"Athen brennt", steht heute auf Seite 1 von Het Belang van Limburg. "Griechischer Generalstreik artet in Unruhen aus", übertitelt De Morgen eine Fotostrecke, die Bilder von den gewaltsamen Ausschreitungen in Athen zeigt.
Viele Zeitungen bringen spektakuläre Fotos von den Protesten in Griechenland gegen ein neues Sparpaket. Die Kundgebungen haben das Stadtzentrum von Athen in ein Schlachtfeld verwandelt, meint das Börsenblatt L'Echo nachdenklich in seinem Leitartikel. Es ist, als übten sich die Griechen in Realitätsverweigerung. Doch sind die Proteste auch nachvollziehbar. In Griechenland muss der kleine Mann den Kopf hinhalten, während die Superreichen und die orthodoxe Kirche von den Sparmaßnahmen unangetastet bleiben. Es gab schon weniger Anlässe für eine Revolution.
War Dexia-Absturz vorhersehbar?
De Standaard und Le Soir befassen sich heute auf ihrer Titelseite mit dem Absturz der Dexia-Gruppe. Beide haben offenbar dieselben vertraulichen Dokumente einsehen können. Daraus geht hervor, dass Dexia von der französischen Börsenaufsicht schon im Sommer 2010 vor erheblichen Risiken gewarnt und die Bank sogar unter "besonderer Aufsicht" gestellt wurde. "Dexia schlug die Warnung in den Wind", stellt De Standaard in seiner Schlagzeile fest.
Nach Angaben von Le Soir wollen die belgischen Verantwortlichen aber nichts von den Bedenken der französischen Kontrollbehörden gewusst haben. In seinem Kommentar schlussfolgert das Blatt: Es bedarf eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, um den Fall der Dexia zu entschlüsseln. In jedem Fall müssen die Lehren aus dem Debakel gezogen werden.
Le Soir und De Standaard bringen heute auch ein Interview mit dem Dexia-Geschäftsführer Pierre Mariani, der sich erstmals seit der erneuten Rettung der Dexia öffentlich äußert. Der bleibt dabei: Die heutigen Verantwortlichen haben all die Probleme geerbt, die zum Absturz geführt haben. Das mag sein, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Allerdings kann die Geschichte grausam sein: Geschichte steht auf der Seite der Gewinner. Mariani und auch Dexia-Verwaltungsratspräsident Dehaene werden immer mit dem Fall der Gruppe assoziiert werden. Es ist wichtig, dass die Schuldfrage im Fall Dexia geklärt wird. Dabei müssen alle Dexia-Verantwortlichen - von gestern und von heute - Rede und Antwort stehen. Und die Schuldigen gehören bestraft.
Mit Vollgas ins Sparprogramm
Derweil arbeiten ja die künftigen Koalitionspartner weiter an einem Haushaltplan 2012. "Die Parteien geben Vollgas", titelt heute La Libre Belgique. Tatsächlich drängt mehr denn je die Zeit. Belgien braucht schnellstens ein glaubwürdiges Budget, um eine Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit zu verhindern.
Hier müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden, fordert L'Avenir in seinem Leitartikel. Belgien muss schnellstens seine Schulden abbauen, um nicht in den Strudel zu geraten, der Länder wie Griechenland oder Spanien schon erfasst beziehungsweise in den Abgrund gerissen hat. Belgien muss sparen, so schmerzhaft das auch werden könnte.
Aber nicht nur das, fügt De Morgen hinzu. Belgien braucht auch dringend tiefgreifende Strukturreformen, also etwa eine Neuordnung des Arbeitsmarktes oder des Pensionssystems. Hier sollte man aber nicht übers Knie brechen: Das Land braucht keine Schnellschüsse sondern Reformen mit Unterbau, die Hand und Fuß haben.
Anstand
Im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen kommt La Libre Belgique noch einmal auf die jüngste Drohung von GDF Suez, dem französischen Mutterkonzern von Electrabel zurück. In dem Fall, wo Belgien den Konzern allzu sehr zur Kasse bitten will, erwägt GDF Suez ja nach eigenen Angaben, seine Investitionspolitik in Belgien zu überdenken. Man kann das wahlweise als Arroganz oder Geringschätzung bezeichnen, notiert La Libre. Klar sucht ein Privatunternehmen immer sein Profit, doch sollte GDF Suez nicht vergessen, dass der Konzern in Belgien so gut wie keine Steuern zahlt. "Ein bisschen mehr Anstand, meine Herren!".
Sparmaßnahmen bei TEC und SNCB
Das Börsenblatt L'Echo macht heute mit der Meldung auf, wonach nach der SNCB möglicherweise auch die wallonische Nahverkehrsgesellschaft TEC gezwungen sein könnte, aus Kostengründen ihr Angebot zu beschneiden. Besagte Sparmaßnamen bei der Bahn finden derweil bei den Leitartiklern keine Zustimmung. Die SNCB bekommt jährlich eine Dotation von rund drei Milliarden Euro, bemerkt etwa Gazet van Antwerpen. Ein paar Züge zu streichen, die noch dazu so gut wie leer sind, das ist allenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein. Viel wichtiger und viel ertragreicher wäre eine tiefgreifende Reform der Struktur der Bahn.
Weniger als 200 Züge zu streichen, das sind Peanuts, meint auch Het Laatste Nieuws. Aber das reicht offenbar schon, um die sozialistische Gewerkschaft FGTB die Streiktrommel rühren zu lassen. Total absurd, die rote Gewerkschaft will volle Züge blockieren, um die Streichung von leeren Zügen zu verhindern.
Keine Kaserne mehr für Asylbewerber
Het Laatste Nieuws hebt heute auf seiner Titelseite eine Entscheidung des amtierenden Verteidigungsministers Pieter de Crem hervor. Der hat ja beschlossen, in Zukunft keine Militärkasernen mehr zur Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Die Folge steht in Blockbuchstaben auf Seite 1 des flämischen Massenblatts: "1600 Asylbewerber landen wohl bald auf der Straße".
Het Belang van Limburg kann die Entscheidung in gewisser Weise nachvollziehen. Zwar möchte niemand Bilder sehen, wie im Winter vergangenen Jahres, als Asylbewerberfamilien bei Wind und Wetter auf der Straße ausharren mussten. Doch kann man verstehen, dass De Crem vom laxen Verhalten seiner für Asylpolitik zuständigen Kollegen Wathelet und Courard die Nase voll hat. Belgien gehört für Asylbewerber nach wie vor zu den attraktivsten Gastländern. Aufgabe der neuen Regierung muss es sein, die Asyl- und Einwanderungspolitik einmal einer grundlegenden Reform zu unterziehen.
Bild: Simela Pantzartzi (epa)
Die Rettung der Bank kostet Belgiens Steuerzahler Milliarden. Pierre Mariani, der das Unternehmen führt, aber lebt seit drei Jahren in einer Herberge der Extraklasse - auf Firmenkosten und zusätzlich zum Bonus.