Alle Zeitungen berichten ausführlich über die Sparpläne. Außerdem gibt es Lob und Kritik.
"Eine neue Regierung in wenigen Tagen": Mit diesen Worten zitiert De Morgen den Regierungsbildner auf seiner Titelseite. "Di Rupo fast am Ziel", schreibt das Grenz-Echo auf Seite eins. Und Het Laatste Nieuws meint: "Endlich geschafft".
Mehr als 530 Tage nach der Wahl haben Regierungsbildner Di Rupo und die Vertreter der sechs Parteien am Sonntag ihr Sparprogramm vorgestellt. Damit und mit den Strukturreformen wollen sie die EU überzeugen und die Märkte wieder beruhigen. Das gesteckte Haushaltsziel wird erreicht: Das Defizit bleibt kleiner als drei Prozent. Dazu mussten Sozialisten, Liberale und Christdemokraten 11,3 Milliarden Euro finden. Der Haushaltsentwurf sieht Einsparungen vor, aber auch neue Steuern.
Europa bricht zusammen - die Gewerkschaften nicht
Gazet van Antwerpen fasst zusammen: Der Sparhaushalt hätte schlimmer ausfallen können, aber er hätte auch viel besser sein können. Elio Di Rupo ist zufrieden mit dem Abkommen, die Gewerkschaften allerdings gehen schon jetzt auf die Barrikaden.
Das kann Het Laatste Nieuws nicht nachvollziehen. Die Gewerkschaften scheinen nichts verstanden zu haben, schreibt die Zeitung auf ihrer Titelseite. Europa bricht zusammen, und die Finanzmärkte stürzen ein, doch die Arbeitnehmervertreter sind weiterhin gegen Reformen.
De Standaard hofft, dass die jetzt beschlossenen Maßnahmen ausreichen. Dem ersten Test muss sich das Sparpaket jedenfalls heute stellen. An den internationalen Märkten wird sich im Laufe des Tages zeigen, wie die Investoren auf die Vorschläge von Di Rupo und Co. reagieren.
La Dernière Heure hält fest: Die Sparmaßnahmen werden jeden von uns treffen. Daran ist angesichts der angespannten Lage auch nichts einzuwenden. Jedoch bemerkt das Blatt: Die kleinen Leute werden erneut zur Kasse gebeten. Der Finanzsektor und die Großverdiener werden hingegen erneut zum Großteil verschont.
Und der Sieger ist?
La Libre Belgique begrüßt das Abkommen. Auch wenn man derzeit noch nicht sagen kann, ob die Maßnahmen weit genug gehen, ist der Kompromiss lobenswert. Sozialisten und Liberale sind kurz vor dem Abgrund über ihren Schatten gesprungen, haben sich aufeinander zubewegt und trotz unterschiedlicher Vorstellungen eine Einigung beschlossen.
Das Grenz-Echo sieht es ähnlich, fügt aber hinzu: Der Burgfrieden zwischen Sozialisten und Liberalen lässt Belgien aufatmen. Aber: Wird er von Dauer sein? Die gesamte Legislaturperiode bis 2014 wird im Zeichen des Sparens stehen. Und beim Geld hört der Spaß bekanntlich auf. Elio Di Rupo wird sich ein dickes Fell zulegen müssen.
Das meint auch De Morgen. Die Zeitung ist trotzdem der Ansicht: Der große Sieger heißt zweifellos Di Rupo. In Sachen Taktik und Strategie macht dem designierten Premierminister niemand etwas vor. Für Het Laatste Nieuws heißt der Sieger hingegen Alexander De Croo. Er hat seine Sichtweise aufzwingen können und die notwendigen Strukturreformen auf den Weg gebracht.
Kampf gegen drei Gefahren
Het Nieuwsblad gibt zu bedenken: Di Rupo hat zwar bewiesen, dass er einen Kompromiss möglich machen kann. Er hat dafür aber sehr lange gebraucht. Seine Vorgehensweise wirft Fragen auf. Als Premierminister wird er - auch in Krisenzeiten - schneller handeln müssen. Denn: Die Einigung kam zu spät. Sie wurde erst möglich nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes und nach dem dramatischen Anstieg der Renditen auf die Staatsobligationen.
Nach Ansicht von Het Belang van Limburg müssen die Koalitionspartner gegen drei große Gefahren ankämpfen. Unsicherheit Nummer eins: Im kommenden Jahr stehen Kommunalwahlen an. Die N-VA wird die neue Koalition ständig unter Druck setzen, auch aus der flämischen Regierung heraus. Bei den Französischsprachigen wird die FDF für den nötigen Druck sorgen. Unsicherheit Nummer zwei: das Wirtschaftswachstum. In ihrem Sparhaushalt gehen die sechs Parteien von 0,8 Prozent aus. Doch was passiert, wenn das Wachstum kleiner ausfällt oder wir gar in eine Rezession verfallen? Die Folge wären noch drastischere Sparmaßnahmen. Ungewissheit Nummer drei: der Widerstand der Gewerkschaften. Sie drohen mit Protesten und Streiks. Doch das, meint die Zeitung, ist keine gute Idee. Das würde die belgische Wirtschaft nämlich schädigen.
Le Soir übt heftige Kritik an den Unterhändlern. Wie konnte die Politik es überhaupt so weit kommen lassen? Jetzt, wo die Krise voll zuschlägt, müssen die Verantwortlichen reagieren. Und sie tun sich verdammt schwer. Belgien ist so gut wie unregierbar geworden: durch den Dauerstreit zwischen Flamen und Französischsprachigen und durch die grundlegend verschiedenen Ansichten der politischen Lager.
Auch nicht mehr zu retten: das Klima
Zum Schluss werfen De Morgen und Le Soir einen umfangreichen Blick auf die heute beginnenden Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban. Bei dem Kongress der Vereinten Nationen müssen die Weichen für die Zukunft der Klimapolitik weltweit gestellt werden. Beide Zeitungen meinen: Die Erderwärmung läuft aus dem Ruder, doch das Krisentreffen ist trotzdem zum Scheitern verurteilt.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)