"Wie ein Schlag ins Gesicht", - so beschreibt Het Nieuwsblad den Auftritt des mutmaßlichen Serienmörders Ronald Janssen vor Gericht. Gleich am ersten Prozesstag in Tongern zog Janssen sein Geständnis wieder zurück. Emotional plädierten er und seine Anwälte auf Totschlag und nicht auf Mord. Seine früheren Erklärungen über den Tod von Annick, Kevin und Shana seien reine Fantasie gewesen. Schockiert verließen die Eltern der drei jungen Opfer den Gerichtssaal.
Mordprozess Janssen: Die Leiden der Eltern
Auch die anderen Zeitungen berichten auf mehreren Sonderseiten über den Prozessauftakt beim limburgischen Schwurgericht. Überall zu sehen sind Fotos der betroffenen Angehörigen, die unter Tränen das Gerichtsgebäude in Tongern verlassen.
"Janssen schockiert die Eltern", titelt Gazet van Antwerpen. Statt Antworten lieferte der mutmaßliche Serienmörder am Freitag nur neue verwirrende Erklärungen, fasst die Zeitung zusammen.
Het Laatste Nieuws stellt fest: Janssens Auftritt war beschämend. Der Verdächtige drückte auf die Tränendrüse und hatte nur Mitleid mit sich selbst. Der ehemalige Lehrer erklärte unter anderem, die Taten seien so abscheulich, dass er sie einfach verdrängt habe; ermordet und vergewaltigt habe er allerdings niemanden. Die Angehörigen treibt der mutmaßliche Serienmörder damit jedenfalls an den Rand der Verzweiflung.
Einigung über Finanzierungsgesetz
Le Soir und De Standaard gehen auf das Abkommen über das Finanzierungsgesetz ein, das die acht Parteien in der Nacht erzielt haben. "Di Rupo zieht den Karren aus dem Dreck" lautet die Schlagzeile bei De Standaard. Jetzt sind sich alle einig, hält die Zeitung fest. Endlich gibt es Licht am Ende des Tunnels. Nach vierzehn Monaten Dauerblockade gelang in nur zehn Tagen die Einigung, zuerst über BHV, dann über Brüssel und jetzt über das Finanzierungsgesetz. Wie ist so etwas möglich, fragt das Blatt und gibt vier Antworten: Zum einen hat der Kompromiss zu Brüssel-Halle-Vilvoorde die Blockaden gelöst. Dann herrscht zwischen den acht Parteien eine gute und respektvolle Stimmung. Als dritten Grund nennt die Zeitung die unzähligen gescheiterten Versuche; auch sie haben zur Lösung beigetragen. Und viertens drängt die Zeit, unter anderem wegen der unsicheren Lage an den Finanzmärkten.
Auch Le Soir stellt fest: Das neue Finanzierungsgesetz stellt jeden zufrieden. Es wir den Anforderungen sowohl der Französischsprachigen als auch der Flamen gerecht. Die Zeitung fragt sich, ob es zum Start der neuen parlamentarischen Sitzungsperiode am 11. Oktober auch eine neue Regierung geben wird. Gut möglich, lautet die Antwort von Le Soir. Allerdings müssen dazu noch das Paket Staatsreform fertiggeschnürt, ein neues Kabinett zusammengestellt, ein Regierungsprogramm erstellt und das Ganze von der Parteibasis abgesegnet werden.
Frank Vandenbroucke verlässt Politik
Alle flämischen Zeitungen kommentieren den Weggang von Frank Vandenbroucke aus der Politik. Der Senator und ehemalige SP.A-Minister kehrt der politischen Bühne den Rücken und will sich in Zukunft voll und ganz auf seine Lehraufträge und seine wissenschaftlichen Forschungsprojekte konzentrieren.
De Morgen findet: Die flämischen Sozialisten hätten ihren Spitzenpolitiker nicht einfach so gehen lassen dürfen. Natürlich ist Vandenbroucke kein einfacher Mensch. Er will immer recht haben, ist besessen und strahlt nicht wirklich viel menschliche Wärme aus. Aber er hat seiner Partei stets viele Stimmen gebracht - und wichtige politische Impulse.
Gazet van Antwerpen kann Vandenbrouckes Schritt hingegen nachvollziehen. Vor zwei Jahren hatte die damalige SP.A-Vorsitzende Caroline Gennez ihn ins Abseits gestellt, und auch in der neuen Regierung wird es wohl kein Ministeramt für Vandebroucke geben. Diese Posten haben sich bereits Gennez und Vande Lanotte gesichert.
Umfrage: Viele Belgier für "Spekulationssteuer"
La Libre Belgique veröffentlicht heute die Zahlen ihrer Exklusivumfrage. Die Zeitung hat 2.000 Belgier gefragt, wo sie den Sparhebel ansetzen würden, um die Staatsfinanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die große Zahl auf der Titelseite ist "78 Prozent". Fast acht Belgier von zehn sprechen sich demnach für eine Börsensteuer aus. Auch in Di Rupos Note war davon die Rede. In der repräsentativen Umfrage fordern mehr als 70 Prozent eine Reichensteuer. Allerdings werden hier regionale Unterschiede deutlich: In der Wallonie ist die Forderung mit 83 Prozent deutlich stärker als in Flandern. Das Arbeitslosengeld sollte zeitlich befristet werden, dafür sind zwei Drittel der Belgier. Wobei der Unterschied zwischen Flamen (72 Prozent) und Wallonen (56 Prozent) auch hier groß ist. Die wohl erstaunlichste Zahl der Umfrage: 57 Prozent der Belgier hätten nichts dagegen, wenn das System der automatischen Gehaltsanpassung, der so genannte Lohnindex, abgeschafft würde. So weit geht die Note von Regierungsbildner Di Rupo allerdings nicht.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)