Dazu geht Gazet van Antwerpen der Frage nach: Werden die Grünen dem neuen Kabinett angehören oder nicht? Die flämischen Liberalen und Christdemokraten würden sie lieber in der Opposition sehen, doch aus der politischen Perspektive wäre es zweifellos besser, Ecolo und Groen! in die Regierung aufzunehmen. Das Abkommen über die Staatsreform verlangt zweifellos noch eine monatelange Nachsorge, und das wäre mit den Grünen auf der Oppositionsbank eher schwierig. Außerdem gilt es zu bedenken, dass die neue Regierung Di Rupo ohne die Grünen unter den flämischen Abgeordneten keine Mehrheit hätte. Das ist zwar theoretisch kein Problem, doch demokratisch wäre das nicht.
Staatshaushalt: Die Kunst des Gleichgewichts
Verschiedene Blätter befassen sich mit dem nächstjährigen Staatshaushalt, den Di Rupo und die künftigen Koalitionsparteien aller Voraussicht nach kommende Woche ausarbeiten werden. Dazu heißt es in Het Laatste Nieuws, mindestens acht Milliarden Euro gilt es einzusparen, doch wo will man die finden? Dies dürfte mindestens so schwierig werden wie die Ausarbeitung des neuen Finanzierungsgesetzes, das übrigens sehr eng mit dem Haushalt des kommenden Jahres verknüpft ist.
De Morgen ist sich diesbezüglich sicher, dass die ursprünglich in Betracht gezogene Einführung einer Vermögenssteuer bereits begraben ist. In ihrem Kommentar findet die Zeitung das schade, denn es sei nicht normal, dass jemand, der hundert Euro durch seine Arbeit verdient, bis zu 50 Euro dem Staat zurückgibt, während jemand, der den gleichen Betrag durch sein Vermögen kassiert, wesentlich günstiger davonkommt. Solange diese ungerechte Verteilung der Steuerlast nicht korrigiert wird, wird hierzulande die Einkommenssteuer außergewöhnlich hoch bleiben.
Zum gleichen Thema notiert Het Nieuwsblad, es geht um ein gerechtes Gleichgewicht zwischen Einsparungen und neuen Einnahmen des Staates. Genauso wichtig allerdings ist, dass die Wirtschaft genügend finanziellen Spielraum für Investitionen erhält, und dass es gelingt, die Menschen länger in Arbeit zu halten. Besonders darauf wird Europa in Zukunft sehr genau achten.
Barroso: Energische Rede für mehr Europa
Und damit wären wir bei der gestrigen energischen Rede von EU-Kommissionspräsident Barroso vor dem Europaparlament.
Dazu schreibt Het Belang van Limburg, sein Vorschlag einer Steuer auf Finanztransaktionen ist hundertprozentig gerechtfertigt. Nachdem die europäischen Länder zur Rettung des Bankensektors den horrenden Betrag von 4.600 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt haben, ist es höchste Zeit, dass der Finanzsektor der Gesellschaft etwas zurückgibt.
Im gleichen Kontext notiert La Libre Belgique, Barroso ist gestern ebenso entschieden wie energisch aufgetreten, mit Vorschlägen, die den Großen in der EU, wie zum Beispiel Deutschland und Frankreich, nicht unbedingt gefallen werden. Seine Idee einer kohärenten europäischen Wirtschaftspolitik und entsprechenden Abstrichen der nationalen Befugnisse in diesem Bereich, ist richtig. Jetzt gilt es allerdings, den großen Worten auch Taten folgen zu lassen.
Von Arzthonoraren, Sozialbetrug und teuren Wohnungen
Zurück ins eigene Land mit Le Soir, der auf seiner Titelseite die Honorare der Fachärzte unter die Lupe nimmt. Diese sind, einem Bericht der Krankenversicherung zufolge, entschieden zu hoch. Schuld daran ist die angebliche Überbewertung gewisser medizinischer Leistungen, wodurch der Haushalt der Krankenversicherung übermäßig stark belastet wird. Dazu gibt die Zeitung das Beispiel von vier Fachärzten in Radiologie, die in einem Brüsseler Krankenhaus kurz hintereinander kündigten, weil die Direktion nicht bereit war, ihnen ein Monatsgehalt von 35.000 Euro zu zahlen.
In La Dernière Heure ist der große Aufmacher auf Seite 1 der soziale Betrug. Da ist die Rede von getürkten Kündigungen, gefälschten Krankheitsattesten, falschen Arbeitslosen und sogar falschen Behinderten. Eine gefälschte Kündigung ist angeblich schon ab 400 Euro zu haben, und damit kann man dann Arbeitslosengeld kassieren. Die Schwarzarbeit ist nicht nur im Hotel- und Gaststättengewerbe, sondern auch in den Bäckereien Belgiens weit verbreitet. Dieser Sozialbetrug kostet uns jährlich stolze drei Milliarden Euro.
Zum Schluss noch ein Blick auf die steigenden Immobilienpreise in Lüttich. Wie Le Soir zu berichten weiß, kostet dort eine kleine Einzimmerwohnung von 30 Quadratmetern inzwischen 60.000 Euro. Noch vor zehn Jahren zahlte man dafür gerade mal 25.000 Euro, ein Anstieg also von 140 Prozent.
Bild: Christophe Karaba (epa)