De Morgen titelt "BHV spaltet die MR". Bei Le Soir lautet die Schlagzeile "MR-FDF: die andere Spaltung". L'Avenir schreibt: "Scheidung zwischen MR und FDF steht kurz bevor" und Het Belang van Limburg titelt, "FDF fordert, dass MR Einigung platzen lässt".
Im Fernsehen erklärte Olivier Maingain am Donnerstagabend: Sollte die MR nicht auf die Einigung zurück kommen und die Rechte der Französischsprachigen, vor allem im Brüsseler Umland stärken, dann werde er das Bündnis mit den französischsprachigen Liberalen aufkündigen. Als Gegenleistung für die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde fordert Maingain weiterhin die Ausweitung der Region Brüssel.
Olivier Maingain, der neue Bart De Wever?
De Morgen meint, inzwischen träumt Olivier Maingain wohl davon, der französischsprachige Bart De Wever zu werden. Mit seiner unbeweglichen Haltung will er die FDF zur ebenso erfolgreichen N-VA der Frankophonen machen.
Le Soir hebt den Mut von MR-Parteichef Charles Michel hervor. Er habe das größte Risiko auf sich genommen. Doch nicht ohne Hintergedanken, meint die Zeitung. Zum einen kann er mit einer starken Unterstützung innerhalb seiner Partei rechnen. Maingain ist im wallonischen Flügel der MR nicht besonders beliebt. Zum anderen will Michel das Land retten und nicht weiter ins Chaos stürzen. Und durch die mögliche Trennung von der FDF entstehen für die MR neue Möglichkeiten bei den Wahlen in Brüssel.
Die Teilung von BHV könnte die politische Landschaft im frankophonen Belgien völlig neuordnen, meint Le Soir. Davon ist auch La Dernière Heure überzeugt, sieht im möglichen Weggang der FDF aber eine Gefahr für die MR.
In Brüssel wird die sozialistische PS der große Wahlgewinner sein und könnte nach vielen Jahren in der Hauptstadt die Liberalen als Spitzenreiter verdrängen. Das wäre ein doppelter Sieg für Elio Di Rupo. Er würde einerseits in die Geschichte eingehen, als der Mann, der der jahrelangen politischen Blockade ein Ende gesetzt hat und zugleich hätte er auch noch seinen politischen Erzfeind beseitigt.
MR drohen Stimmenverluste in Brüssel
De Morgen interpretiert das ähnlich: Sollten die Liberalen die FDF fallen lassen, werden sie in Brüssel zahlreiche Stimmen verlieren. Der Traum, stärkste Kraft im frankophonen Belgien vor der PS zu werden, wäre damit endgültig ausgeträumt. 2007 war das dem ehemaligen MR-Vorsitzenden Didier Reynders gelungen. Ohne die Unterstützung der Hardliner von der FDF werden die Liberalen das wohl nicht mehr hinbekommen, ist De Morgen überzeugt.
Het Laatste Nieuws kommt auf eine andere Schlüsselfigur zurück. Die Einigung über BHV ist ein harter Schlag für Bart De Wever, denn die flämischen Parteien haben das Abkommen ohne den Nationalistenführer geschnürt. De Wever hat hoch gepokert und verloren, schreibt die Zeitung. Mit seinem Nein zur Di Rupo-Note und dem Rückzug vom Verhandlungstisch hat De Wever den Willen und den Ehrgeiz der traditionellen Parteien wohl unterschätzt.
Heftige Reaktion von der N-VA kommt noch
Het Nieuwsblad wundert die eher gemäßigte Reaktion von Bart De Wever auf das Abkommen, doch die Zeitung ist überzeugt, das schwere Geschütz hält De Wever noch zurück. Schließlich kommen die wichtigen Geldfragen noch. Dann wird die N-VA erneut den Eindruck erwecken, dass die Flamen am Ende die Rechnung bezahlen, zu Recht oder zu Unrecht, aber die heftige Reaktion wird noch kommen.
Alle Zeitungen beleuchten heute noch einmal die historische Einigung. Sie ist ein wichtiger Schritt, ist überall zu lesen. Aber eben nur ein Schritt, meint La Libre Belgique. Die wirklich wichtigen Akten liegen jetzt auf dem Tisch: neue Befugnisse für die Teilstaaten, Finanzierungsgesetz und das Streitthema zusätzliche Finanzmittel für Brüssel. Auf die acht Parteien kommt noch viel Arbeit zu.
La Dernière Heure und das Wirtschaftsblatt L'Echo werfen eine Frage auf: Wohin steuert Belgien? Bereits jetzt steht fest, die nächste Staatsreform wird nicht die letzte sein. Es wird weiter geteilt, Zuständigkeiten werden vom Föderalstaat an die Teilstaaten übertragen aber niemand kennt das Ende der Geschichte. Diese Bastelei wird solange weitergehen bis es auf die Frage "Was wollen Flamen, Wallonen, Brüsseler und Deutschsprachige eigentlich noch gemeinsam machen?", eine Antwort gibt.
Entspannung an den Börsen in Sicht
L'Echo hat die positiven Effekte der belgischen Einigung über BHV auf den Finanzmärkten beobachtet. Die Zinssätze für belgische Staatsanleihen sind deutlich gesunken, auf 3,9 Prozent. Der Unterschied zu den als sicher geltenden deutschen Staatspapieren hat sich damit auf unter zwei Prozent verkleinert. Sollte es bald weitere, erfreuliche Nachrichten aus der Rue de la Loi geben, wird das positive Folgen an den Finanzmärkten haben.
Archivbild: Kristof Van Accom (belga)