"12.33 Uhr: Die Hölle", so titelt La Dernière Heure. "Massaker in Lüttich", heißt es in Le Soir. De Morgen spricht vom "Krieg eines einzelnen Mannes", während Het Laatste Nieuws überzeugt ist, dass er möglichst viele Tote wollte.
Das Foto von Nordine Amrani, so der Name des Täters, der nach der Tat Selbstmord verübte und in einer Blutlache am Boden liegt, prägt die meisten Zeitungen, die der Katastrophe zahlreiche Sonderseiten mit ausführlichen Berichten, Bildern und Reaktionen widmen. Dabei tauchen natürlich auch Fragen auf. Fragen nach dem Grund dieses Verbrechens, die Frage, wie das überhaupt möglich war, und wie man sich in Zukunft vielleicht davor schützen kann.
Mehr Schutz kaum möglich
So schreibt De Morgen: Wie konnte ein wegen verbotenen Waffenbesitzes Vorbestrafter, der angeblich während seiner Freilassung auf Bewährung regelmäßig kontrolliert wurde, mit Granaten und einem Maschinengewehr durch Lüttich laufen?
De Standaard notiert in seinem Kommentar: Viel mehr als bisher können wir zum Schutz vor solchen Verbrechen nicht tun. Vielleicht könnte man das Waffengesetz noch etwas strenger machen und vorzeitig entlassene Straftäter noch besser im Auge behalten. Eines jedoch darf man nicht vergessen: Dieser durchgedrehte Todesschütze war wütend auf die ganze Welt, auf unsere ganze Gesellschaft, so erklärte sein Anwalt. Dies führt zu einer dämonischen Rachsucht, gegen deren Folgen kaum etwas auszurichten ist.
Het Nieuwsblad fragt sich, ob dieser Nordine Amrani nach einer Verurteilung zu 58 Monaten Gefängnis, nach Verbüßung der Hälfte der Haftstrafe nicht zu früh freigelassen wurde. Natürlich sollte man jetzt nicht das ganze System der vorzeitigen Haftentlassung in Frage stellen, doch muss man sich fragen, ob die Überwachung der Täter nicht zu lasch gehandhabt wird. Schließlich holte sich der Mann ein ganzes Waffenarsenal ins Haus, ohne dass die Behörden etwas davon bemerkt haben.
Illegale Waffen leicht zu beschaffen
Het Laatste Nieuws zufolge ist das nicht verwunderlich. Illegale Waffen gibt es überall, und wer sich im kriminellen Milieu auskennt, so wie dieser Waffennarr, der kann sich selbst Maschinengewehre und Granaten problemlos beschaffen. Im Übrigen sollten wir nicht vergessen, dass der Staat nicht für jeden entlassenen Straftäter einen Polizisten zur Überwachung freistellen kann. Auch wenn dieser Mann länger im Gefängnis geblieben wäre: Über kurz oder lang wäre er doch wieder freigelassen worden, und das Risiko, dass er eine solche Tat verübt, wäre dann mit Sicherheit nicht kleiner gewesen.
Het Belang van Limburg meint zum gleichen Thema: Es fällt auf, dass die Kriminellen trotz eines verschärften Waffengesetzes über immer schwerere Waffen verfügen. Das hat offenbar mit unseren offenen Grenzen zu tun. Waffen aus den ehemaligen Ostblockländern und insbesondere aus dem Balkan sind bei uns auf dem Schwarzmarkt offenbar einfach zu finden. Wenn allerdings die Kriminellen den Weg dorthin finden, dann müsste die Polizei auch in der Lage sein, diesen Markt zu durchforsten und so weit wie möglich unter Kontrolle zu bringen.
La Dernière Heure würdigt die Arbeit der Polizei und Rettungsdienste, auch wenn es diesen nicht gelungen ist, eine gewisse Panik im Lütticher Stadtzentrum zu vermeiden. Tatsache ist, dass die Ordnungskräfte viele potenzielle Opfer rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben.
Es hätte überall passieren können
Le Soir hebt hervor, dass es sich um die Tat eines Einzelnen handelte, und es einen terroristischen Hintergrund dafür nicht gibt. Diese Erklärung war notwendig, aber sie reicht nicht aus. In den nächsten Tagen wird man den Lüttichern eine Erklärung dafür geben müssen, weshalb Nordine Amrani dieses Blutbad angerichtet hat. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf.
Gazet van Antwerpen notiert im gleichen Zusammenhang: Diese Katastrophe hat einmal mehr den Beweis geliefert, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist. Man könnte die Zahl der Polizisten glatt verdoppeln und ihnen noch viel mehr Mittel an die Hand geben, um gegen die Kriminalität vorzugehen. Dies ändert nichts daran, dass ein Wahnsinniger, der sich bis an die Zähne bewaffnet, innerhalb weniger Minuten zahlreiche unschuldige Menschenleben zerstören kann. Und das ist in der ganzen Welt möglich, natürlich auch in Belgien. Sinnlose Gewalt hat es immer gegeben, und es wird sie immer und überall auch in Zukunft geben.
Archivbild: Michel Krakowski (belga)