De Morgen titelt: "Regierung Di Rupo I auf der Zielgeraden". L'Avenir findet: "Acht Parteien machen einen Riesenschritt nach vorn". "Letzte Hürde in Sicht", schreibt De Standaard.
Het Belang van Limburg, Gazet van Antwerpen und Het Laatste Nieuws sind sich sicher: Für den Start der parlamentarischen Sitzungsperiode am 11. Oktober steht die neue Regierung.
Nach fast 500 Tagen: neue Regierung in Sichtweite
Fast 500 Tage hat das belgische Drama gedauert, jetzt gibt es Licht am Ende des Tunnels und eine Lösung scheint in greifbarer Nähe. Aufgeben ist nun keine Option mehr, Regierungsbildner Di Rupo und die acht Parteien müssen das Werk vollenden.
Das sieht auch das Grenz-Echo so und titelt: "Weg frei für Regierung und Staatsreform". Hinter den nackten Zahlen verbirgt sich ein Kompromiss, der bis vor wenigen Wochen undenkbar schien. Die Regionen erhalten knapp elf Milliarden Euro an Steuerautonomie, den Teilstaaten werden Zuständigkeiten in einem Gesamtumfang von 17 Milliarden Euro übertragen. Brüssel soll mit 460 Millionen Euro jährlich aufgepäppelt werden.
Und die Wallonie wird mit einem Solidaritätsbeitrag bedacht. Zehn Jahre lang bekommt der südliche Landesteil 500 Millionen Euro. Die Zeitung schlussfolgert: Der Wallonie wird also ein Jahrzehnt Zeit gelassen, die Lücke zu Flandern zu schließen. Die Wallonie liegt künftig unterm Sauerstoffzelt, in der Hoffnung, sie möge aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen.
Verantwortungsprinzip kommt
Das ist heute auch die Schlagzeile von Le Soir. Die Französischsprachigen bekommen Jahre, um sich wieder aufzurichten. Le Soir ist überzeugt: Das gute Ergebnis für die Frankophonen war nur möglich, weil die vier französischsprachigen Parteien zusammengehalten haben.
Die flämischen Zeitungen bewerten das Abkommen ebenfalls eher positiv. Vor allem die Steuerautonomie und das jetzt eingeführte Verantwortungsprinzip werden begrüßt. De Standaard findet: Das bedeutet das Aus für einen perversen Mechanismus, der die Wallonie mit mehr Geld versorgt, wenn das Steueraufkommen ihrer Bürger sinkt. Doch die Zeitung ist kritisch: In der Einigung steckt weniger als erhofft. Das Ergebnis ist nicht schön anzusehen. Ein Flickenteppich aus Forderungen, Gegenforderungen und Gegen-Gegenforderungen. Und: Die größte flämische Partei, die N-VA, steht noch immer im Abseits.
Was nun, N-VA?
Die Kritik der flämischen Nationalisten hat nicht lang auf sich warten lassen. Gazet van Antwerpen ist überzeugt: Die neue Regierung wird ein Anti-N-VA-Kabinett. Bart De Wever wird zum Zement zwischen CD&V, OpenVLD, SP.A, Groen!, PS, cdH, MR und Ecolo. Und die Zeitung sieht bereits neue Probleme auf Bart De Wevers Formation zukommen: Die N-VA ist noch Teil der flämischen Regierung. Fraglich allerdings, ob sie angesichts der neuen Konstellation weiterhin gute Arbeit leisten kann.
Het Belang van Limburg meint: Die Nationalisten haben die Wahl. Sie können sich weiter über das neue Finanzierungsgesetz ärgern und die flämische Regierung verlassen. Oder aber sie arbeiten vernünftig weiter. Das hält die Zeitung für die bessere Option. Schließlich stehen der flämischen Regierung durch die neuen Mittel und Werkzeuge jetzt mehr Spielräume zur Verfügung.
Föderalstaat am Katzentisch
De Morgen wundert sich, dass in den letzten Tagen so wenig über den Föderalstaat gesprochen worden ist. Ihm drohte der finanzielle Kollaps. Vielleicht musste auch deshalb das neue Finanzierungsgesetz her: um eine Pleite der föderalen Ebene zu verhindern. Doch die Zeitung fragt sich, ob die neuen Maßnahmen reichen werden, um die Vergreisung der Bevölkerung zu bezahlen.
Dass wenig über den Föderalstaat gesprochen wird, erklärt De Morgen aber auch damit, dass am Verhandlungstisch Flamen und Französischsprachige sitzen. Am Ende muss jede Partei sich mit Triumphbotschaften vor ihrer Basis daheim verantworten. Eine gesamtbelgische Wählerschaft besteht schon lange nicht mehr.
Regierungsbildner Di Rupo bleiben noch genau 16 Tage, um die Staatsreform abzurunden, ein Regierungsprogramm aufzustellen und den komplizierten Sparhaushalt zu schnüren. Fast alle Zeitungen meinen: Das ist zwar schwierig, aber eine neue Regierung pünktlich zum Start der parlamentarischen Sitzungsperiode bleibt in Reichweite.
Politbarometer: Di Rupo Superstar
La Libre Belgique veröffentlicht heute ihr traditionelles Politbarometer. Demnach bleiben PS und N-VA die stärksten Parteien des Landes. Allerdings wurde die Umfrage vor den Einigungen über BHV und das Finanzierungsgesetz durchgeführt. Sie gilt daher als überholt.
Beliebtester Politiker in der Wallonie ist der künftige Premierminister Elio Di Rupo. Mit 52 Prozent liegt er uneinholbar vorn. "Di Rupo Superstar" titelt La Dernière Heure. Auf Platz 2 landet Joëlle Milquet. Flanderns Spitzenreiter bleibt Nationalistenchef Bart De Wever. Auf Rang zwei steht auch bei den Flamen der künftige Premierminister. Elio Di Rupo gewinnt einen Prozentpunkt hinzu und landet mit 31 Prozent vor flämischen Politikern wie Alexander De Croo, Kris Peeters, Yves Leterme oder Herman Van Rompuy.
Bild: Bruno Fahy (belga)