Fast sämtliche Blätter berichten, dass die Truppen der Aufständischen unmittelbar vor Tripolis stehen, beziehungsweise die Hauptstadt zum großen Teil bereits eingenommen haben. Für die Zeitungen ist es bis zum politischen Ende Gaddafis nur noch eine Frage von Stunden.
Le Soir schreibt dazu in seinem Leitartikel, damit geht eine 1969 begonnene Ära der Diktatur in Libyen zu Ende. Man sollte jedoch nicht glauben, dass dann ein demokratisches Regime von vornherein sichergestellt ist. Die Gefahr, dass es zu Plünderungen kommt, zu Racheakten, und schließlich zu einem Absturz in die Anarchie ist keineswegs von der Hand zu weisen.
Demokratie kommt nicht automatisch
De Morgen befürchtet ebenfalls, dass die Situation in Libyen nach dem Triumph der Aufständischen schnell außer Kontrolle geraten könnte. Die Gruppen der Rebellen, die das Gaddafi-Regime besiegt haben, bestehen nicht aus Jugendlichen, die für Freiheit und Demokratie eintreten, sondern vielfach aus politisch rivalisierenden Gruppen, die sich herzlich wenig um Demokratie und Menschenrechte kümmern. Es wäre jedenfalls ein schwerer Irrtum zu glauben, dass sich nach dem Ende Gaddafis ein demokratisches Regime automatisch in Libyen entfalten wird.
Genau diese Befürchtung hegt auch Het Nieuwsblad, wenn die Zeitung schreibt: "Wenn der Feind einmal weg ist, besteht die Gefahr, dass ein interner Machtkampf zwischen den Rebellen ausbricht, mit dem der libyschen Bevölkerung nicht im Geringsten gedient wäre". Deshalb plädiert die Zeitung für das Eingreifen der internationalen Gemeinschaft, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Wer sich wie die NATO in einen internen Konflikt einmischt, der trägt auch Verantwortung für die Folgen des Machtwechsels. Die Rebellen von heute werden die Minister und Richter von morgen sein. Deshalb müssen Europa und die Vereinigten Staaten darauf achten, dass da keine neuen Gaddafis an die Macht kommen. Andernfalls waren die NATO-Bombardierungen gegen das Regime total sinnlos.
Di Rupo zum Erfolg verurteilt
Kommen wir ins eigene Land, wo heute eine intensive Verhandlungswoche im Hinblick auf die Regierungsneubildung an den Start geht. Dazu schreibt Het Laatste Nieuws: Die acht mit Di Rupo verhandelnden Parteien haben ohne die N-VA endlich ihr Schicksal wieder in der Hand, sind allerdings zum Erfolg verurteilt. Wenn bis zu den nächsten Parlamentswahlen BHV gespalten und eine große Staatsreform durchgeführt sein wird, dann haben sie gute Chancen, vom Wähler belohnt zu werden. N-VA-Chef De Wever hat mit dem Verlassen des Verhandlungstisches ein großes Risiko auf sich genommen, nämlich dass die Wähler, nachdem er zwar viel versprochen, aber nichts geschafft hat, seine nationalistische Partei beim nächsten Mal bestrafen werden.
La Libre Belgique unterstreicht die große Diskretion der Verhandlungspartner nach dem von Di Rupo verordneten Motto "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold". Wichtig erscheint der Zeitung ebenfalls, dass die CD&V noch einmal betont hat, dass sie auf keinen Fall die Spaltung des Landes will. Gegen Ende der Woche wird man nach Ansicht der Zeitung wahrscheinlich wissen, ob es mit BHV endlich klappen könnte.
Mit oder ohne Ecolo und Groen?
Gazet van Antwerpen gibt zu bedenken, dass der Weg bis zu einem Kompromiss auf jeden Fall noch sehr beschwerlich sein wird. Außerdem bleibt da noch die Frage, ob die Grünen der neuen Regierung angehören werden oder ob sie die Staatsreform, die sie mit aushandeln sollen, später aus der Opposition heraus unterstützen werden. Die Grünen selbst sind zwar zur Regierungsverantwortung bereit, doch würden die Liberalen sie lieber in der Opposition sehen. Für Di Rupo sind sie als linksorientierte Formation natürlich willkommen. Doch sollte er bedenken, dass es sich als äußerst schwierig erweisen dürfte, eine aus acht Parteien bestehende Koalition zu leiten.
Lehren aus Pukkelpop müssen gezogen werden
Het Belang van Limburg kommt zurück auf die Katastrophe von Pukkelpop in Kiewit, unter anderem mit einem ausführlichen Bericht über die gestrige Trauerfeier, an der über 700 Menschen - darunter auch die Eltern und Freunde der Toten - teilnahmen. Kommentierend heißt es weiter: Verantwortlich für das Drama waren das Schicksal und höhere Gewalt. Das bedeutet allerdings nicht, dass keine Lehren gezogen werden müssten. Natürlich müssen die Sicherheitsnormen für künftige Großveranstaltungen dieser Art nochmals auf den Prüfstand kommen. Allerdings sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass es dann mit Sicherheit keine Unfälle mehr geben wird. Wenn wir dafür eine Garantie verlangen, dann bleibt nichts anderes übrig, als in Zukunft sämtliche Festivals abzuschaffen.
Archivbild: Mohamed Messara (epa)