Fast alle flämischen Blätter bringen auf Seite 1 die Fotos der jungen Menschen, die ihr Leben verloren. Auch taucht vielfach die Frage nach der Verantwortung auf. Dazu wird das Ergebnis einer ersten Untersuchung der Staatsanwaltschaft von Hasselt hervorgehoben, und demnach trifft die Organisatoren keine Schuld.
War das Drama zu vermeiden?
La Libre Belgique scheint daran zu zweifeln und stellt die Frage: "War es wirklich nur höhere Gewalt? Waren die Opfer beim Pukkelpop wirklich unvermeidbar?" Kommentierend heißt es dazu, der Wetterbericht hatte für Donnerstag sehr wohl die Möglichkeit schwerer Unwetter vorausgesagt. Auch muss man sich fragen, ob die Organisatoren von Massenveranstaltungen à la Pukkelpop die Sicherheitsauflagen wirklich ernst nehmen. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass finanzielle Überlegungen hin und wieder größere Aufmerksamkeit genießen als die Sicherheitsvorkehrungen.
Oberste Priorität für die Sicherheit
In ähnlichem Sinne äußert sich auch De Standaard in seinem Kommentar, wenn die Zeitung schreibt, man muss das Geschehene kritisch hinterfragen. Müssen Musikfestivals wirklich so groß sein? Natürlich wollen viele Menschen hin, und die Organisatoren haben die Massen nötig, um die Topstars bezahlen zu können. Das ist ein Grund mehr, der Sicherheit die oberste Priorität einzuräumen und alle nur denkbaren Vorkehrungen zwischen den zuständigen Behörden und der Organisation zu treffen, statt sich ständig darüber zu beklagen, dass die Kontrollstellen mit ihren Sicherheitsauflagen viel zu streng sind.
Het Laatste Nieuws verlangt ebenfalls, dass jetzt unverzüglich geprüft wird, ob die für Musikfestivals geltenden Sicherheitsbestimmungen ausreichend sind oder nicht vielleicht angepasst werden müssen. Jeder, der seine Kinder einer Organisation, und sei es die eines Rockfestivals, anvertraut, muss sich sicher sein können, dass wirklich alles getan wird, um eine Katastrophe zu verhindern oder zumindest ihre Folgen auf ein Minimum zu begrenzen.
Bitte keine Hexenjagd auf Unschuldige
De Morgen schlägt in dieser Hinsicht andere Töne an. Nach Ansicht der Zeitung weisen sämtliche Zeugenaussagen darauf hin, dass die verkehrte Frage gestellt wird. Die Frage ist nicht, ob dieses Drama hätte vermieden werden können, sondern wie es möglich ist, dass es nicht noch viel mehr Tote gegeben hat. Die Antwort darauf lautet, dass von der Organisation bis zu den Hilfsdiensten vor und während der Katastrophe alles Menschenmögliche getan wurde. Leider ist das mitunter nicht ausreichend, um die Naturgewalten zu bändigen. Den Frust darüber sollte man jetzt nicht in eine Hexenjagd auf Leute, die sich nichts vorzuwerfen haben, ausarten lassen.
Auch Het Nieuwsblad gelangt zu der Schlussfolgerung, dass niemand schuld ist: Keiner konnte ahnen, dass der Sturm so plötzlich und gnadenlos zuschlagen würde. Weiter heißt es, Pukkelpop steht vor einem überaus schmerzhaften Verarbeitungsprozess. Der Organisator wollte gestern noch nicht sagen, ob das Festival im nächsten Jahr wieder stattfinden wird. Die Zeitung findet allerdings, dass Pukkelpop bestehen bleiben muss. Das ist man den Opfern der diesjährigen Auflage auf jeden Fall schuldig.
Pukkelpop muss bestehen bleiben
Dieser Meinung schließt sich Het Belang van Limburg uneingeschränkt an, wenn die Zeitung schreibt, dies darf kein Todesurteil sein. Pukkelpop muss weitergehen, das hätten auch mit Sicherheit jene gewollt, die am Donnerstagabend ums Leben gekommen sind.
Auch für Gazet van Antwerpen muss dieses Rockfestival, das zu den besten Europas zählt, eine Zukunft haben. Auch wenn es in diesem Jahr dramatisch abgelaufen ist, darf man den kommenden Generationen Pukkelpop nicht vorenthalten.
Die Stunde der Wahrheit
Zum Schluss noch ein Blick auf die Innenpolitik, beziehungsweise auf die gestrige Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung. Dazu wird allgemein darauf hingewiesen, dass die acht Parteien, die die neue Koalition bilden sollen, bereits heute und während der ganzen nächsten Woche intensiv über die gemeinschaftspolitischen Knackpunkte verhandeln werden. Somit schlägt für Di Rupo, La Libre Belgique zufolge, die Stunde der Wahrheit.
Le Soir glaubt zu wissen, dass man bereits Ende nächster Woche ein erstes Ergebnis vorlegen möchte. Zugleich fragt sich die Zeitung, ob die Grünen von Ecolo und Groen! am Verhandlungstisch bleiben werden. Sie selbst möchten das schon, doch würden die flämischen Christlichsozialen und Liberalen die Grünen viel lieber in der Opposition als in der Regierung sehen.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)