Eine Einigung muss möglich sein
La Libre Belgique schreibt zum gleichen Thema, wir brauchen unbedingt eine Einigung in den institutionellen Fragen, damit endlich die sozialwirtschaftliche Thematik zum Zuge kommen kann, die für die Zukunft und den Wohlstand der Belgier wesentlich wichtiger ist als BHV. Trotzdem muss gesichert werden, dass das gemeinschaftspolitische Abkommen ein faires Gleichgewicht zwischen den Interessen von Flamen und Frankophonen darstellt. Dies muss einfach möglich sein.
Nicht zuletzt auch für die jungen Parteipräsidenten um Di Rupo, die endlich beweisen müssen, dass sie in der Lage sind, eine Einigung zu erzielen. Gelingt dies nämlich nicht, wird bei der nächsten Wahl der Fortbestand des Landes zur Debatte stehen.
De Wevers Schadensfreude
De Morgen titelt auf Seite 1 mit dem Wunsch von N-VA-Chef De Wever, dass Di Rupo scheitern möge. Sozusagen nach dem Motto: Je schlechter die Verhandlungen laufen, umso besser ist es für die N-VA, die den Verhandlungstisch bekanntlich verlassen hat. Dazu heißt es kommentierend: Natürlich wird die N-VA schon das kleinste Zugeständnis seitens der anderen flämischen Parteien als Verrat am flämischen Regierungsabkommen verurteilen. Angesichts dessen lautet die große Frage, ob die Flamen am Verhandlungstisch den politischen Mut aufbringen werden, einen ehrlichen Kompromiss auszuhandeln. Nach dieser längsten politischen Sackgasse in der Geschichte des Landes wäre es wohl naiv, dieser angeblichen entscheidenden Woche allzu optimistisch entgegen zu sehen.
Politiker verzichten auf goldenen Handschlag
Das zweite große Kommentarthema, das an diesem Wochenende ganz Flandern bewegte, ist die Abschiedsprämie von 300.000 Euro für den flämischen Parlamentarier Sven Gatz. Dieser hatte kürzlich das flämische Parlament freiwillig verlassen, um Direktor beim flämischen Brauereiverband zu werden. Trotzdem kassierte er 300.000 Euro Abschiedsprämie, wie es eine interne Parlamentsregelung vorsieht. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung hat er am Wochenende beschlossen, das Geld zurück zu geben.
Gazet van Antwerpen nennt das eine "mutige Entscheidung", denn schließlich hat er ja Recht auf diese Abfindung. Der Vorfall sollte allerdings als Anlass genutzt werden, die Vergütung der Volksvertreter zu überdenken. Nach Ansicht der Zeitung ist es nicht normal, dass ein Parlamentarier nach 20 Jahren Dienst Anrecht auf die volle Pension hat. Glaubwürdig ist es jedenfalls nicht. Außerdem sollten jene, die für andere entscheiden, mit dem guten Beispiel voran gehen.
Ein Grund, über die Entlohnung der Politiker nachzudenken
Eine ähnliche Auffassung vertritt auch Het Laatste Nieuws mit dem Hinweis, unsere Politiker sollten einmal gründlich darüber nachdenken, was an ihrer Entlohnung normal ist und was eigentlich abgeschafft werden müsste. Auf jeden Fall muss man Sven Gatz, der freiwillig auf brutto 300.000 Euro verzichtet, Respekt zollen. Andere vor ihm haben das nicht getan. Nachdem Gatz jedoch dieses Zeichen gab, werde es künftig für andere, die freiwillig das Parlament verlassen, schwer sein, noch die Hand auf zu lassen.
Genau diesbezüglich nennt Het Belang van Limburg einige Fälle aus der Vergangenheit wie zum Beispiel José Happart von der PS, der vor zwei Jahren sogar 530.000 Euro kassierte, als er freiwillig das wallonische Parlament verließ, und auch der Ex-Präsident des flämischen Parlaments De Batselier, der ebenfalls die Abschiedsprämie einsteckte, um anschließend Direktor bei der Nationalbank zu werden. Man kann nur hoffen, so die Zeitung abschließend, dass das gute Beispiel von Sven Gatz in Zukunft Schule machen wird. Besser wäre allerdings noch, die diesbezügliche Regelung abzuändern.
Archivbild: Julien Warnand (belga)