Es war nur ein Traum
Die 3:1-Niederlage gegen Deutschland, so die Schlagzeile im Grenz-Echo bedeutet, dass die Europameisterschaft 2012 ohne die Roten Teufel stattfinden wird.
"Wieder nichts", meint schlicht und einfach Het Nieuwsblad. Derweil titeln La Dernière Heure und L'Avenir mit "Leider ist das Wunder ausgeblieben". Und auch Gazet van Antwerpen meint enttäuscht "Es war nur ein Traum".
Hut ab vor Di Rupo
Kein Traum war hingegen die endlich erfolgte Einigung über die Staatsreform, die Regierungsbildner Di Rupo am Dienstag nach 485 Tagen Krise der Presse vorstellte und der sämtliche Kommentare gewidmet sind. Le Soir würdigt in erster Linie das Verhandlungsgeschick und das Durchhaltevermögen Di Rupos. Davor muss man den Hut ziehen, aber auch vor dem Verantwortungsbewusstsein der acht Parteien, die die Einigung mit ihm ausgehandelt haben.
Allerdings ist für Le Soir so gut wie sicher, dass dies noch nicht das Ende des Films war. Der flämische Wunsch nach mehr Eigenständigkeit wird weiter bestehen bleiben. Daher sollten die Frankophonen die Chance nutzen, um eines Tages in der Lage zu sein, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Flandern will mehr verlangen
La Dernière Heure sieht es ähnlich, wenn sie schreibt, mit Sicherheit wird Flandern in einigen Jahren mit der Forderung nach einer weiteren Staatsreform kommen. Vor diesem Hintergrund muss das französischsprachige Belgien so rasch wie möglich dafür sorgen, dass es notfalls in einigen Jahren auch ohne flämische Unterstützung leben kann.
Het Nieuwsblad spricht von einem bedeutenden Abkommen, das den Gemeinschaften bedeutende Kompetenzen überträgt und damit verbunden auch einen Teil an finanzieller Eigenverantwortung. Das ist vielleicht mehr als manch einer erwartet hatte, auch wenn damit längst nicht alle flämischen Wünsche in Erfüllung gehen.
In Gazet van Antwerpen heißt es, diese sechste Staatsreform wird mit Sicherheit nicht die letzte sein, obwohl man doch angeblich beabsichtigte, dem Land einige Jahrzehnte Ruhe zu gönnen, um sich den sozialwirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen, wobei die Teilstaaten ihre jeweils eigene Politik führen sollten. Soweit sind wir leider noch nicht.
Außerdem bleibt abzuwarten, ob die Basis des neuen Finanzierungsgesetzes nicht übertrieben optimistisch ist. Sollte dies der Fall sein, könnte das ganze Konstrukt Staatsreform schon bald wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen.
Nicht vergessen, dass die Einigung ein Kompromiss ist
Für Het Laatste Nieuws ist die Einigung gut, wenn auch nicht perfekt. Letzteres war auch nicht zu erwarten, denn schließlich handelt es sich ja um einen Kompromiss. Die Tatsache, dass er durch eine junge Politikergeneration ausgehandelt wurde, lässt hoffen, dass Belgien noch eine Zukunft hat. Es sei denn, die Nationalisten schaffen bei künftigen Wahlen in Flandern die absolute Mehrheit.
De Morgen hofft im gleichen Zusammenhang, dass diese sechste Staatsreform die zwischengemeinschaftlichen Spannungen in den nächsten Jahren wegnehmen wird. Belgien steht nämlich vor bedeutenden Herausforderungen in Sachen Justiz, Pensionen und Bezahlbarkeit unseres Wohlfahrtsstaates. Für die Lösung dieser Probleme ist die sechste Staatsreform keine Garantie, wohl aber eine unerlässliche Voraussetzung.
Das Schwerste kommt noch
Het Belang van Limburg zufolge kann das härteste Stück Arbeit jetzt erst beginnen. Die Regionen und Gemeinschaften erhalten zwar neue Kompetenzen, doch bleibt der Föderalstaat in Belgien nach wie vor die wichtigste Machtebene. Der neuen Föderalregierung obliegt folglich auch die schwerste Aufgabe, nämlich die weitere Sanierung des Staatshaushaltes. Das bedeutet, dass allein für das kommende Jahr über zehn Milliarden Euro gefunden werden müssen, um das von der EU vorgegebene sparpolitische Ziel zu erreichen.
Mit oder ohne Grüne
Ob dies mit den Grünen oder ohne sie zu erfolgen hat, will Di Rupo bis spätestens Donnerstag klären. Dazu vermerkt Gazet van Antwerpen, dass die flämischen Liberalen gegen eine Regierungsbeteiligung von Groen! und Ecolo sind. Sollten die Grünen dennoch dabei sein, zieht die Open VLD sich in die Opposition zurück. Und wenn die Open VLD nicht dabei ist, wollen angeblich die flämischen Christlichsozialen auch nicht mitregieren.
La Libre Belgique wünscht sich ebenfalls eine Koalition ohne die Grünen. Mit den anderen sechs Parteien sind die Linke, die Rechte und das Zentrum vertreten. Insofern würden Groen! und Ecolo kaum für einen Mehrwert sorgen. Die frankophonen Sozialisten wären also gut beraten, ihre bisherige Unterstützung für eine grüne Regierungsbeteiligung fallen zu lassen.
Bild: Dirk Waem (belga)