Dieses Thema beschäftigt heute zusammen mit den Regierungsverhandlungen die Kommentatoren der meisten Zeitungen.
Keine Panik
Le Soir veröffentlicht diesbezüglich ein Interview mit Finanzminister Reynders, der für die belgischen Banken keinen Grund zur Panik sieht.
Seines Erachtens kann man die heutige Situation nicht mit der Krise von 2008 vergleichen, auch wenn insbesondere die KBC und Dexia gegenwärtig schwere Zeiten durchstehen müssen.
Um etwas mehr Ruhe in die Euro-Zone zu bringen und eine Rezession zu vermeiden, schlägt Reynders eine einheitliche Unternehmensbesteuerung für die Benelux-Länder, Deutschland und Frankreich vor.
Seinen Kommentar widmet Le Soir der Haltung Deutschlands angesichts der Euro-Krise und bedauert, dass Berlin hartnäckig an so drastischen Einsparungen festhält, dass zum Beispiel in Griechenland ein wirtschaftlicher Aufschwung überhaupt nicht möglich ist. Natürlich geht es nicht ohne eine echte Sparpolitik, doch wäre es besser, die entsprechenden Maßnahmen über einen längeren Zeitraum zu strecken.
Karlsruher Urteil könnte Ende des Euro bedeuten
Im gleichen Kontext weist Het Belang van Limburg darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heute darüber entscheidet, ob das europäische Hilfspaket für Griechenland mit dem deutschen Grundgesetz übereinstimmt. Sollte das Gericht den Klägern recht geben, denen zufolge diese Hilfsmaßnahmen verfassungswidrig sind, dann hätte das unübersehbare Folgen für Europa und den Euro. Dann wäre ein Staatsbankrott in Griechenland nicht mehr abzuwenden und eine zweite Bankenkrise vorprogrammiert. Die Folgen wären dann eine schwere Rezession und das Ende der europäischen Einheitswährung.
La Libre Belgique zufolge ist die Finanz- und Börsenkrise Europas so schwerwiegend, dass die Politiker nicht länger versuchen sollten, sie vor den Bürgern zu verharmlosen. Das Defizit der Staatsfinanzen wird zu einem immer größeren Problem für die Banken und müsste daher auch die maßgebenden Politiker der europäischen Union dazu bringen, endlich mit einer Stimme zu sprechen. Gefragt sind heute nicht Zögern und Meinungsverschiedenheiten, sondern Solidarität und eine langfristige Vision, in deren Zentrum die europäische Integration stehen sollte.
Belgien muss erneut mehr für Anleihe zahlen
De Morgen weist darauf hin, dass Belgien für seine Staatsanleihen seit gestern über 2,3 Prozent mehr Zinsen zahlen muss als die Bundesrepublik Deutschland. Dieser Unterschied, der sogenannte Spread, war noch nie so groß seit dem Bestehen der Euro-Zone. Schuld daran ist die Tatsache, dass Belgien in Ermangelung einer handlungsfähigen Regierung noch immer keine Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen auf den Weg gebracht hat. Für die Zeitung wird damit mehr als deutlich, wie dringend unser Land nach 450 Tagen Krise eine neue Regierung nötig hat.
Di Rupo fehlt es an Mut und Vision
Und damit wären wir bei den Verhandlungen von Regierungsbildner Elio Di Rupo mit den acht Parteien, die, La Libre Belgique zufolge, in einer äußerst angespannten Atmosphäre verlaufen. Die zentrale Frage ist derzeitig, ob ein Kompromiss über BHV zwischen Frankophonen und Flamen möglich ist. Zwar sei nach wie vor der Wille vorhanden, eine Einigung zu erzielen, doch findet vor allen Dingen die liberale MR, dass die von Di Rupo vorgeschlagenen Kompensationen für die französischsprachige Seite nicht weit genug gehen.
Gazet van Antwerpen wirft Di Rupo vor, zu wissenschaftlich vorzugehen, statt sich voll reinzuhängen und Mut zu beweisen. Ihm fehlt es offenbar an Führungsqualitäten und einer Vision, um Belgien von Grund auf zu reformieren.
MR sollte sich von der FDF trennen
De Standaard notiert im gleichen Kontext, die flämischen Parteien könnten in Sachen BHV praktisch keine Zugeständnisse machen, weil sie dafür von den Wählern in Flandern mit Sicherheit hart bestraft würden. Auf französischsprachiger Seite weiß man das und trotzdem verlangt das Tandem MR-FDF von den flämischen Parteien Unmögliches. Vermutlich gibt es nur eine Lösung: Die MR muss sich endlich von der FDF trennen. Die gleiche Auffassung vertritt auch Het Nieuwsblad, wenn es schreibt, es wäre unverantwortlich, der FDF zu gestatten, ganz Belgien als Geisel zu nehmen, indem sie Forderungen stellt, deren Erfüllung die N-VA bei der nächsten Wahl noch viel starker machen würde.
Was noch?
Werfen wir noch abschließend einen Blick auf das Grenz-Echo, das den stark angestiegenen Gebrauch von Anti-Depressiva in den Blickpunkt seiner Titelseite rückt, während La Dernière Heure das Problem der Zugverspätungen auf Seite 1 anspricht. Die Klagen der Fahrgäste werden immer zahlreicher und vielen von ihnen macht die Unpünktlichkeit der Bahn das Leben zur Hölle, so schlussfolgert die Zeitung.
Bild: Javier Lizon (epa)