Die Inlandspresse konzentriert ihre Aufmerksamkeit heute auf zwei Schwerpunkte: zum einen auf die Haushaltsberatungen für 2012 im Rahmen der Regierungsneubildung und zum anderen auf den Beschluss des G20-Gipfels, die italienischen Staatsfinanzen unter die regelmäßige Kontrolle des Internationalen Währungsfonds zu stellen.
Het Laatste Nieuws notiert in seinem Leitartikel: Italien wird in der Person von Berlusconi von einem Supermacho geführt, von einem Hofnarr, der vor nichts und niemandem Respekt hat und jegliche Glaubwürdigkeit unwiderruflich verloren hat. Die italienische Schuldenlast beträgt 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
In Belgien lag sie einst noch wesentlich höher und trotzdem ist unser Land damit fertig geworden. Auch die italienische Wirtschaft ist stark genug, um dies zu schaffen, unter der Voraussetzung, dass jemand die Staatsfinanzen im Auge behält. Dieser jemand wird nunmehr die Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde. Und damit bekommt Berlusconi eine überaus strenge Schwiegermutter.
Italiens gesalzene Rechnung
La Libre Belgique begrüßt diese Entscheidung, denn das große Problem Italiens ist ein sehr eng mit Berlusconi verbundener Mangel an Glaubwürdigkeit. Erst gestern sagte der italienische Ministerpräsident auf dem G20-Gipfel, den Italienern gehe es gut, die Restaurants seien voll. Unabhängig davon, so meint die Zeitung, wird Italien die Rechnung zahlen müssen, und die wird auf jeden Fall gesalzen sein.
De Morgen notiert im gleichen Kontext: Der Internationale Währungsfonds muss den Italienern so schnell wie möglich eine eiserne Haushaltsdisziplin beibringen. Wenn das nicht gelingt, dann ist die nächste Krise bereits vorprogrammiert. Auf jeden Fall muss Europa endlich dafür sorgen, dass die Union eine koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik bekommt. Das ist ohne Zweifel die große Lektion der jüngsten und nach wie vor ungelösten Euro-Krise.
Flandern müsste eigentlich belohnt werden
Kommen wir nun ins eigene Land, mit verschiedenen Kommentaren zu den Haushaltsberatungen im Rahmen der Regierungsneubildung. Die große Frage lautet hier: Müssen die Regionen mehr tun, um den belgischen Haushalt in Ordnung zu bringen, beziehungsweise das Defizit auf 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu reduzieren?
Dazu schreibt Gazet van Antwerpen: Die föderalen Regierungsunterhändler sollten auf ihren eigenen Teller schauen und sich nicht länger anmaßen, Flandern zu bevormunden. Die flämische Regierung ist nämlich die einzige Exekutive in Belgien, die einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Für die Liberalen bedeutet das wohl, dass sie noch mehr tun könnte, um eventuelle Überschüsse dem föderalen Niveau zu übertragen. Das ist allerdings die umgekehrte Welt, findet die Zeitung. Wer gut wirtschaftet, der sollte belohnt und nicht bestraft werden.
Regionen sollten ebenfalls mehr sparen
Het Belang van Limburg ist da anderer Meinung: Man darf nicht vergessen, dass der Föderalstaat alleine für die mit der Vergreisung der Bevölkerung verbundenen Kosten gerade stehen muss. Das könnte dazu führen, dass dieser gezwungen wird, finanzielle Abstriche in der sozialen Sicherheit vorzunehmen. Genau dies gilt es jedoch zu vermeiden, weil es das Konsumentenvertrauen und folglich auch die Wirtschaft beeinträchtigen könnte. Deshalb plädiert die Zeitung dafür, die Sanierungsbemühungen auf mehr Schultern zu verteilen, beziehungsweise auch Flandern, die Wallonie und Brüssel im Rahmen ihrer Möglichkeiten daran zu beteiligen.
Diese Ansicht vertritt ebenfalls der liberale Finanzminister Reynders in einem Interview mit La Libre Belgique. Im Übrigen fordert er die Teilstaaten auf, ihren Haushalt an die jüngsten Prognosen des Hohen Finanzrates anzupassen. Dieser hat bekanntlich die Wachstumsaussichten für 2012 in Belgien von 1,6 auf 0,8 Prozent halbiert.
Auch De Morgen lässt Didier Reynders zu Wort kommen. Diesmal bezüglich der Regierungsneubildung. Dazu findet er, dass jetzt die wallonischen Sozialisten an der Reihe sind, Zugeständnisse zu machen. Seine eigene Partei, die MR, habe in der Gemeinschaftspolitik bereits viel konzediert und habe dadurch ihren bisherigen Partner, die FDF, verloren. Jetzt müssten die Sozialisten auch einmal bezahlen.
Zu viele Asylbewerber - Chirurgen haben's auch nicht leicht
Le Soir befasst sich mit der Asylproblematik und stellt fest: Noch nie gab es in Belgien so viele Asylanträge wie zurzeit. Letzten Monat baten knapp 2600 Asylbewerber um Aufnahme bei uns, doch die Behörden können längst nicht mehr alle unterbringen. So mussten diese Woche 140 von ihnen auf der Straße verbringen.
La Dernière Heure nimmt das Berufsleben unter die Lupe, genau gesagt die Traumberufe und jene, die man lieber nicht haben möchte. Dazu heißt es auf Seite 1: Der attraktivste Job ist der des Ingenieurs, der gefährlichste ist Fischer, der am meisten selbstmordgefährdete ist der Zahnarzt und den meisten Stress haben Chirurgen. Das durchschnittliche Angestelltengehalt beziffert La Dernière Heure auf brutto knapp 3000 Euro.
Bild: Christophe Karaba (epa)