Erstens drängt die Zeit, um einen glaubwürdigen Haushalt vorzulegen, der den EU-Vorgaben entspricht, und zweitens steht weiter die Frage im Raum, ob die Grünen nun Teil der nächsten Regierung sein werden oder nicht.
"Küste überspült mit Sonnenanbetern", titelt heute Gazet van Antwerpen. "Der letzte Sommertag", meint Het Belang van Limburg auf Seite 1. Auf vielen Titelseiten prangen Fotos von Menschen, die am Wochenende die Sonne noch einmal genossen haben. Die Küste wurde buchstäblich überrannt: Anscheinend hatten sich rund 200.000 Menschen dazu entschlossen, den Sonntag am Meer zu verbringen.
Sankt Nikolaus im Sommer
Das Ganze sorgte allerdings für ein mittleres Chaos, wie Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite feststellt. Der Grund: Zu dieser Jahreszeit sind keine Rettungsschwimmer mehr im Einsatz. Neun Kinder hatten sich jedoch verlaufen, auch mussten trotz Badeverbots zwei Menschen aus dem Wasser gerettet werden. Diesen Job haben die Küstenwache und die Feuerwehr übernommen.
L'Avenir versteht bei all dem die Welt nicht mehr. Dieses erste Oktoberwochenende wird noch lange in Erinnerung bleiben, meint das Blatt. Sommer im Oktober, wobei in den Warenhäusern Sankt Nikolaus angekommen ist. Irgendwie kommen uns die zeitlichen Bezugspunkte abhanden.
Vertrauen im Keller
Im Mittelpunkt der Kommentare steht heute aber einmal mehr die innenpolitische Lage. "Das Vertrauen ist im Keller", konstatiert La Libre Belgique auf Seite 1. Die Brüsseler Verhandlungen über eine Staatsreform und eine neue Regierung sind ins Stocken geraten. Strittig ist die Spaltung des Gerichtsbezirkes Brüssel-Halle-Vilvoorde. Mitte September hatten sich die acht Parteien auf die Spaltung des Wahlbezirkes Brüssel-Halle-Vilvoorde verständigt. Damit, so glaubte man, war eigentlich das Schwierigste vom Tisch. Doch wird besagte erste Einigung offenbar unterschiedlich interpretiert, mutmaßt La Libre Belgique. Einige glauben, hereingelegt worden zu sein - und damit war urplötzlich das Misstrauen wieder da. Jetzt, so mahnt das Blatt in seinem Leitartikel, liegt es an Elio Di Rupo, dieses Vertrauen wieder herzustellen.
La Dernière Heure versteht indes gar nichts mehr. Warum sorgt BHV nun plötzlich wieder für Spannungen?, fragt sich das Blatt in seinem Leitartikel. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder spürt die CD&V nun doch wieder den heißen Atem der N-VA, oder es hat eine Einigung über BHV nie gegeben. Regierungsbildner Di Rupo bekommt hier auch die Quittung für seine Kommunikationspolitik, da niemand den Inhalt der bislang erzielten Abkommen kennt.
Haushalt - Mission impossible!?
Dabei ist eigentlich keine Zeit zu verlieren, wie die meisten Zeitungen betonen. "Di Rupo muss sich beeilen", titelt etwa De Standaard. Insbesondere der Haushalt kann nicht warten. Beim EU-Gipfel vom 17. und 18. Oktober muss Belgien ein glaubwürdiges Budget vorlegen, das die strengen EU-Vorgaben erfüllt. Dazu müssen nach Schätzungen rund sieben Milliarden Euro gefunden werden. In zwei Wochen ist das quasi unmöglich, warnt De Standaard.
"Schluss mit den surrealistischen Diskussionen", poltert denn auch Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Während das Land vor der wohl schwierigsten Sparrunde seiner Geschichte steht, streitet man in der Rue de la Loi über ein paar frankophone Richter im Brüsseler Rand. Wie, in Gottesnamen, ist es möglich, dass einige Frankophone hier so ein Theater machen? In Flandern sprechen die Richter Niederländisch, das ist doch das Normalste von der Welt.
Di Rupo und Co. müssen jetzt auf jeden Fall Gas geben, mahnt Het Nieuwsblad. Klar sind die BHV-Verhandlungen schwierig. Doch ist Belgien gut beraten, am 17. Oktober den EU-Partnern zumindest die Grundzüge eines glaubwürdigen Haushaltsplans vorzulegen. Belgien hat seinen Kredit ausgereizt. Am vergangenen Wochenende jedoch wurde so gut wie nicht verhandelt. Angesichts der Haushaltszahlen ist ein solches Getrödel unverantwortlich.
Sparen! Ohne Tabus!
Jeder weiß indes, dass es schmerzhaft wird, notiert De Standaard. Der amtierende Haushaltsminister Guy Vanhengel wurde unlängst mit den Worten zitiert: "Wir müssen alle auf ein Stück weit Komfort verzichten". Das ist der Euphemismus des Jahres, meint De Standaard. Es wird weh tun, und alle werden wir es fühlen. Und alle beteiligten Parteien werden das ihrer jeweiligen Basis verkaufen müssen.
Dabei steht nicht einmal fest, wie die künftige Koalition aussehen soll. Mit oder ohne die Grünen?, das ist die Frage. Für De Morgen besteht kaum ein Zweifel daran, dass Ecolo und Groen! wohl nicht Teil der nächsten Regierung sein werden. Letztlich ist das aber gehüpft wie gesprungen, glaubt Het Belang van Limburg. Klar stünde eine Regierung mit Beteiligung der Grünen weiter Links. Das allerdings ist Theorie. Ob nun Links, Mitte oder Rechts: Alle Regierungen in Europa treffen in etwa dieselben Maßnahmen, um die Staatsfinanzen zu sanieren.
In diesem Zusammenhang ruft Le Soir die Parteien auf, über ihren Schatten zu springen. Jeder muss heilige Kühe schlachten, es darf keine Tabus geben. Ansonsten steht unser ganzes Gesellschaftsmodell auf dem Spiel. Die nächste Regierung hat ein Rendezvous mit der Geschichte. Sie darf es nicht verpassen.
Nur sind auch nicht alle Mittel recht, mahnt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Man sollte zum Beispiel nicht dem dänischen Beispiel folgen und eine Fett-Steuer einführen. Abgaben beschließen unter dem Vorwand, man wolle nur das Beste für die Gesundheit der Bürger, das weist den Weg in eine Bevormundungsgesellschaft: Man weiß, wo es beginnt, aber man weiß nicht, wo es endet.
Einer hat unterdessen anscheinend genug von dem innenpolitischen Theater. "Der König hat die Nase voll", titelt L'Avenir. Das Blatt beruft sich auf die Aussagen eines früheren Beraters des Königs. Der unterstreicht aber, dass der König keinesfalls die Absicht habe, abzudanken.
Bild: Dries Luyten (belga)