Die Inlandspresse konzentriert ihre Kommentare heute weitgehend auf den gestern angekündigten Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi. Das zweite Kommentarthema sind die Bemühungen zur Regierungsneubildung, wobei die Vorbereitung des Staatshaushaltes für das kommende Jahr wohl die härteste Nuss ist, die man bis zum Wochenende unbedingt knacken möchte.
Sobald das Parlament in Rom die Maßnahmen gegen die italienische Schuldenkrise verabschiedet haben wird, stellt er seinen Posten zur Verfügung. "Ciao Berlusconi", so lautet die Schlagzeile in Le Soir, der hinzufügt: Für Italien geht damit ein Kapitel zu Ende, doch die Zukunft des Landes ist ungewiss.
Kommentierend schreibt La Libre Belgique: Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Der geliftete und skandalumwitterte italienische Regierungschef hat die Rolle des "Golden Boy" ausgespielt und ist nach unzähligen Affären zu einer grotesken Figur in Europa geworden, deren Rücktritt man nur begrüßen kann.
Schicksal besiegelt
Het Nieuwsblad schreibt unter dem Titel "Schwanengesang": Berlusconi hat endlich alle Tricks ausgespielt. Weiter heißt es: Das Land steht nicht gerade vor einer viel versprechenden Zukunft. Jeder, der sich in den vergangenen Jahren als Alternative präsentierte, hat seine Versprechungen nicht wahrmachen können. Silvio Berlusconi behauptete von sich, ein Segen zu sein. Das war er mit Sicherheit für sich selbst, aber nicht für Italien.
Het Laatste Nieuws schreibt im gleichen Zusammenhang: Als Merkel und Sarkozy vor kurzem nach einem EU-Gipfel gefragt wurden, ob sie dem italienischen Ministerpräsidenten noch vertrauen, schauten die beiden sich an, gaben aber keine Antwort. Ab dem Augenblick war klar, dass das Schicksal des italienischen Ministerpräsidenten besiegelt war. Mit dem griechischen Klotz am Bein kann Europa noch fertig werden, doch wenn es in Italien schief läuft, dann kann auch Europa nichts mehr ausrichten. Dafür ist der italienische Schuldenberg mit über 1900 Milliarden Euro einfach zu groß.
Gefängnis als nächste Bleibe?
Gazet van Antwerpen stellt fest, dass niemand Berlusconi eine Träne nachweint. Dass er sich bisher so hartnäckig an sein Amt klammerte, ist nachvollziehbar, denn ohne die politische Immunität, die er als Ministerpräsident genießt, warten auf ihn gleich mehrere Prozesse, die ihn schnurstracks ins Gefängnis bringen können. Weiter heißt es: Die anderen europäischen Regierungschefs warten schon lange darauf, dass Berlusconi endlich von der Bühne verschwindet, und sei es nur, damit wieder Ruhe auf den internationalen Finanzmärkten zurückkehrt. Das ist auch im Interesse Belgiens, denn wenn dort die Spannungen andauern, könnte unser Land zu den nächsten Zielscheiben gehören.
De Standaard bringt die Schlagzeile: "Endlich sind wir von Berlusconi erlöst". Nachdem er den letzten Funken Glaubwürdigkeit verloren hatte, gab es für ihn keine Rettung mehr. Der Mann, der durch die Finanzmärkte groß wurde, hat jetzt von ihnen den Todesstoß erhalten. Das verspricht nicht viel Gutes, denn der angekündigte Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten ist lediglich der erste Schritt für Italien, um das Vertrauen der Finanzwelt zurückzugewinnen.
De Morgen blickt bereits auf die Zeit nach Berlusconi und stellt diesbezüglich fest: Zurzeit gibt es in Italien niemanden, der die scharfen Gegensätze zwischen Links und Rechts überbrücken kann, um den unvermeidlichen Mega-Sparplan durchzusetzen. Berlusconi lässt ein gespaltenes Land mit einem schwer beschädigten Image hinter sich. Das Risiko, dass in diesem Klima ein neuer Populist an die Macht kommt, ist mindestens ebenso groß wie die Möglichkeit, dass ein Politiker mit gesundem Menschenverstand Italien vor dem finanziellen Untergang retten wird.
Spannungsgeladene Haushaltsberatungen in Brüssel
Gegen den finanziellen Untergang kämpft bekanntlich auch Belgien, dessen künftige Regierung zurzeit unter Elio Di Rupo an einem glaubwürdigen Sparplan von 11,3 Milliarden Euro für 2012 arbeitet. Het Laatste Nieuws unterstreicht diesbezüglich die wichtigsten Gegensätze zwischen Liberalen und Sozialisten. Dazu gehört in erster Linie die Lohnbindung an den Index der Lebenshaltungskosten, die für die Sozialisten unbedingt bestehen bleiben muss, während die Liberalen sie zumindest anpassen möchten, damit die Löhne in Belgien künftig weniger schnell steigen.
Vor diesem Hintergrund prophezeit Le Soir für das am Wochenende vorgesehene Konklave eine spannungsgeladene Atmosphäre, die es fraglich erscheinen lässt, ob der Kompromiss zum Haushalt 2012, so wie vorgesehen, an diesem Wochenende erzielt werden kann.
Bild: Alessandro Di Meo (epa)