So heißt es zum Beispiel in Het Nieuwsblad: "Euro gerettet, aber für wie lange?"
Tatsache ist jedenfalls, dass die Börsen, wie Le Soir hervorhebt, geradezu euphorisch reagiert haben. Dem fügt die Zeitung allerding hinzu, man sollte sich nicht zu früh freuen, denn das Abkommen könnte sich schon bald als ungenügend erweisen.
L'Echo wertet den gestrigen Kursgewinn der Aktienmärkte als ein Zeichen dafür, dass diese endlich an das Ende der europäischen Schuldenkrise zu glauben beginnen.
Krise fördert politische Integration
De Morgen zufolge hat Europa unter dem Druck der Krise einen nicht unbedeutenden Schritt in Richtung der politischen Integration gemacht. Daneben sieht die Zeitung auch noch eine Globalisierungsbewegung, die weiter geht als Europa. Gemeint ist damit, dass ein Teil der finanziellen Mittel für den europäischen Rettungsfonds auch von den so genannten Schwellenländern, allen voran von China, kommen sollen. Als Manko wertet die Zeitung, dass die drastischen Einsparungen höchstwahrscheinlich zu einer Verringerung der Kaufkraft und damit zu einer Bremse für das wirtschaftliche Wachstum werden könnten.
Le Soir führt zum gleichen Thema aus: Am Rande des Abgrunds haben sich Europas Politiker und Spitzenbanker letztlich doch noch geeinigt. Jetzt gilt es, keine Sekunde mehr zu verlieren, um dieses Abkommen umzusetzen. Sein wesentlicher Inhalt wurde in Deutschland konzipiert, und was nicht drinsteht, hatte Deutschland zuvor abgelehnt. Prägend an diesem Abkommen ist jedoch nicht die Allmacht Deutschlands, sondern das Bild einer Europäischen Union, die letztlich wohl ihr Überleben der Großzügigkeit Chinas zu verdanken haben wird.
Der Euro bleibt
Het Laatste Nieuws zieht als wichtigste Schlussfolgerung aus dem Brüsseler Gipfel die Erkenntnis, dass die Politik fest entschlossen ist, die europäische Einheitswährung nicht aufzugeben. Ferner drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass Europa bei der Umsetzung des Abkommens schnell handeln muss, dass die Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Einhaltung des festgelegten Sparkurses überwacht werden müssen, und dass sicherlich weitere Entscheidungen notwendig sein werden.
Het Belang van Limburg ist in seiner Beurteilung des Euro-Abkommens besonders kritisch. Dort heißt es unter anderem: Der Euro mag zwar gerettet sein, doch die Probleme der Eurozone sind längst nicht gelöst. Griechenland bekommt zwar 100 Milliarden seiner Schulden gestrichen, doch ist das nicht einmal ein Drittel seiner gesamten Schuldenlast. Die Gefahr ist also gegeben, dass wir schon bald einen weiteren Gipfel zur Rettung des Euro erleben werden. Hoffentlich ist dann nicht Italien die Ursache. Gestern waren die Börsen geradezu euphorisch, doch ist keineswegs sicher, dass nicht schon sehr bald erneut Zweifel auftreten werden.
EU-Länder büßen Souveränität ein
De Standaard notiert im gleichen Zusammenhang: Eine Währungsunion wie die Eurozone kann sich ohne eine politische und wirtschaftliche Union nicht halten. Deshalb wurde auf dem Brüsseler Gipfel im Eiltempo eine Machtverschiebung von den Mitgliedsstaaten nach Europa durchgeführt. Die einzelnen Euro-Länder, darunter auch Belgien, verlieren dadurch einen Teil ihrer Souveränität. Wie viel sie in ihrem Haushalt sparen müssen, innerhalb welcher Zeit, und welche Reformen dafür notwendig sind, all das können sie in Zukunft nur noch teilweise selbst bestimmen. Ihr Spielraum ist wesentlich enger geworden, und wenn sie nicht die von Europa gewünschten Maßnahmen ergreifen, werden sie öffentlich an den Pranger gestellt, wie zuletzt Berlusconi.
Europa sollte Defensive aufgeben
In ähnlichem Sinne notiert Het Nieuwsblad zum Ergebnis des Brüsseler Gipfels: Für die Märkte könnte es schlussendlich noch immer nicht ausreichend sein, doch für die Politik der Mitgliedsstaaten wird es bedeutende Folgen haben. Während man in Belgien monatelang darüber verhandelt, unter wessen Kompetenz in Zukunft die Rollstühle in den Krankenhäusern fallen, verschiebt sich die Befugnis in der Haushaltspolitik still und leise nach Europa. Das mag für eine stabile Währungspolitik auch notwendig sein, doch wäre eine tiefgreifende politische Debatte darüber sicherlich kein Luxus.
La Libre Belgique plädiert dafür, dass Europa endlich seine Verteidigungshaltung aufgibt, um den Sprung in eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu machen. Dafür ist es zwar noch nicht zu spät, wohl aber allerhöchste Zeit.
Bild: Jens Buettner (epa)