Le Soir, De Morgen, Het Laatste Nieuws, La Libre Belgique und De Standaard zitieren: "Ich habe einen moralischen Fehler begangen. Ich habe viel verloren, ich bedauere mein Verhalten." Strauss-Kahn sagte aber auch "Was geschehen ist, hat weder mit Gewalt, noch mit Zwang, Aggression oder irgendeiner Straftat zu tun".
Aus Mangel an Beweisen hatte die New-Yorker Staatsanwaltschaft entschieden, in der Vergewaltigungsaffäre nicht vor Gericht zu ziehen. Was ist passiert am 14. Mai in Dominique Strauss-Kahns New-Yorker Hotelsuite? Das war die erste Frage, in dem mehr als 20-minütigen Fernsehinterview. Doch wie zu erwarten, gab der Ex-IWF-Chef darüber keine detaillierte Auskunft.
"Moralischer Fehler, keine Straftat"
Über seine politische Zukunft äußerte sich DSK in dem Fernsehinterview nur sehr vage. Nach einer Umfrage hätten sich mehr als die Hälfte der Franzosen allerdings gewünscht, dass Strauss-Kahn im Fernsehen seinen Rückzug aus der Politik ankündigt. Das hat er aber nicht getan. Dominique Strauss-Kahn galt vor seiner Festnahme als Präsidentschaftskandidat der französischen Sozialisten.
Le Soir geht mit DSK hart ins Gericht. "Dieser Mann hat nichts verstanden", schreibt die Leitartiklerin. In dem TF1-Interview hat sich Strauss-Kahn nur selbst verherrlicht. Es fehlte ihm an Ehrlichkeit, Emotion und Demut. Strauss-Kahn stellte sich als Opfer dar, und hat sich nicht die Zeit genommen, sich bei den Frauen zu entschuldigen, die er verletzt hat. Menschlich ist seine Ehrenrettung jedenfalls gescheitert, meint Le Soir.
Regierung ohne Grüne?
Der zweite Schwerpunkt in der Berichterstattung der belgischen Tageszeitungen sind heute die Regierungsverhandlungen. Nach einem freien Wochenende kehren die acht Parteien zurück an den Verhandlungstisch. Doch De Standaard und De Morgen meinen, möglicherweise könnten es bald schon weniger Parteien sein. Die Zeitungen titeln "Regierung ohne die Grünen in der Mache" und "Für die Grünen geht es Richtung Ausgang".
Flanderns Liberale und Christdemokraten wollen offenbar erst über den Haushalt reden, wenn klar ist, wie Di Rupos neue Regierung aussehen soll. Nach Ansicht von CD&V und Open-VLD sind acht Parteien zu viel für eine Koalition. Ohne es offen zu sagen, wollen sie ein Kabinett ohne Groen! und Ecolo.
De Morgen meint, wenn die beiden Parteien die Grünen nicht mehr dabei haben wollen, müssen sie das jetzt klar und deutlich sagen. Denkbar wäre, dass Ecolo und Groen ähnlich wie 2001 die Staatsreform von der Oppositionsbank aus im Parlament unterstützen.
Für Het Laatste Nieuws stellt sich die Frage im Moment nicht. Zuerst müssten wichtige Abkommen zur Staatsreform erzielt werden. De Morgen sieht in einer Regierung ohne Ecolo einen Vorteil, dann gäbe es auf französischsprachiger Seite eine Oppositionspartei. Würden die Grünen nämlich mitregieren, gäbe es keine Opposition. Auf flämischer Seite allerdings hat eine Koalition ohne Groen! keine Mehrheit - ähnlich wie derzeit die Leterme Regierung.
Schädliches Bild für N-VA
Het Nieuwsblad und De Standaard beschäftigen sich mit der nationalistischen N-VA. Anlass ist die Demonstration am Sonntag von flämischen Aktivisten in der Brüsseler Randgemeinde Linkebeek. N-VA-Abgeordnete waren dort Seite an Seite zu sehen mit Anhängern des rechtsextremen Vlaams Belang.
Bilder können tödlich sein, schreibt Het Nieuwsblad und geht auf den schwierigen Spagat ein, den die N-VA derzeit betreibt. Auf der einen Seite gibt es in der Stammwählerschaft die Hardliner. Diese Gruppe ist nicht besonders groß. Auf der anderen Seite aber steht die große Masse, die als gemäßigt geltenden Neuwähler. Sie folgen De Wever in seinen flämischen Standpunkten nur, wenn sie sachlich und realistisch sind. Gemeinsame Auftritte mit dem Vlaams Belang sind für das Bild der Partei äußerst schädlich. Die Zeitung meint, der echte Alptraum für die N-VA, so hatte Bart De Wever die Regierungsverhandlungen beschrieben, ist nicht die Einigung über BHV, sondern die Tatsache, dass die anderen flämischen Parteien den Kompromiss erzielt haben.
De Standaard sieht das ähnlich und beschreibt den gemeinsamen Auftritt mit den Rechtsextremisten als kapitalen Fehler. Durch falsche Entscheidungen kehrt die N-VA wieder in ihre klassische Rolle der Zeigefinger-Partei zurück. Auch von außen können die Nationalisten das Verhandlungsergebnis weiter beeinflussen, aber nur solange sie sich nicht weiter unglaubwürdig machen, fasst De Standaard zusammen.
MR und FDF vor Trümmerhaufen
Le Soir und L'Avenir kommen auf den Streit bei den französischsprachigen Liberalen zurück. Zwischen MR und FDF herrscht dicke Luft. Das Bündnis könnte schon in zwei Wochen zu Grabe getragen werden. Die Zeitungen sind überzeugt, in beiden Parteizentralen wird zurzeit die Trauerfeier vorbereitet.
Bild: Francois Guillot (epa)