Die Märkte glauben an eine Erholung nach der Krise. Das schreibt das Wirtschaftsblatt auf seiner Titelseite und berichtet über die steigenden Aktienkurse an den Börsen. Plus 4,4 Prozent in Brüssel. Das hatte es schon lange nicht mehr gegeben. Den Grund für den Aufschwung sieht die Zeitung in der Ankündigung, dass der Euro-Rettungsschirm erweitert wird. Das hat die Märkte offenbar beruhigt.
De Morgen ist skeptischer. Der Yo-Yo-Effekt an den Börsen hält an. Mal klettern die Kurse, mal stürzen sie wieder unerklärlich in den Abgrund. Was an den Aktienmärkten geschieht, ist oftmals irrational. Fundamentale Wirtschaftszahlen müssen weichen und Platz machen für Gerüchte, Misstrauen und ein großes Angstgefühl.
SOS Europa: Verhofstadt fordert Aktionsplan
Auch Le Soir weiß, dem Euro geht es schlecht. EU-Kommissionspräsident Barroso liefert heute mögliche Antworten. Die Zeitung fordert: "Starten Sie einen Rettungsplan, Herr Barroso!" Die Mission lautet SOS Europa. Der Kommissionspräsident müsse damit aufhören, ständig nach einem Kompromiss zwischen den 27 Hauptstädten zu suchen. Stattdessen sollte er weitreichende Maßnahmen vorschlagen für ein geeinteres Europa. Klar ist aber auch, dass die Mitgliedsländer ihr Kirchtumdenken dafür ablegen müssen. Le Soir kommt ebenfalls auf die Vorschläge von Guy Verhofstadt zurück, dem ehemaligen belgischen Premierminister und Fraktionsführer der Liberalen im europäischen Parlament. Verhofstadt fordert einen globalen Aktionsplan, eine handlungsfähige Wirtschaftsregierung und eine einzige Person an der Spitze von EU-Rat und -Kommission.
De Morgen richtet seinen Blick auf Deutschland. Dort wird am Donnerstag über zusätzliche Griechenland-Hilfen und die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms abgestimmt. Das Blatt fasst es in seiner Schlagzeile so zusammen: Scheitert die Abstimmung, scheitert auch Europa. Denn mit Deutschland steht oder fällt der Euro. Für La Libre Belgique gibt es nur einen Ausweg aus der Krise: Die Staaten müssen stärker auf die Wiederbelebung des Arbeitsmarkts setzen. Diese Lehre hätte man schon aus der Finanzkrise von 2008 ziehen müssen, ist die Zeitung überzeugt. Denn seit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers sind in den führenden Wirtschaftsstaaten 20 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Setzt man jetzt nicht auf den Arbeitsmarkt, werden es bis Ende kommenden Jahres nochmal so viel sein.
Feiert die Wallonie einen heimlichen Erfolg?
De Standaard berichtet über die Verhandlungen zur Staatsreform in Belgien. Spätestens zum Wochenende soll das Gesamtpaket geschnürt und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. L'Avenir freut sich auf das Abkommen. Die Französischsprachigen haben ein gutes Geschäft gemacht. In den kommenden zehn Jahren erhält die Wallonie die Chance, sich wieder aufzurichten. Doch die Zeitung weiß auch, das geht nicht ohne Veränderung der Mentalität. Die Föderation Wallonie-Brüssel muss die wichtigen Herausforderungen der Zukunft jetzt selbst in die Hand nehmen.
Gazet van Antwerpen wundert sich, warum es so ruhig ist im französischsprachigen Landesteil. Zuerst die Spaltung von BHV, dann das weitreichende Finanzierungsgesetz. Noch vor einem Jahr hätten die Frankophonen so etwas nie unterschrieben und jetzt feiern sie die Einigungen regelrecht. Das Blatt fragt sich, ob die Nationalisten nicht doch Recht haben könnten und die Einigung am Ende für Flandern nachteilig ist. Het Belang van Limburg glaubt die Antwort auf die Frage zu kennen. Die Wallonie bereitet ihre Unabhängigkeit vor. Die Trennung von Flandern ist zwar nicht für morgen, aber im Hintergrund wird daran gearbeitet und es kann noch schlimmer kommen. Wenn in ein paar Wochen der Staatshaushalt saniert wird und neue Steuern beschlossen werden, trifft das die arbeitende Bevölkerung, also zum Großteil die Flamen, ist Het Belang van Limburg überzeugt.
CD&V und N-VA gehen getrennte Wege
Het Nieuwsblad titelt "Die Liebe zwischen CD&V und N-VA ist verblichen". Bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr werden beide Parteien getrennt voneinander auf Stimmenfang gehen. Kartelle werden die Ausnahme. Sowohl auf flämischer Ebene als auch ganz lokal: die N-VA will die größte Volkspartei werden und auch bleiben. Ob die neuen Lokalsektionen der Nationalisten allerdings in allen Gemeinden gegen die Supermacht der Christdemokraten eine Chance haben, ist fraglich.
De Morgen und De Standaard wissen, den flämischen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Gestern hat der Bund der Städte und Gemeinden die Alarmglocke geläutet. Die Einkünfte sinken und die Ausgaben steigen drastisch. Außerdem wälzen Institutionen immer mehr Kosten auf die Gemeinden ab. Wenn sich nichts tut, steuern die Kommunen auf eine Pleite zu, warnt Löwens Bürgermeister Tobback.
KUL will, dass Studenten zu Hause bleiben
De Standaard schließlich macht mit einer erstaunlichen Meldung auf. Die Uni Löwen bittet einige Studenten zu schwänzen und die Vorlesungen von zu Hause aus übers Internet zu verfolgen. Grund ist die gestiegene Anzahl Studenten. Dadurch gibt es zu wenig Platz in den Hörsälen. Auch wenn die Uni beteuert, es sei nur eine vorübergehende Lösung, haben Studentenorganisationen bereits klar gemacht: Eine virtuelle Universität kommt nicht in Frage.
Archivbild: belga