann noch die Sache mit dem Rechenfehler. Die N-VA hat hier nur getan, was eine Oppositionspartei tun muss, nämlich: die Angaben der Regierung überprüfen. Und die Nationalistenpartei dürfte im Augenblick wieder hundert Wähler pro Sekunde hin gewinnen.
Diese Regierung macht es der Opposition sehr einfach, stellt De Standaard fest. Die Equipe Di Rupo will Gas geben, um in den verbleibenden 30 Monaten noch möglichst viel zu erreichen. Sie hat dabei aber offensichtlich jegliche Sorgfalt über Bord geworfen. Di Rupo muss jetzt seinen Ministern dringend mal die Leviten lesen.
Für La Libre Belgique hingegen war die Polemik um die Ministergehälter nicht mehr und nicht weniger als ein Blindgänger. Man hat sich schlicht und einfach vertan; und dieser Irrtum ist allein auf die Eile zurück zu führen, mit der der Haushalt geschnürt werden musste. Zwei Schlussfolgerungen sollte man dennoch ziehen: Erstens: Die N-VA wird keine Gelegenheit auslassen, um aus allen Rohren auf die Regierung zu feuern. Und zweitens: Entsprechend sollte die Regierung ihre Kommunikation pflegen. Die Pannen der letzten Tage haben der NV-A jedenfalls in die Karten gespielt.
Zu große Kabinette
Für De Morgen gibt es da neben der Polemik um die Minister-Gehälter noch ein viel größeres Ärgernis: die Größe der Mitarbeiterstäbe. Spitzenpolitiker verdienen hierzulande nicht zu viel. Allerdings sind die Kabinette der neuen Regierung viel zu groß. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter der verschiedenen Föderalminister ist sogar gestiegen. Diese Regierung sollte aber eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen.
Le Soir befasst sich heute mit möglichen Unregelmäßigkeiten bei der Benennung des neuen Chefs der föderalen Polizei. Eigentlich müsste man sagen: "Neue Chefin". Aus dem Auswahlverfahren ist nämlich Catherine De Bolle, die derzeitige Chefin der Polizei von Ninove, als Siegerin hervorgegangen. Das Problem: Seit Dezember sitzt sie in dem Beirat, der über die Besetzung des Postens des Obersten Polizeichefs eine Empfehlung aussprechen soll. Wegen dieses Interessenkonflikts droht eine Flut von Klagen vor dem Staatsrat. "Schade", kann Le Soir in seinem Leitartikel nur festhalten. Schade, dass die wahrscheinliche Benennung von Catherine De Bolle gleich schon wieder einen fahlen Beigeschmack bekommt.
Erfolge und Attacken
Fast alle Zeitungen heben heute die Leistung eines Chirurgenteams von der Universitätsklinik von Gent hervor. Erstmals wurde in Belgien eine Gesichtstransplantation erfolgreich durchgeführt. Der Patient und auch die Familie des Spenders wollen aber anonym bleiben.
Ebenfalls in fast allen Zeitungen nachzulesen ist die Attacke von Vize-Premierministerin Laurette Onkelinx auf Erzbischof André-Joseph Léonard. Léonard hatte ja unlängst einige Entscheidungen des Parlaments kritisiert, die nicht mit der christlichen Lehre zu vereinbaren sind. Die Antwort von Laurette Onkelinx: Die belgischen Katholiken hätten eigentlich einen anderen Vertreter verdient.
Bild: Peter Deconinck (belga)