Schreckgespenst Rezession
Im Vordergrund steht eine schlechte Nachricht, mit der Le Soir und L'Echo aufmachen, nämlich die akute Gefahr einer Rezession in Belgien.
Nach der politischen Krise droht unserem Land jetzt ein wirtschaftlicher Tiefschlag, so meldet Le Soir und belegt dies mit deutlichen Symptomen: Das Wachstum ist praktisch auf Null zurückgegangen, der Verkauf im Einzelhandel war im letzten Monat miserabel und auch die Exporte gehen deutlich zurück.
Kommentierend heißt es dazu in De Morgen: Das sind natürlich auch schlechte Neuigkeiten für Regierungsbildner Di Rupo und die sechs mit ihm verhandelnden Parteien. Ein Nullwachstum bedeutet nämlich, dass für das kommende Jahr nicht nur Einsparungen von zehn Milliarden Euro gefunden werden müssen, sondern mindestens noch eine Milliarde zusätzlich.
Bei der Sanierung der Staatsfinanzen sind Wunder leider nicht zu erwarten. Wichtig ist, dass jetzt die entscheidenden Schritte in dieser Richtung gesetzt werden. Bei den Verhandlungsparteien unter Elio Di Rupo hat man leider eher den Eindruck, dass sie bei der Sanierung der Staatsfinanzen neigen, genau wie Vogel Strauss den Kopf in den Sand zu stecken.
Neue Regierung ist gefordert
Zum gleichen Thema notiert Het Belang van Limburg: Wir brauchen so rasch wie möglich einen glaubwürdigen Haushalt, um unser Land vom Radarschirm der Rating-Agenturen zu holen. Nötig sind auch strukturelle Reformen, die die Konkurrenzfähigkeit der belgischen Unternehmen stärken und die Arbeitslosigkeit verringern. Nicht weniger wichtig ist eine effiziente Energiepolitik, wobei Atomkraftwerke nur vom Netz genommen werden, wenn die Versorgung des Landes mit alternativen Energiequellen gesichert ist.
Konklave einlegen
Gazet van Antwerpen empfiehlt den Regierungsunterhändlern, sich in der anstehenden Herbstferienwoche zu einem Konklave zurück zu ziehen, um die Verhandlungen im Hinblick auf die Regierungsbildung zu beschleunigen. Spätestens in einem Monat nämlich muss Belgien dem europäischen Finanzministerrat den Haushalt für das kommende Jahr vorlegen können, wobei dieser die EU-Forderung nach einem Defizit von unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erfüllen hat.
Ab in die Sonne
Für zahlreiche Landsleute scheint die vielzitierte Krise ein Fremdwort zu sein. Jedenfalls scheinen sie sich daran kaum zu stören, sondern packen ihre Koffer für die Herbstferien. Het Laatste Nieuws spricht diesbezüglich von Massenandrang an der Küste und einem Abreiserekord auf dem Flughafen Zaventem. Allein am Freitag starteten rund 39.000 Landsleute in den Urlaub. Für diesen Samstag und Sonntag werden weitere 60.000 Reiselustige am Airport erwartet. Gefragt sind allerdings auch die Ostkantone, die nach Darstellung von L'Avenir eine Vielzahl von Kurzurlaubern für die nächsten Tage erwarten dürfen.
Hände weg von Belgacom
La Libre Belgique bringt heute ein ausführliches Interview mit dem in jüngster Zeit oftmals kritisierten Belgacom-Chef Didier Bellens. Dieser warnt vor einer Privatisierung, insbesondere mit dem Argument, dass das Telekom-Unternehmen jährlich fast zwei Milliarden Euro an Dividenden, Steuern und Investitionen abwirft. Angesichts dessen sollte man sich einen etwaigen Verkauf der staatlichen Anteile an Belgacom besser zweimal überlegen.
Vergessen sollte man auch nicht, dass der Betrieb etwa 16.000 Personen in Belgien beschäftigt. Bei einem neuen Hauptaktionär wäre es durchaus möglich, dass zwecks Erhöhung des Profits einige Tausend von ihnen ihre Stelle verlieren würden.
Bürger haben Recht auf volle Wahrheit
De Standaard verwendet sich in seinem Leitartikel für eine genaue Untersuchung der Umstände, die zu der jüngsten Dexia-Katastrophe geführt haben. Dazu heißt es unter anderem, es geht hier um einen Kampf gegen die Ohnmacht, die unsere Zeit zunehmend kennzeichnet.
Die richterliche Macht sieht sich zunehmend Prozedurschlachten und Verjährung ausgeliefert und die Politik wurstelt seit über 500 Tagen an der Regierungsneubildung. Wenn jetzt auch noch die gesetzgebende Macht kapituliert und in Sachen Dexia auf eine parlamentarische Untersuchungskommission verzichtet, dann ist das Dienstverweigerung am Bürger. Dann bleibt von der Demokratie nur noch ein Scherbenhaufen übrig.
Die Justiz und der Datenschutz
Bleiben wir noch kurz bei der Justiz mit La Dernière Heure und einem Artikel, der sich mit dem oftmals negativen Einfluss des Gerichts auf die Privatsphäre des Bürgers befasst. Das gilt vor allem für jene, die einmal für eine Straftat verurteilt wurden. Sie haben es oft schwer, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, weil ihre gerichtliche Vergangenheit sie sozusagen auf Schritt und Tritt verfolgt. Als Beispiel nennt La Dernière Heure den Fall eines Gefängniswärters, der wenige Wochen nach seiner Einstellung wieder entlassen wurde, nachdem bekannt geworden war, dass er einmal selbst straffällig geworden war und dafür verurteilt wurde.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)